ELEGIE EINES GETRIEBENEN

 

Ach könnten nur endlich die drängenden Geister des Unmuts,

die zupfenden und zerrenden, mit List provozierenden

Kleindenker eines weit über sie hinausschießenden Ziels

mich in Frieden lassen mit ihren ewigen Klagen,

den Ausgeburten ihrer vernagelten, nie an sich selbst

zur Vollendung gereiften Entfesselungsphantasie!

 

Denn siehe, da nörgeln sie unentwegt,

brandend an meiner geheimnisvollen,

wunderbar vielfältigen Seele Saum,

und wünschen zu richten vom hohen Rosse,

und wünschen zu treiben ins schier Unsägliche,

was ohne die ständigen Stöße und Stiche,

ohne das blind herangetragene Pathos

vielleicht schon längst zu höherer Blüte gelangt wär’

und vielfach reifere Früchte ins durstig sehnende Land

zu tragen vermocht hätte, als im unablässigen Kreuzfeuer

Rechtfertigung fordernder Peitschenschwinger

jemals möglich war.

 

Viele vom brausenden Leben schwer Gezeichnete,

Enttäuschte, im reißenden Strom der Ereignisse

seelisch Entmachtete, zum ewigen Kampf mit dem Dasein

nicht mehr so richtig Gewillte, Entwurzelte,

innerlich Weinende,

heben das endlich gefundene Buch der Weisheit

wie einen trutzigen Schutzschild gegen den Sturm

und entblößen den Zorn des alleinig Gerechten

all jenen, die murrend nur, oder auch gar nicht,

den Akt der Verzweiflung nachvollziehen.

 

Doch läsen sie offenen Herzens nur wenige Zeilen

des hoch gelobten Buches der Weisheit,

nur wenige dieser goldenen Lehren,

die ersten, die schönsten und wichtigsten,

oder pflückten sie nur aus den Fußnoten sich

ein unscheinbares Mauerblümchen,

und trügen sie jene Weisheit, ach kleinste Teile nur,

ins wirkliche Leben und lebhafte Wirken,

so läge ihnen die Welt zu Füßen, und alsdann

verstummte im seligen Licht der Erkenntnis

der stressenden Hektik verfluchtes Geplärr.

 

Und oftmals entpuppt sich als ernstester Fehler

die schnöde Missachtung der irdischen Freuden,

der praktischen Kleinigkeit bunten Gewirrs

und basaler Bedürfnisse peinlichen Anspruchs.

Und dann erst, wenn dies beachtet ward,

gelingen die luftigen Höhenflüge

ins sonnige Zentrum wallender Sehnsucht.

 

– Eckehard Junge

 

 

 

 

Copyright © 2005 Eckehard Junge

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