Hilflos
wähnt sich der Mensch in Betracht seiner irdischen Schranken,
Kümmerlich
nährt sich das Volk von den Früchten des mürrischen Ackers,
Bedroht
und zermürbt durch das Wüten der Elemente,
Geknechtet
von Königen, Priestern und gierigen Rittern.
In
Ermangelung einer Großen Idee,
Eines
prachtvollen Ziels, einer sinnreichen Technik,
Irren
die Massen fast kopflos durch endlose Wirren
Der
öden und tristen Materie des eisigen Kosmos,
Gefangen
auf einsamen Kugeln aus Stein und aus Eisen,
Die
radioaktive Sonnen umkreisen.
Unvollkommen
und zitternd bemüht sich der Mensch,
Die
Gedanken zu ordnen und sinnvolles Handeln zu finden,
Geleitet
vom Kompass der Großen Idee.
Der
erhabene Stifter der Großen Idee
Versuchte
zu lindern die Qual des Konkreten,
Versuchte
zu sammeln beim Schall der Trompeten
Die
Kräfte des Guten, des Wahren und Schönen,
Um
Zwietracht zu bannen, den Feind zu versöhnen
Und
endlich brauchbare Wege zu finden
Vom
Jammertal fort zu den Wiesengründen.
Da
eilten herbei von Nah und Fern
Die
gründlichen Denker und tüchtigen Lenker,
Verwalter
und Techniker kamen zu Hauf,
Ordnungskräfte
bauten sich auf,
Da
wurde bewässert und eingeebnet,
Verschönert,
vergeistigt und Leben geschaffen,
Geheilt
und gewerkelt bei Tag und bei Nacht,
Ganz
wie der Träumer sich alles gedacht.
Doch
ständig bedroht ist die Schöpfung des ordnenden Geistes
Nicht
nur durch grollende Feinde am anderen Ufer,
Sondern
am schlimmsten durch Kleingeister simpelster Prägung,
Opfer
fanatischen Wahns und stupiden Gehorsams,
Die
einst nur mit Mühe und Not ihrer inneren Wirrnis entkamen,
Indem
sie das hohe und edle Ziel
Zum
Maß aller Dinge sich setzten,
Und
leider jedoch schon bald übertrieben und nicht mehr begriffen,
Dass
jene endlich gefundene Wahrheit den Menschen nur dienen
Und
sie nicht mit Füßen treten durfte im Siegesrausch der Gewissheit.
Fanatiker
töten den Geist ihrer eigenen Lehre,
Indem
sie die Namen verwechseln mit wirklichen Dingen,
Zur
Herrschaft erheben die Unerbittlichkeit bloßer Begriffe
Und
schließlich vergessen den Sinn der heiligen Worte
Im
Kampfgetümmel des trickreichen täglichen Lebens.
Der
Weg ist der Weg und das Ziel ist das Ziel,
Und
der Weg sei beschritten im Geiste des Ziels.
Darum
heiligt das große Ziel nicht beliebig die Mittel.
Wer
tötet im Namen des Lebens und hasset im Namen der Liebe,
Kriege
führt für den Frieden und Reichtum sich holt von den Armen,
Gifte
versprüht für Gesundheit und Missbrauch treibt mit dem Äther,
Auszurotten
versucht mit Massenvernichtungswaffen
Die
vermeintlich so kleinen Gegner, die gern welche hätten,
Und
Schindluder treibt mit den Werten, die er gepriesen,
Kniet
schließlich am Ende des Tages auf leichenbesäten Böden,
Mühselig
wischend das Blut seiner allzu folgsamen Schafe.
Drum
ehre die Große Idee und hüte stets ihren Namen,
Doch
hüte dich auch vor der nackten Versuchung,
Den
einzelnen Menschen zu opfern auf edlen Altären,
Und
erlöse dich stets von dem Übel fanatischer Blindheit
Und
vergib ihnen ihre Mängel, wie auch sie dir vergeben die deinen,
Und
weigere dich, zu vergessen den Zweck der Gedanken,
Die
als Wegbereiter nur kamen für bessere Welten
Und
nicht als Rechtfertigung sklaventreibender Herrschsucht.
Denn
das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit
Winken
nicht dem, der unduldsam eifert,
Nicht
dem, der die Menschen listig entzweit
Und
ständig gegen die Anderen geifert –
Sondern
den Wahrern der göttlichen Liebe,
Jedermanns
eigne Gestaltungskraft ehren
Und
täglich die Freude am Dasein mehren,
Dereinst
jenen großen Dom zu errichten,
Den
wir im Urgrund uns selig erdichten.
–
Eckehard Junge, 14. Mai 2006
Copyright © 2006 Eckehard Junge