Phantastische Heimatseite • Archiv 2013

  Die Welt als schillernde Vorstellung – von Eckehard Junge –

 

Gedanken zur Wiedergeburt

17. Dezember 2013: Während schreckliche neue Roboter entwickelt werden (siehe weiter unten) und während eh schon die Drohnen bedrohlich bewohnen, was einstmals friedlicher Himmelsraum schien, freut sich unsereins über Nostalgisches, das die Seele verwöhnt und weitaus näher dran am Wahren und Schönen ist. So war zum Beispiel Mireille Mathieu für mich (unten) in ferner Vergangenheit dem Idealbild einer Französin äußerst nah, wenngleich ich dann eine Zeitlang eine französische Bürokollegin hatte, die mit allem Nachdruck noch schöner war – und leider frühzeitig von uns ging. Vielleicht findet man Letztere nun als kleines Mädchen irgendwo in einem idyllischen Dorf des Zentralmassivs. Nur ist die Wiedergeburt doch leider, wenn man auf erneute Begegnungen hofft, ein kaum kontrollierbares Würfelspiel. Ob man's dann selbst überhaupt noch „ist“? Was genau ist denn „ist“? Wie sichert man sich die Kontinuität der Bewusstseinsidentität im Raum-Zeit-Kontinuum? Und bis man selbst den Löffel abgegeben hat, ist eine solche Seelenblume woanders eventuell schon wieder erwachsen, und bis man schließlich selbst nachgewachsen ist (sofern man bei der Rückkehr aus dem Jenseits überhaupt die geographische Zone richtig traf), kann sie längst wieder verheiratet und in die Großmutter-Riege aufgestiegen sein. Außerdem, wer sagt denn, dass eine holde Reinkarnierte tatsächlich wieder als Mädchen und nicht eventuell mit männlichem Körper neu auftaucht? Da wird gelegentlich gewechselt. Man nehme es also, wie es kommt! Belassen wir es für den Augenblick bei dieser mächtigen kleinen Sängerin hier (nur 1,53 m groß), die in Paris-Neuilly nach 120 Millionen verkauften Platten noch herumwuselt, seit 1984 Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und seit 2011 Offizier der Ehrenlegion in Frankreich, und ihrem unsterblich akzentuierten La Paloma“ (hm, nicht mehr einbettbar ... dafür "Mon Dieu, c'est un Homme" mit einem für Mireille extrem ungewöhnlichen Kurzhaarputz).

 

Google kauft Roboter-Firmen

14. Dezember 2013:  Google bestätigte gestern den Erwerb der Ingenieurfirma Boston Dynamics, die für das Pentagon bereits mobile Forschungsroboter entwickelt hat. Boston Dynamics mit Sitz in Waltham, Massachusetts, wurde international durch die Herstellung von Maschinen bekannt, die mit einem unheimlichen Gleichgewichtssinn auf Beinen gehen und inzwischen sogar schneller laufen können als die schnellsten Menschen. Das berichtet die New York Times im heutigen Artikel Google adds to its menagerie of robots, und wenn solche atemberaubenden Neuigkeiten schon in der Presse stehen, dann verbirgt sich im Hintergrund meistens noch sehr viel mehr. Was will Google? Mit einem physikalischen Kontrollgeflecht aus der virtuellen Welt hervortreten? Das sowieso, wenngleich die Vision noch nicht klar ist. Im Nebel eines wahnwitzigen Schöpfungsdranges spielt man herum, weil man weiß, dass da irgendwas kommen wird, und die Google-Führer wissen sehr wohl, dass das Daten-Universum nicht zweidimensional auf Bildschirme fixiert bleiben wird. Die ganze reale Welt könnte zu einem elektronisch dirigierten Gesamtkunstwerk umgestaltet werden, das keinerlei Lücken oder Freiräume zurückließe und letzten Endes doch extrem anfällig für großflächige Sabotage und böswilliges Ausschalten wäre.

Die Zukunft ist da – und rennt los!

Boston Dynamics baut albtraumhafte Biester, die derzeit wie überdimensionale Zecken aussehen. Ein vierbeiniger Roboter namens BigDog (links) bezwingt raues Gelände wie z.B. einen Waldhang und ist stark und reaktionsfähig genug, um selbst dann nicht umzufallen, wenn er einem gezielten Tritt ausgesetzt wird. Siehe das BigDog-Video von 2008! Ernst Jünger sinnierte in seinem fast noch beschaulichen Zukunftsroman Gläserne Bienen über die Möglichkeit künstlicher Insekten. Auch die gibt es nun längst, aber jetzt wird an härteren, klotzigeren, einsatz- und kampffähigeren Robot-Modellen gebaut. Google mischt mit.

Boston Dynamics – während der letzten sechs Monate bereits die achte von Google erworbene Robotik-Firma – wurde 1992 vom früheren MIT-Professor Marc Raibert gegründet und hat zwar kommerziell keine Roboter verkauft, jedoch die Grenzen der mobilen und geländegängigen Robotik-Technologie deutlich ausgeweitet.

Robotik ist ein Zweig des Maschinenbaus, der sich mit der Konstruktion und dem Einsatz von Robotern beschäftigt, wobei man sich zunächst auf die Entwicklung allmählich „intelligenter“ werdender, stationärer Maschinen für industrielle Produktionsanlagen konzentrierte. Eine menschenähnliche Gestalt (oder eine tierähnliche wie bei Boston Dynamics) wurde dabei nicht angestrebt, steht neuerdings jedoch unverkennbar auf dem Plan. Die Robotik führt unterschiedliche Fachgebiete wie etwa Mechanik, Elektronik, Kybernetik, Bionik (technische Nachahmung von Konstruktionen der belebten Natur) und Künstliche Intelligenz zusammen. Letztlich zielt die Robotik darauf ab, ihre Erzeugnisse mit einem Maximum an sensorischer Wahrnehmung (Sinnes“-Wahrnehmung), mechanischer Beweglichkeit, Unabhängigkeit und Flexibilität auszustatten.

Die von Google erworbene Firma Boston Dynamics arbeitet auf diesem Gebiet an vorderster Front. Ihre technologischen Fortschritte wurden überwiegend für Pentagon-Klienten wie DARPA erarbeitet. „DARPA“ steht für Defense Advanced Research Projects Agency, die amerikanische „Verteidigungsbehörde für fortgeschrittene Forschungsprojekte“, und hatte bereits einiges mit der Entwicklung des Internets (ursprünglich für militärische Zwecke) zu tun.

Ein weiteres entsetzliches Modell ist die wild galoppierende WildCat, ebenfalls von Boston Dynamics. Freilich kann hoffnungsvoll angenommen werden, dass Google den Bau einer neuen Klasse autonomer, umherwandelnder Systeme anstrebt, die als Lagerarbeiter, Paketboten oder Altenpfleger eingesetzt werden könnten. Man sieht gleich wieder die Tendenz zur Abschaffung des Menschen, aber auch zur Schaffung einer nichtmenschlichen, tendenziell unmenschlichen Umgebung. Und seien wir mal realistisch: Im militärischen Bereich wird mit eiskalter Logik fast jede neue Technik finanziert und genutzt, die den Feind außer Gefecht setzen kann, wie grausam oder schrecklich sie auch sein mag. Der einzige Hemmschuh sind Bedenken, wenn die Wirkung einer Waffe sich nicht eindämmen ließe und möglicherweise zurückschwappt. Und auch solche im Prinzip unbrauchbaren Waffen hält man gern vorrätig; das gilt insbesondere für Nuklearwaffen und Biowaffen, und bei Robotern oder Nanorobotern wäre es, selbst wenn ein hohes Risiko für die eigene Bevölkerung nachgewiesen wäre, nicht anders. Das sind die üblichen Zustände auf dieser Daseinsebene, die so viel Sehnsucht nach höheren Welten hervorrufen. Wir müssen jedoch hienieden unsere lächerlichen Streitpunkte entschärfen und bei jedem Konflikt möglichst den lachenden Dritten ausfindig machen. Sonst rennt uns die nächste Weiterentwicklung des Cheetah („Gepard“) im Zweifelsfall gnadenlos die Tür ein, wenn wir es überhaupt geschafft haben, sie hinter uns zuzumachen. Ich würde sagen, bei dem Anblick solcher sturen metallischen Ungeheuer läuft es einem eiskalt den Rücken herunter, und auch dieser Cheetah ist eine Entwicklungsleistung der Firma Boston Dynamics, befindet sich jetzt also im Herrschaftsbereich von Google.

13. Dezember 2013: Das unten beschriebene Firefox-Problem wurde immer schlimmer und verlangsamte den ganzen Rechner, ließ sich am Ende aber lösen, indem ich Firefox (Version 25) mitsamt allen Eigendaten wie Lesezeichen, Cookies, Einstellungen und Anpassungen de-installierte und dann Firefox Version 26 stattdessen installierte. Zugegeben, die Version 26 scheint mir besser als alles Vorherige. Trotzdem, das ist alles bescheuert viel Liebesmüh um eine Apparatur, die extrem fehleranfällig bleibt, denn nun werden sich die Hacker auf die neueste Version einschießen. Die ganze Attacke setzt sich wohl irgendwo in den Einstellungen und Anpassungen fest, und nun ist es fraglich, ob ich es wagen sollte, die früher schon exportierten Lesezeichen wieder zu importieren – ob der Zirkus dann wieder losgeht. Lieber die Lesezeichen einzeln wieder errichten, es war sowieso schon ein undurchdringlicher Urwald daraus geworden. Aber so hält man die kreativen Köpfe der Welt mit sinnlosem EDV-Krieg beschäftigt, um zu verhindern, dass sie wie früher einfach ein frisches Blatt in die Schreibmaschine einlegen und sonstwas draufschreiben, ohne dass die ganze Zeit jemand mitlesen kann.

Der arme Feuerfuchs!

3. Dezember 2013: Was für eine freche, destruktive, zweckentfremdete, widersprüchliche, sich selbst in den Fuß schießende, antihumane, psychotische Dreistigkeit gehört eigentlich dazu, sich hinzusetzen und in beispielloser Komplexität eine weltweite Attacke gegen das Browser-System Mozilla Firefox zu entwickeln, wobei dann zahllose unerwünschte Anzeigen in die Bildschirmdarstellung fremder Dateien eingeflochten werden? Es ist mir egal, ob diese Phänomene nun Viren, Trojaner oder AdWare heißen. Ich beobachte die Auswirkungen relativ gleichmütig, denn letzten Endes kann man das ganze Firefox-Programm "ganz einfach" de-installieren (wobei man angeblich darauf achten soll, die eigenen Daten, Einstellungen, Anpassungen o.Ä. nicht zu löschen - falsch, das Zeug muss weg, wenngleich es schade sein mag um die Lesezeichen). Anschließend würde man den Virus-Sucher und Spyware-Sucher alles durchscannen lassen und eine vorher (!) frisch heruntergeladene Firefox-Kopie erneut installieren. Ungefähr so.

Was die Hacker diesmal mit fantastischer krimineller Energie und schamloser Schädigung der weltweiten Produktivität und der volkswirtschaftlichen Gesundheit "vollbracht" haben, ist schon sagenhaft: Erst einmal brach die Firefox-Darstellung für mehrere Tage vollständig zusammen. Da öffnete sich einfach das Firefox-Fenster nicht mehr, obwohl der Task-Manager anzeigte, dass Firefox im Hintergrund auf vollen Touren blind am Laufen war. Alles war am Dröhnen; unsichtbar holte sich die geniale Maschine sehr viel Böses aus dem Cyberspace. (Internet Explorer blieb indes störungsfrei benutzbar.)

Dann, ohne ersichtlichen Anlass, kehrte die Bildschirmdarstellung von Firefox zurück, jetzt aber mit ganz neuartigen Störphänomenen in bisher nicht gekannter Häufung. Erstens taucht häufig ganz unvermittelt ein riesengroßes neues Fenster auf, das mir mitteilt, ich hätte "Spyware" auf meinem Computer (sag bloß!), und damit das aufhört, bitte hier klicken! Lügner! Ich werde mich hüten! Wer seid ihr? Das Produkt neuerer Gesetze, wonach es verboten ist, seine Kinder körperlich zu züchtigen? Habt ihr keins hinter die Löffel gekriegt, als ihr in noch jüngeren Jahren die Todsünde der Schadenfreude in euch heranzüchtetet?

Zweites Phänomen, und das ist schon äußerst trickreich: Beim Abrufen zahlreicher Websites, einschließlich meiner eigenen, passiert es nun, dass das Layout der abgerufenen Datei direkt auf meinem Bildschirm verändert wird, um in der HTML-Struktur selbst, also ohne ein Pop-up-Fenster aufzumachen, eine irreführende Anzeige einzuschalten. Dieses gewitzte Pferdchen hat sich also derart tief im Firefox-Browser eingenistet, dass es an der Gestaltung der heruntergeladenen Seite selbst mitwirken kann. Im Falle meiner eigenen Website werden dann bei mir (hoffentlich nicht auch bei Ihnen) neue Tabellenzellen geschaffen, die innerhalb meiner sonstigen Layout-Struktur den Einschub fremder Anzeigen ermöglichen. Der Inhalt, freundlicherweise mit der kleingedruckten Anerkennung, dass diese Anzeigen nicht zur Original-Website gehören, besagt in diesem Fall meistens, dass in meinem Windows-System erhebliche Fehler aufgetreten sind und dass ich dem angebotenen Link folgen soll, damit dies "in zwei Minuten behoben" wird. Wohl kaum! Seit wann ist es normal, seine Mitmenschen derart anzulügen? Was für Leute sind gern böse? Außerdem blinken diese Anzeigen; ich hasse alles, was blinkt. Flackerfrequenzen, auf Hypnose angelegt, können unmöglich gesund sein.

Inzwischen sehe ich neues Material auftauchen; es werden Computerspiele angeboten, es erscheinen mysteriöse Download-Buttons ohne Erklärung, wohin sie führen würden, es werden zusammensetzbare Waffen angeboten, und anderes mehr. Alles unter Benutzung meiner Plattform und sicher nicht genehmigt vom Web-Host, den ich immerhin für anzeigenfreies Web-Hosting bezahle. Der kann nichts dafür; es passiert ja auch bei vielen anderen Website-Downloads. Das Antivirus- und Antispyware-Sicherheitssystem F-Secure, für das ich ebenfalls ca. 35 Euro pro Jahr bezahle, zeigt bei einem totalen Scan aller Dateien im Rechner jedoch an, der Rechner sei völlig frei von Viren, Spyware oder Malware. Ein Hohn ist das! Komplett ausgetrickst, dieser Herr Antivirus.

Drittes Phänomen: Zahlreiche andere Werbeanzeigen bzw. Werbe-Links erscheinen in kleinen Fenstern, die jedesmal auftauchen, wenn man mit der Maus in die Nähe grün unterstrichener Wörter kommt. Diese grünen Unterstreichungen tauchen in allen möglichen Websites kurz nach dem Herunterladen auf, völlig unsinnig und ohne jeden Sachbezug. Sie führen dann zu verschiedenen Werbekunden hin.

Wer aber kann, während der Hass auf die Hacker in seinem Bauch rumort, die geringste Sympathie für solche Werbekunden entfalten? Was haben die idiotischen Werbe-Investoren sich dabei gedacht, in ein dermaßen irritierendes, nervtötendes System ihre Anzeigen zu schalten? Wer wird das lieben? Ich kann Ihnen sagen, wer das lieben wird: nur geistlose Zombies (zerfledderte, nach frischem Fleisch hungernde Untote, die mit Voodoo scheinbar wiederbelebt wurden). Die werden es lieben, sich auf diese unvorhersagbare Art ablenken zu lassen in die finstersten Gassen. Hält man die Bevölkerung für blöd? Hält man sie mit Recht für blöd?

Also wenn ich nicht gezwungen wäre, diese Art Ausrüstung bei meiner Arbeit einzusetzen, dann wäre es sicher das Gescheiteste, sich aus einer derart missbrauchten und anfälligen Technologie voll und ganz zu verabschieden und ausschließlich andere, leisere, ordentlichere, solidere Wege der Kommunikation zu suchen.

Der Falkenstein in der Sächsischen Schweiz. Foto: T. Ermer. Übernommen von Wikipedia (GNU-Lizenz).

15. November 2013: Sicher eine meiner besten Anschaffungen der letzten drei Jahre sind von Rainer Maria Rilke Die Gedichte, insel taschenbuch it 2246, eine Gesamtausgabe mit über 1000 Seiten, die ich ihm in dieser Menge gar nicht zugetraut hatte – und auch nicht in dieser streckenweise urgewaltigen Ausdruckskraft, wo er doch bei all seiner überragenden sprachlichen Schönheit oft blässlich und leidensträchtig zur leise verwehenden, geistig wie körperlich an ihm zehrenden Blutarmut neigte.

Heute vergehen die Menschen im Zeitgeist, Rilke neigte zum Aufgehen im Raumgeist. Aber auch kraft- und machtvolle, großräumig donnernde Fundstücke gab er von sich!!! Wie etwa zarathustrisch brausend das Untenstehende.
(Das Wörtchen "ob" mit Dativ in der Wendung "ob dem schlachtenden Geschlecht" bedeutet laut Wahrig (1970) wohl eher "oberhalb von, über", nicht wie heute noch dichterisch und genitivisch "wegen". Ja, ja, da unten steht es, das "schlachtende Geschlecht", das Opfertiere und Feinde zuhauf mit Inbrunst abschlachtet, und wenn man nicht Acht gibt, sich auch in den eigenen Reihen rasch an die Gurgel geht.)

Dass er es wagt: "Und Gott ging hin, erschrocken wie ein Knecht": Auf solche Sprüche pflegte der Scheiterhaufen zu stehen, und dennoch mindert der Gesamteindruck hier die Größe des Herrn keineswegs, schon gar nicht wenn der große Prophet gleich darauf "niederging wie Hagel über Halmen". Der haut sie gut in Stücke, die kleingläubigen Götzenanbeter! Ich vermisse in der heutigen Zeit ein gewisses Element dieser Art Furcht vor dem Herrn. Alles hurt und rafft und sudelt, oh zum Erbarmen und zum juckenden Donnerkeil des Strafgerichts.)

JOSUAS LANDTAG  •  Rainer Maria Rilke

So wie der Strom am Ausgang seine Dämme
durchbricht mit seiner Mündung Übermaß,
so brach nun durch die Ältesten der Stämme
zum letzten Mal die Stimme Josuas.

Wie waren die geschlagen, welche lachten,
wie hielten alle Herz und Hände an,
als hübe sich der Lärm von dreißig Schlachten
in einem Mund; und dieser Mund begann.

Und wieder waren Tausende voll Staunen
wie an dem großen Tag vor Jericho,
nun aber waren in ihm die Posaunen,
und ihres Lebens Mauern schwankten so,

daß sie sich wälzten von Entsetzen trächtig
und wehrlos schon und überwältigt, eh
sie's noch gedachten, wie er eigenmächtig
zu Gibeon die Sonne anschrie: steh:

Und Gott ging hin, erschrocken wie ein Knecht,
und hielt die Sonne, bis ihm seine Hände
wehtaten, ob dem schlachtenden Geschlecht,
nur weil da einer wollte, daß sie stände.

Und das war dieser; dieser Alte wars,
von dem sie meinten, daß er nicht mehr gelte
inmitten seines hundertzehnten Jahrs.
Da stand er auf und brach in ihre Zelte.

Er ging wie Hagel nieder über Halmen:
Was wollt ihr Gott versprechen? Ungezählt
stehn um euch Götter, wartend daß ihr wählt.
Doch wenn ihr wählt, wird euch der Herr zermalmen.

Und dann, mit einem Hochmut ohnegleichen:
Ich und mein Haus, wir bleiben ihm vermählt.

Da schrien sie alle: Hilf uns, gieb ein Zeichen
und stärke uns zu unserer schweren Wahl.

Aber sie sahn ihn, wie seit Jahren schweigend,
zu seiner festen Stadt am Berge steigend;
und dann nicht mehr. Es war das letzte Mal.

      Aus: Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte (1907)

13. November 2013: Big Brother: Übereinstimmend mit dem Trend, der sich in zahlreichen anderen Meldungen abzeichnet, schreibt heute ein gewisser "LC" in einem Leserkommentar zum Thema Überwachungsanlagen in den USA: "Ich arbeite im Bauwesen, und hier im Hauptstadtdistrikt Washington DC bauen Verizon oder Comcast (je nachdem, wer den Auftrag ergattert hat) in den bestehenden Regierungsgebäuden und Behörden, in neuen Schulen, Apartments, bestehenden Schulen, bestehenden Wohnungen usw. jeweils den IT-Backbone (Hauptstrang) ein. Die NSA-Spionagefähigkeit wird an jedem einzelnen Ort eingebaut, wo Menschen wohnen oder arbeiten. Sobald diese Funktionalität in jedes Gebäude, jede Straßenlampe, jede Verkehrsampel usw. eingebettet ist, wird das Kontrollnetz komplett sein. Die Regierung härtet auch all ihre Gebäude und errichtet Poller und andere Abwehrmittel gegen 'Terrorismus'. Die wissen, dass sie die Armen und die Mittelschicht fast um alles beraubt haben, und machen sich für ihre selbstgeschaffene 'Zombie-Apokalypse' bereit. Wir werden nie wieder frei sein."

Umfangreiche Recherchen hierzu in deutscher Sprache bietet der Kopp-Verlag z.B. ausgehend von dem Link Regierungsdokumente enthüllen massive Überwachungsmaßnahmen des Heimatschutzministeriums in den USA selbst.

Allmählich komme ich mir in meinem ruhigen deutschen Dachstübchen vor wie Rainer Maria Rilke im Buch der Bilder, Des Ersten Buches Zweiter Teil:

VORGEFÜHL

Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.

Ich ahne die Winde, die kommen, und muss sie leben,

während die Dinge unten sich noch nicht rühren:

die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille;

die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer.

Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer.

Und breite mich aus und falle in mich hinein

und werfe mich ab und bin ganz allein

in dem großen Sturm.

– Rainer Maria Rilke, 1902

 

"And from now on, address unknown"

6. November 2013: Der Song "Follow me" verfolgt mich seit Jahrzehnten. Ich kann mich noch gut erinnern, wie dieser Sound durch die Eingeweide der gigantischen Oslo-Fähre dröhnte, als ich dort im Kopenhagener Hafen 1979 einen Monat lang täglich die Klos reinigte, gelegentliche bescheidene Ekelzulage inbegriffen. Als einziger Putzmann unter 40 Putzfrauen! Weil die dänischen Damen mit meinem übergermanischen Vornamen Eckehard nicht zurechtkamen, ließ ich mich für die Dauer des Gigs gutmütig Wilfried nennen. Nun, das ist eine andere Geschichte.

Neben der absolut schrägen Darbietung gefällt mir natürlich der Text: I'm getting out, I'm moving on, And from now on, address unknown. I should be difficult to find, so follow me, just follow me. ("Ich mach mich davon, ich ziehe weiter, und von jetzt an gilt: Adresse unbekannt. Ich sollte schwer zu finden sein, also folge mir, folge mir einfach nach." Sehr wohl.) Und gegen Ende: Unbelievable maybe, you'll have a new identity; for a second of vanity, I want to change your destiny. ("So unglaublich es sein mag, du wirst eine neue Identität haben; für eine Sekunde der Eitelkeit will ich dein Schicksal verändern." Und andere tiefgreifende Verlockungen. Das zwittrige Erotik-Rätsel wird gezielt eingesetzt, auch wenn es letztlich einfach eine Frau sein mag, die einen als Frau verkleideten Mann mimt.)

Immerhin bleibt es ein faszinierendes Rätsel, ob wir hier Männlein oder Weiblein vor uns haben, da hat die/der gute Amanda Lear stets den Deckel drauf halten können! Eine twitterreife, zwittrige Glanzleistung, allein das schon! Die letzte schillernde Blüte vor dem Niedersausen des Fallbeils der planetarischen Komplettregistrierung und Totalüberwachung. Man weiß nicht einmal, ob sie/er/es in Hongkong, Saigon oder Hanoi geboren ist. Und nach Lears eigener Aussage wurde das Gerücht, sie sei als Junge geboren, ursprünglich von Salvador Dali zu Publicity-Zwecken entwickelt. Die kantigen Wangenknochen lassen den Instinkt des Betrachters männliche Gene vermuten, aber nichts Genaues weiß man nicht, und gerade das ist "auch gut so". Ein schallendes Hipp-Hipp-Hurra auf die Geheimhaltung !!! ... um so mysteriöser und verschroben-zauberhafter bleibt die Darbietung. (Amanda Lear: Follow Me, und hier noch einmal: https://www.youtube.com/watch?v=X7V1lbjn8Qg; leider lässt sich der/die gute Amanda in meiner Website nicht dauerhaft "einbetten"; die Links verschwinden nach einer Weile wieder. – – – Ah! Nach einer halben Stunde kniffliger Suche in den kryptischen Annalen der Einbettungs-Zeitgeschichte [so dienen wir untertänigst dem elektronischen Moloch] habe ich jetzt doch noch einen Weg gefunden, das erste der oben genannten Videos EINZUBETTEN:)

 

Einen ziemlich phantastischen Kick, wenn man sich über die Musik hinaus für diese schillernde Persönlichkeit zu interessieren vermag, bietet ein Interview im NDR vom 29.5.1976, wo Amanda Lear (abgesehen von der tiefen Stimme) eigentlich sehr charmant weiblich rüberkommt. Macht auch irre Sachen mit den Augen, schiebt den Mythos ihrer jungmännlichen Geburt idiotischen Journalisten in die Schuhe, und schillert aus tiefster Seele:

 

Wie sagte so schön Immanuel Kant? "Das Schattenreich ist das Paradies der Phantasten. Hier finden sie ein unbegrenztes Land, wo sie sich nach Belieben anbauen können. Hypochondrische Dünste, Ammenmärchen und Klosterwunder lassen es ihnen an Bauzeug nicht ermangeln." – Immanuel Kant, Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik, 1766. So zitiert in dem hübschen Werk von Sabine Doering-Manteuffel, Das Okkulte. Eine Erfolgsgeschichte im Schatten der Aufklärung. Von Gutenberg bis zum World Wide Web, Siedler Verlag, München 2008.

Aber sausen Sie zur Abwechslung doch mal im Tiefflug über den Mars! Mit einer deutschen Stereo-Kamera! Das ist schon ziemlich atemberaubend: die hübsche Seite der modernen Technik. Allerdings bin ich nach wie vor enttäuscht, dass wir dort bislang angeblich keinerlei Anzeichen früherer Zivilisationen entdeckt haben. Gab es dort nicht vor ca. 51.000 Jahren einen alles vernichtenden Krieg, der nur roten Sand hinterließ? Egal. Sobald wir etwas tiefer graben können als nur mit diesen kleinen Kratzmaschinen, wird schon irgendwas zutage treten. Mein persönlicher Mythos. Erstaunlich ist doch,  dass Informationen dieser Art laufend korrigiert werden. Zum Beispiel heißt es jetzt: Der Forschungsroboter "Curiosity" findet reichlich Wasser auf dem Mars. Damit sei das Problem der Wasserversorgung künftiger Marsbesucher gelöst. Na bitte.

31. Oktober 2013: Man hätte früher wohl kaum damit gerechnet, aber jetzt ist es so weit: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) betitelt einen Feuilleton-Artikel über amerikanisches Vormachtstreben mit der lapidaren Aussage: Das ist Totalitarismus. Die allgegenwärtige Überwachung habe "einen Weltstaat geschaffen", heißt es da. Es gebe "keinen Ort mehr, an den man emigrieren kann." Es sei jetzt "technisch möglich, die gesamte Menschheit von einem Punkt aus zu überwachen". Der Begriff des Weltstaats wird bald wieder eingeschränkt; bislang hätten wir "lediglich den imperialen Einfluss einer Weltmacht, die fremde Regierungen unter Druck setzen kann".  Ein Beispiel wäre die Verfolgungsjagd gegen Snowden. Wenn zu den Weltherrschaftsallüren eine grenzenlose Überwachungskapazität hinzukommt, scheint der Weltstaat auch früheren Idealisten (Pazifisten, Föderalisten) nicht mehr erstrebenswert. Als etwaige Abhilfe wird angegeben, die großartigen Verteidiger der Freiheit und Demokratie auf der anderen Seite des Großen Teichs beim Wort zu nehmen, indem man sie an ihre eigenen, jahrzehntelang lautstark verkündeten Ideale erinnert. Der Autor nennt dies "die Technik des Beim-Wort-Nehmens". Das ist ziemlich gescheit, wenn auch, wie er zugibt, charakteristisch fürs Arsenal des Schwächeren. Lesenswert.

 

Notstandsplanung in den USA

25.–27. Oktober 2013: Die USA galoppieren blindlings in den Faschismus. Laut Fox News berichten Soldaten, die in Fort Hood an einer Einsatzbesprechung teilgenommen haben, es sei ihnen gesagt worden, dass evangelikale Christen und Mitglieder der Tea Party eine Bedrohung der Nation seien und dass jeder Soldat, der diesen Gruppierungen eine Spende zukommen lässt, nach dem Militärrecht bestraft werden wird. Das ist, äußerst offensichtlich, ein alarmierendes Symptom fortschreitender Unterdrückung der persönlichen Glaubens-, Meinungs- und Redefreiheit, und deutet auf das Ende der Demokratie hin. Es ist außerdem im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für einen etwaigen Bürgerkrieg zu sehen, die sich im Hintergrund beschleunigen; die Armee wird auf heimatlichem Boden dort schon seit längerer Zeit entsprechend ausgerüstet, instruiert und aufgestellt. Höhere Offiziere, und auch schon weniger hohe Offiziere, werden diskret befragt, inwieweit sie bereit wären, im Ernstfall auf die eigene Bevölkerung schießen zu lassen. Hinter den Kulissen mehren sich aber auch die Proteste gegen diesen Trend; somit könnten sich die Streitkräfte plötzlich in verschiedene Loyalitäten aufspalten.

Das gibt ein Tohuwabohu, falls die Essensmarken irgendwann ganz ausfallen. Am 1. November werden für die 47,6 Millionen amerikanischen Food-Stamp-Bezieher schon mal die Rationen gekürzt. Im Durchschnitt beträgt die Zuteilung pro bedürftigen Haushalt monatlich 275 $. Eine vierköpfige Familie wird ab 1. November im Schnitt 36 $ weniger bekommen als vorher. Das wird ein bisschen knapp! Man kriegt doch für einen Betrag dieser Größenordnung eh schon überwiegend Müll auf den Tisch, wenn vier Mäuler zu stopfen sind.

Meine persönliche Meinung ist freilich, dass jeder dafür sorgen sollte, sich seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise selbst zu verdienen, anstatt sich in Abhängigkeit von Sozialleistungen zu begeben. Je mehr Menschen von staatlicher Hilfe abhängen, umso eher wird die Demokratie durch großzügige Versprechungen der Parteien lächerlich gemacht, denn letzten Endes muss der Bevölkerung ja doch mit Zins und Zinseszins (und/oder auf dem Umweg über eine Inflation) das Geld aus der Tasche gezogen werden, das man unter sie ausstreut; und sobald die Mehrheit der Bevölkerung in dieser Weise zum Handaufhalten degeneriert ist, kommt man von der destruktiven sozialistischen Schiene genauso schwer wieder herunter wie von der Zinsknechtschaft bei den Bankstern. Logisch, oder? Andererseits sollte eine vernünftige Politik nicht Zustände herbeiführen, in denen sogar ehrlich und hart arbeitende Menschen – wie in den USA – aufgrund lachhaft niedriger Mindestlöhne und galoppierender Inflation sich und ihre Familie trotz ihres redlichen Einsatzes nicht mehr aus eigener Kraft ernähren können. Die weiter fortschreitende Automatisierung und die Nutzung billiger Arbeitskräfte im Ausland bzw. billiger importierter Arbeitskräfte gibt der gesellschaftlichen Entwicklung den Rest, sodass mit einer Rebellion letzten Endes zu rechnen ist. Die Menschen mögen es nicht, wenn man sie "überflüssig" macht. Die US-Regierung (und nicht nur die) hat einen verständlichen Selbsterhaltungstrieb und bereitet sich mit inflationären Geldmitteln und neu indoktrinierten Streitkräften auf ungemütliche Zeiten vor.

Für den Einsatz militärischer Streitkräfte bei Bürgerunruhen, Aufständen o.Ä. gilt in den USA gemäß dem 115 Textseiten umfassenden Teilseminar (Subcourse) Nr. MP 1005, Edition C vom April 2006 unter dem Titel Civil Disturbance Operations („Einsatz bei inneren Unruhen“), zusammengestellt für die Militärpolizei-Schule der US-Armee in Fort McClellan (Alabama), Lektion 1 zum Thema Einsatzplanung, Folgendes:

"1. Der Auftrag militärischer Streitkräfte während innerer Unruhen. – Der Auftrag militärischer Streitkräfte während innerer Unruhen, und zwar sowohl in CONUS [Contiguous United States = die zusammenhängenden 48 Festlandsstaaten einschließlich Washington DC] als auch OCONUS [Outside the Contiguous United States = Alaska, Hawaii und US-Territorien und -Besitztümer, wie etwa Puerto Rico], was gar nicht genug hervorgehoben werden kann, besteht darin, den örtlichen und einzelstaatlichen Behörden bei der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung zu helfen. Dieser Auftrag kann z.B. erfüllt werden, indem man ungenehmigte Versammlungen zerstreut und indem die Unruhezone patrouilliert wird, um Gesetzesverstöße zu verhindern. Während ihres Einsatzes zur Wiederherstellung der Ordnung können militärische Streitkräfte ihre Stärke zur Schau stellen, Straßensperren errichten, Menschenmengen zerstreuen, Wirkstoffe zur Lenkung von Menschenmassen einsetzen, patrouillieren, als Sicherheitskräfte oder -reserven dienen und je nach Bedarf auch andere Einsätze durchführen. Erfolgreiche Erfüllung der Aufträge wird weitgehend von einem hinreichenden Maß an Planung, Schulung, polizeilichen Informationen und koordinierten Handlungen der Einzelpersonen und Einheiten abhängen."

Original-Wortlaut: "1. Mission of Military Forces during Civil Disturbances. – The mission of military forces during civil disturbances, both in CONUS and OCONUS, which cannot be overly emphasized, is to help local and state authorities to restore and maintain law and order. This mission may be accomplished by breaking up unauthorized gatherings and by patrolling the disturbance area to prevent the commission of lawless acts. During operations to restore order, military forces may present a show of force, establish roadblocks, break up crowds, employ crowd control agents, patrol, serve as security forces or reserves, and perform other operations as required. Successful fulfillment of the missions will depend to a large extent upon sufficient planning, training, police information, and coordinated actions of individuals and units." (Civil Disturbance Operations, Seite 3, mit Verweis auf die Publikationen FM 3-19.15, FM 10-10 und FM 3-19.4, die als Herkunftsmaterial für diese Lektion dienten)

Wir sind bereits durch zahlreiche sensationelle Spielfilme konditioniert, solche Einsätze für normal zu halten. Dank der modernen Technik wird die Sache freilich immer schauriger, je mehr man bei solchen Nachforschungen ins Detail geht. Was für Kanonen da auf Panzerwagen umhergefahren werden und welche "Wirkstoffe" zur Lenkung von Menschenmassen vorgesehen sind, ist eine Wissenschaft für sich, die im weiteren Verlauf des obigen Lehrbuchs vertieft wird.

Man beachte auch, dass diese Weisungen an einer Ausbildungsstätte für amerikanische Militärpolizei auftauchen, obwohl es hier ausdrücklich um den Einsatz militärischer Streitkräfte auf amerikanischem Boden geht. Mit "Militärpolizei" waren doch traditionell Polizeifunktionen innerhalb des Militärs gemeint, nicht etwa der Gebrauch des Militärs für polizeiliche Einsätze im Inland. Da ein Ausdruck wie military police freilich im letzteren Sinne missverstanden werden kann, sieht man hier wiederum die Verblödungstendenz innerhalb der Sprache, während faktisch das Ungeheuerliche geschieht. Das Militär wird zur Polizei, nur weil der Ausdruck (doof-doof gleichsetzend) beide Wörter enthält. Ja, ja.

Man sieht den Bedeutungswandel tatsächlich bereits im amerikanischen Wörterbuch Webster's New World Dictionary, Third College Edition von 1988 auftauchen, wo als Definition für military police geschrieben steht: armed forces personnel assigned to police duties; specif., soldiers assigned to police duties in the army, also zu Deutsch: "für polizeiliche Aufgaben eingeteiltes Personal der Streitkräfte; insbesondere Soldaten, denen polizeiliche Aufgaben innerhalb der Armee zugewiesen sind". Die Definition verschwimmt. Damit sind künftige Inlandseinsätze des Militärs bereits vorprogrammiert. Military police war früher nur für die Vergehen von Soldaten zuständig, nicht für die Wahrung polizeilicher Aufgaben in der Gesellschaft. Die deutsche Definition ist laut Wikipedia immer noch eindeutig: "Eine Militärpolizei übernimmt polizeiliche Aufgaben innerhalb einer Militär-Organisation." In manchen Ländern nimmt man es damit weniger genau.

In den USA ließ sich bereits im Februar 2002 ein gewisser John R. Brinkerhoff, ein Oberst a.D., im Journal für Heimatschutz (Journal of Homeland Security) lang und breit darüber aus, der sogenannte Posse Comitatus Act ("Gesetz über Polizeiaufgebote"), eine häufig erwähnte strafrechtliche Bestimmung, die den Einsatz jeglicher Teile der Streitkräfte "als Polizeiaufgebot oder anderweitig zur Durchsetzung der Gesetze" ausdrücklich verbietet, sei nicht mehr zeitgemäß. Es würden neue Regeln benötigt, um die Einschränkungen näher zu bestimmen, wenn es um den Heimatschutz geht; dieses alte Gesetz müsse überhaupt durch ein völlig neues ersetzt werden. Mittlerweile ist die Aushöhlung des "alten Gesetzes" von 1878 unter dem nachhaltigen Eindruck der minutiös vollstreckten Wolkenkratzer-Einstürze vom 11. September 2001 weit vorangeschritten.

Soldatische Einsätze bei großen polizeilichen Herausforderungen? Da werden mit Sicherheit kriegsähnliche Methoden zum Einsatz kommen. Neuere Erkenntnisse, gewonnen an den typischen, asymmetrischen Kriegsschauplätzen der jüngeren Vergangenheit, haben das Militär um erschreckende Perspektiven und Taktiken bereichert. Wie jene fremden, unbegreiflichen Völkerscharen in Wüstenländern und gnadenlos verwüsteten Regionen würden dem US-Militär im Ernstfall dann auch die eigenen Mitbürger vors Fadenkreuz laufen. Wird man den Panzersoldaten dann, wie schon bei Angriffswellen im Irak, Kopfhörer mit dröhnender "Burn, Motherfucker, Burn!"-Musik aufsetzen und ihnen mit Designerdrogen die Hemmschwelle senken? Na ja, das letzte Detail wäre wohl kaum notwendig, um den heimatlichen Albtraum abzurunden; das Szenario "Söldnerheer gegen die eigene Bevölkerung" wäre allemal schlimm genug. Wie heißt es doch so schön? What Goes Around, Comes Around. Was man rausschickt, kommt irgendwie auch wieder zurück.

Innere Unruhen nach deutscher Versicherungsdefinition <liegen dann vor, wenn zahlenmäßig nicht unerhebliche Teile des Volkes in einer die öffentliche Ruhe und Ordnung störenden Weise in Bewegung geraten und Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen verüben. Ob die Beweggründe politischer oder wirtschaftlicher Art sind, spielt dabei keine Rolle. Einzelne Terrorakte erfüllen aber nicht den Begriff der inneren Unruhen. Schäden durch innere Unruhen gelten in den meisten Versicherungszweigen als unkalkulierbares Risiko und werden deshalb ausgeschlossen.> (deutsche-versicherungsboerse.de)

Rettungsschirm-Sprachsalat

Die „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ EFSF

24. Oktober 2013: Wissen Sie, was das ist? Wer weiß das schon so genau! Es gibt sehr viel einfachere Begriffe, die auch praktisch niemand versteht, sodass es ein Wunder ist, wie wir in dieser konfusen Welt überhaupt noch „navigieren“. Ich bezweifle auch, dass ich hier in meiner Motz-Kolumne zufriedenstellend klären könnte, wer dieses Monster geschaffen hat (die Medien nennen es beschönigend „Rettungsschirm“), oder wie es funktioniert und was es uns sonst noch antut, aber es geht hier auch eher um die ganz alltägliche Unbegreiflichkeit – und wie sie sich in der Sprache breitmacht.

Betrachten wir zunächst das letzte Wortelement, das zum Ausdruck bringen sollte, was eine Sache ihrem Wesen nach ist, also in welche Kategorie sie gehört. Was für eine Art Tierchen: eine „Fazilität“. Eigentlich gibt es dieses Wort im Deutschen gar nicht. Wahrig Deutsches Wörterbuch von 1970 kennzeichnet das Wort „Fazilität“ als ausgestorben! Mit Totenkreuz! Dieses Wort ist nicht mehr in Gebrauch! Es ist mausetot, es ist vor mindestens 43 Jahren aufgestiegen zu seinem Schöpfer! Es guckt sich die Radieschen von unten an! So redet niemand, außer er will die Menschen dumm halten und über ihre Köpfe hinweg regieren! 

Machen wir uns trotzdem die Mühe, uns auf eine Klärung einzulassen, so bedeutete „Fazilität“ in einem verflossenen Jahrhundert „Leichtigkeit, Gewandtheit; Umgänglichkeit; Willfährigkeit“ und kam aus dem Lateinischen, facilitas = „Leichtigkeit im Handeln, Gefälligkeit“. Man wollte sicher andeuten, dass sich die Umverteilung des Reichtums an notleidende Bankiers künftig mit größerer Leichtigkeit vollziehen ließe. Und es liegt offenkundig im Interesse der Hintermänner, dass die fleißigeren und sparsameren Nationen sich willfährig (gehorsam, gefügig, nachgiebig) das Geld aus der Tasche ziehen lassen, obwohl solche zwischenstaatlichen Schenkungen oder Hilfspakete im Europarecht vertragswidrig sind. Die Proteste halten sich in Grenzen, denn die hiesige Bevölkerung, obwohl sie im Durchschnitt um mehrere tausend Euro pro Nase geschröpft wird (Kinder und Greise eingeschlossen, zuzüglich ewiger Zinsen), begreift nicht wirklich, was geschieht. Wer kann schon erklären, wie viele hundert Milliarden Euro so ein unpersönlicher „Mechanismus“ kostet, ob „wir“ das Geld, sofern es real existiert, je wiedersehen, und von wem das Geld eigentlich herstammt, wenn doch Banken und Regierungen zutiefst verzockt und verschuldet sind? Wer zahlt solche Beträge aus? Gibt es sie überhaupt, oder werden sie nur aus blauer Luft heraus in den Computer getippt? Wer bekommt sie, und welche Gegenleistung ist vereinbart?

Aber zurück zur „Fazilität“, zur Leichtigkeit und Willfährigkeit (und der entsprechenden Willkür, könnte man logisch hinzusetzen). Sie werden bemerken, dass diese alten Definitionen des Wortes Fazilität nur Eigenschaften beschreiben, aber kein Ding, keine Institution, keinen Mechanismus. Bei der Wahl des Fachausdrucks stand also die irreführende Übersetzung aus dem Englischen im Vordergrund. Das englische Wort heißt  facility und bezeichnet nicht nur die Leichtigkeit oder Behändigkeit, mit der etwas geschieht, sondern auch „die Mittel, mit denen etwas bewerkstelligt werden kann“, oder  „ein Gebäude, besondere Räumlichkeiten usw., mit denen eine bestimmte Aktivität erleichtert oder ermöglicht wird“. So, das ist die englische Bedeutung einer facility, und so wird uns das Unwort „Fazilität“ aufgedrängt, damit wir nicht klar denken können: Gemeint ist eine europäische Einrichtung, Vereinbarung oder Regelung, mit der bestimmte Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen erleichtert oder ermöglicht werden können, dank astronomischer fiktiver Geldbeträge und einiger anonymer Heinis mit obskuren Befugnissen in gewissen Büros, um diese Machenschaften zu verwalten.

Da auch das betroffene Geld größtenteils nur in Form mühselig fixierter oder unverantwortlich tanzender Elektronen existiert, ist es visuell gar nicht darstellbar. Übrigens erleichtert und fördert das Fernsehen gewohnheitsmäßig die Verwechslung der Einrichtung oder Behörde mit dem Gebäude, weil albernerweise in Ermangelung einer konkret sichtbaren Konstruktion oder Personengruppe eben mit Leichtigkeit das Gebäude gezeigt werden kann. Man sagt „Bundesbank“ und zeigt im gleichen Atemzug das Gebäude der Bundesbank. Das ist aber eigentlich nicht die Bundesbank, sondern nur ihr Gebäude. Was die da drin alle machen, ist schon eher identisch mit der Bundesbank, aber es ist extrem schwer vorstellbar. Wenn ich diese gigantischen Beton- und Glaspaläste wie z.B. in Frankfurt betrachte, dann kann ich mir nur sehr schwer ausmalen, womit sich die unzähligen Beschäftigten dort den ganzen Tag beschäftigen. Anleihebewertungen? Börsengeschäfte? Rechenfehler? Oder spielen sie Schiffeversenken?

Knacken sie Abkürzungen? Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität, alternativ auch Europäische Finanzstabilitätsfazilität genannt, ist ja fast so schwer auszusprechen wie ein kommunistischer Führungstitel. (Man denke an Walter Ulbricht, „Erster Sekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Vorsitzender des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik“; das erinnert mich auch an Pervez Musharraf, 2001-2008 offiziell betitelt als „Chief Executive Officer and President of the Islamic Republic of Pakistan“; dies nur als amüsantes Streiflicht.)

Daher die Abkürzung EFSF, an deren Originalbedeutung sich bald kaum jemand erinnern kann. Der normale Zeitungsleser, Radiohörer und Fernsehzuschauer kommt völlig durcheinander, denn außerdem gibt es ja ergänzend auch den Europäischen Finanzstabilitätsmechanismus EFSM und dann neuerdings den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM, der als sogenannter dauerhafter Krisenmechanismus am 1.7.2013 den im Mai 2010 eingeführten temporären Rettungsschirm EFSF sowie den EFSM ablöst! In dieser hoffnungslosen terminologischen Fallgrube werden die Medien obendrein sagenhaft erfinderisch, um das Chaos komplett zu machen, und bezeichnen die EFSF umgangssprachlich als Euro-Krisenfonds, Euro-Rettungsfonds EFSF, kurz Rettungsfonds oder Rettungsschirm oder als Euro-Rettungsschirm EFSF. Das sind die verschiedenen Übersetzungen, die im Langenscheidt-Routledge Fachwörterbuch Kompakt für Wirtschaft, Englisch angeboten werden. Dieses Langenscheidt-Werk wird sodann für ein Wörterbuch erstaunlich frech und sarkastisch, was ursprünglich mein Interesse weckte, den vorliegenden Artikel zu schreiben.

Also: Der Langenscheidt bezeichnet die EFSF als eine „Eurospeak-Notkreation für die medial als Rettungsschirm vermarktete Fazilität“. Man sieht, dass die sprachlichen Mittel im Grunde erschöpft sind. Eurospeak, hm? Internationaler Sprachsalat, begleitet von dem Wunsch nach Vertuschung und Verheimlichung weitgehend unverständlicher Zusammenhänge und Ungeheuerlichkeiten, zerrüttet die Klarheit der einzelnen Sprachen. So entstehen Notkreationen, Verlegenheitsschöpfungen, die nicht einmal konsequent durchgezogen werden. Heute nennt man es so, morgen so. Das Wortelement „Euro“ ist von vornherein durch Zweideutigkeit verdorben, weil es sowohl den Zaster als auch den Kontinent bezeichnet. So wird aus einem „Europäischen Rettungsschirm“ ein „Euro-Rettungsschirm“, wodurch sprachlich verschleiert wird (und unbewusst gleichgesetzt wird), ob die Währung oder die Gemeinschaft gemeint ist. Die Gemeinschaft könnte aber, wie früher jahrzehntelang demonstriert worden ist, auch ohne die Gemeinschaftswährung existieren, eben als lockeres Staatenbündnis oder Wirtschaftsgemeinschaft. Weil der autoritäre Drang zur Errichtung eines EU-Bundesstaates auch gegen den Willen der betroffenen Bevölkerungen und im Zweifelsfall sogar ohne Rücksicht auf die ehemals souveränen Regierungen stetig zunimmt, muss eine solche „Fazilität“ (Abzocke-Willküreinrichtung, bankenfreundliche Ausbeutungs-Vereinbarung) überhaupt „als Rettungsschirm medial vermarktet“ werden. Im Klartext: Das Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda muss einschreiten, weil das Volk sonst nicht wissen kann, was gut ist.

Auch der Langenscheidt-Routledge beginnt ungefähr an diesem Punkt zu schimpfen wie ein Rohrspatz, und das mit Recht: Da heißt es ohne Blatt vor dem Mund, der EFSF wurde „errichtet im Zuge der ersten EU-Rettungsaktion, kurzfristig-vordergründig für den insolventen griechischen Staat, insbesondere aber für die Investoren in dessen Anleihen: EZB, Banken, Versicherungen, Pensions- und Hedgefonds“. Das bedeutet, dass definitiv die Interessen der Investoren im Vordergrund gestanden haben, nicht etwa eine potenziell notleidende Bevölkerung in Griechenland. Der Zusammenhang mit der Wohlstandsprognose für die Bevölkerung in den reicheren Ländern tritt hingegen deutlich zutage, wenn sich hiesige Banken, Versicherungen und Pensionsfonds durch unsichere Investitionen in Griechenland verzockt haben und daher scheitern könnten; dann wären ja hierzulande Pensionen, Versicherungen und Bankkonten gefährdet. Der deutsche Staat und letztlich der Steuerzahler springt also ein und haftet für die Verbindlichkeiten privater Institute, obwohl der deutsche Staat sowieso schon mit 2,2 Billionen Euro in der Kreide steht und auch dieser Schuldenstand sich immer weiter verschlimmert. Wo nimmt er also das Geld her? Er borgt es bei den notleidenden Banken, na ja, und bei privaten Anlegern, die wiederum dem Staat etwas borgen, die aber wegen grassierender Unsicherheit allmählich höhere und schließlich katastrophale Zinsen verlangen werden, und der Staat muss dann in kommenden Jahren und Jahrzehnten (falls nicht alles zusammenbricht) den Steuerzahler schröpfen, um wenigstens die galoppierenden Zinsen zu entrichten, ohne dass bei steigendem „Schuldendienst“-Anteil des Staatshaushalts der Schuldenstand jemals abnimmt. Das kann doch alles nicht richtig sein.

So werden also durch Diebstahl an der Bevölkerung gigantische Geldströme zwischen gierigen Versagern reguliert; der Staat betätigt sich als verzweifelter Mittelsmann und schließlich als gnadenloser Eintreiber. Der Vorgang bleibt weitgehend abstrakt, illusorisch und unproduktiv und belastet zunehmend die Realwirtschaft (die Fertigungs- und Service-Bereiche, in denen noch ehrlich gearbeitet wird, sowie das damit verbundene Kapital und Privateigentum). Eigentlich zieht ja niemand aus diesem System der Zinsknechtschaft einen genießbaren Vorteil – auch die Abzocker nicht, deren persönliche Genussfähigkeit irgendwo zwischen Austern und Edelnutten an ihre Grenzen stoßen dürfte. Es gibt höchstens – was ich nur als hartnäckige Verschwörungstheorie erwähnen will – ein paar machthungrige Planer im Hintergrund, die sich im Lauf der Jahrhunderte die Errichtung einer Art High-Tech-Weltherrschaft über eine drakonisch reduzierte, versklavte Bevölkerung als idealen Endzustand für ihre Familiendynastien ausgedacht haben, etwa nach dem Modell der „Hungerspiele(Die Tribute von Panem). Eine geeignete neue Weltreligion, die einheitlich Schuldgefühle erzeugt, Unterwürfigkeit fordert, Furcht erregt und mentale Kontrolle ausübt, während sie mit subtilen Tricks sowohl Gott als auch die lauthals beschworene Menschenwürde abschafft, dürfte man zu diesem Zweck ebenfalls begünstigen. Eklige Zombie-Filme zwecks Senkung der Tötungs-Hemmschwelle sind Teil derselben Strategie.

Weiter heißt es im Wörterbuch: „Der Geschäftsrahmen … der Fazilität wurde mit dem 2. Rettungspaket am 21.7.11 stark ausgeweitet und geht damit weit über die traditionellen IWF-Befugnisse hinaus: die Einrichtung soll Anleihen finanzschwacher Euro-Staaten … bei Banken ankaufen und bereits vorbeugend Darlehenslinien gewähren, um angeschlagene Staaten gegen disziplinierende Finanzmarktreaktionen abzuschotten.“ Das müsste bedeuten, dass auf Kosten der Steuerzahler die wertlos werdenden Anleihepapiere weit oberhalb ihres wirklichen Wertes gekauft werden; der Giftmüll der Banken landet bei der europäischen „Fazilität“. Die normalen Belohnungs- und Bestrafungsmechanismen der Marktwirtschaft werden ausgehebelt. Da fehlt die gesunde kapitalistische Gerechtigkeit.

Natürlich kann es nicht ewig so weitergehen. Aber die Befristung der EFSF bis Mitte 2013 wurde durch den „dauerhaften Krisenmechanismus“ ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) inzwischen aufgehoben. In dieser Ausweitung sehen nach Auffassung des nun heftig zur Klimax gelangenden Langenscheidt-Redakteurs viele Leute „den unumkehrbaren Einstieg in eine europäische Transfer- und Haftungsunion mit undurchschaubaren, unlimitierten Finanztransfers, die die Unterschiede der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit auf niedrigem Niveau einebnen und die Motivation zum finanzpolitisch verantwortlichen Haushalten nachhaltig unterminieren; Kritiker monieren die Eurogebiet-weite Staatsfinanzierung an den demokratisch legitimierten nationalen Parlamenten und Haushalten vorbei, systematische Transparenzreduktion [und] rechtsbrüchigen Missbrauch der EZB bei Missachtung ihrer Unabhängigkeit.“

Das ist doch mal ein klares Wort. Die Währungsunion war als Stabilitätsgemeinschaft gedacht. Die sich weiter verschlimmernde „Transfer- und Haftungsunion“ ist ein Verstoß gegen Artikel 125 des Lissabon-Vertrags, die sogenannte „No-Bailout-Vorschrift“. Joachim Starbatty, emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen, erklärte am 29. April 2010 in einem Interview mit der Neuen Solidarität den Vorgang, dass mit dem Griechenland-Rettungspaket die Währungsunion zur Haftungsgemeinschaft wurde, folgendermaßen: „Ein Verstoß gegen Art. 125 ist ein Zeichen dafür, dass die Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft gescheitert ist. Der Wandel von der Stabilitätsgemeinschaft zu einer Haftungsgemeinschaft löst unabsehbare finanzielle Folgewirkungen aus. Daher wird das Budgetrecht des Parlaments beschnitten und die Gesetzgebungskompetenz ausgehöhlt. Wenn das Parlament genötigt wird, finanziellen Hilfen unbekannter Größenordnung zuzustimmen, dann ist die Verpflichtung der Abgeordneten ihren Wählern gegenüber nicht mehr gewährleistet (Art. 38 GG).“

Inzwischen hat sich diese krasse Entwicklung dreieinhalb weitere Jahre lang fortgesetzt. Die Rechte der demokratisch gewählten, einzelstaatlichen Parlamente werden ausgehöhlt. Es ist bezeichnend, dass Gegner dieser Entwicklung heute möglichst als rechtsradikal gebrandmarkt werden, obwohl viele von ihnen der Demokratie und auch dem ursprünglichen europäischen Rechtsempfinden sehr viel aufrichtiger verbunden sind als die Vertreter des supranationalen, niedrig-nivellierenden, sozialistischen Solidaritäts-Einheitsbreis, der auf ehrliche Verdienste keine Rücksicht nimmt.

Um es noch einmal klarzustellen: Die Finanzhilfen für Griechenland (und alle anderen geplanten oder diffus mit einer Art Blankoscheck vorbereiteten "Bailouts", Sonderkredite, Rettungsfonds usw.) verstoßen gegen Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und sind somit rechtswidrig. Der betreffende Artikel 125, Abs. 1 lautet:

Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. (http://dejure.org/gesetze/AEUV/125.html)

Umständlich, aber eindeutig! Kurz gesagt, weder die EU noch einzelne andere Mitgliedstaaten haften für die Verbindlichkeiten eines Mitgliedstaats, der seinen Karren in den Dreck gefahren hat. Schluss, aus, basta!

Ziemlich zynisches Gezänke zerrüttet die Zufriedenheit

15. Oktober 2013: Tja, ich wüsste gar nicht, was ich zu den aktuellen Welt-Themen genau sagen soll, ohne zuerst wochenlang zu recherchieren, und täte ich das, hätte sich die Szene schon wieder rasant gewandelt, bevor ich durch wäre. Deswegen können ja sogar die Nachrichtenmedien nicht mehr sinnvoll Schritt halten. Daher nur meine üblichen intuitiven raum- und zeitgeistlichen Kommentare. Vor allem die des Raumgeistes! Eigentlich ist ja im planetaren Finanz- und Verwaltungssystem, angeführt von den zusammenbrechenden USA, so die Kacke am Dampfen, dass ich die finsteren Meinungen, die sich mir aufdrängen, kaum weiterleiten möchte. Da sollte man dem gütigen Leser zuerst einen Seelenschoner überziehen (wenn es so etwas gäbe).

Es kommt auch immer darauf an, wen man fragt: Die FAZ beruhigt die Gemüter mit rationalen Prognosen, aber wird die Szene denn rational bleiben? Das ist sie doch längst nicht mehr. Der gute Alex Jones, der eine meiner Hauptquellen für Katastrophen-Fakten ist, überschlägt sich fast angesichts der unzähligen Zeichen des Unheils ... Parallel zum amerikanischen Haushalts- und Schuldenstreit gibt es inzwischen Mega-Probleme beim Computersystem für die Lebensmittelmarken, von denen ca. 45 Millionen Amerikaner abhängig sind. Da werden nun schon Geschäfte geplündert. Und das "Obamacare"-System ist von vornherein funktionsunfähig, ganz abgesehen von der drohenden Nichtfinanzierung: Auch die EDV für die Zwangseinschreibung in US-Krankenkassen ist unbrauchbar, fatal fehlerbehaftet und für die meisten Benutzungswilligen gar nicht benutzbar bzw. schlichtweg unbegreiflich.

Der Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain erklärte vor ein paar Tagen: "Es gibt kein Leben nach einem US-Zahlungsausfall", und man kann darüber philosophieren, ob hier nur der Bankster die USA erpressen will oder ob es als faktische, ehrlich besorgte Warnung vor den Folgen etwaiger Nichtanhebung der Schuldengrenze ab 17. Oktober gemeint ist. In beiden Fällen extrem bedenklich. Schwarze Aussichten, und mit entsprechend krassen Kontrollmaßnahmen gegen etwaige Bürgerunruhen ist im Ernstfall zu rechnen. Voraussichtlich werden sich diese albernen Politiker, diese kaspernden Wichtigtuer, noch einmal auf eine "pragmatische" Lösung einigen, aber sie zündeln schon aus dem letzten Loch.

Insofern habe ich wohl bei Petitions-Initiativen wie Campact gelegentlich was unterzeichnet, bin aber misstrauisch, ob mit diesen Bemühungen nicht am Ende bloß fabelhafte, komplette Listen von allen Nörglern und Andersdenkenden zusammengestellt werden, damit man sie im plötzlichen Neofaschismus alle rasch verhaften und ins Lager zusammentreiben kann.

Die Snowden-Enthüllungen waren ja im Prinzip nichts Neues, nur sind dadurch zum ersten Mal die gigantischen Fakten aus einer Quelle aufgeflogen, die nach Einschätzung der herrschenden Medienlenker auch von nichtparanoiden Nichtverschwörungstheoretikern (NNTs) als Faktenquelle anerkannt werden musste, nicht bloß von gewohnheitsmäßig paranoiden Verschwörungstheoretikern (PVTs) wie mir. Heute wieder: "Die NSA erntet weltweit aus Hunderten von Millionen E-Mail- und Instant-Messaging-Konten all die privaten Kontaktlisten ab." ... Zum Beispiel an einem EINZIGEN TAGE: "During a single day last year, the NSA’s Special Source Operations branch collected 444,743 e-mail address books from Yahoo, 105,068 from Hotmail, 82,857 from Facebook, 33,697 from Gmail and 22,881 from unspecified other providers."

Oben die Luftaufnahmen der drei Mega-Geheimdienste in Amerika (NSA, links), England (GCHQ, Mitte) und Deutschland (BND in Berlin, rechts). Das sind jetzt, schon rein bautechnisch, gigantische Zecken (man vergleiche die Größe normaler menschlicher Behausungen drumherum), und problematisch ist wohl nur der kilo-mega-giga-tera-peta-exa-zeta-jota-Speicherplatz, den sie haben, der gähnt und gähnt und muss doch, eben weil es "machbar" ist, mit immer weiteren Informationen gefüttert werden. Die GCHQ-Zentrale ähnelt einem gigantischen Dichtungsring, oder was ist das? Es ist eindeutig "THE THING" from Outer Space. Das sind alles Alien-Monster mit aufgerissenem Rachen und zügellosem Appetit.

LIEBER LESER, was soll ich zu einer solchen Welt noch an Kommentaren hinzufügen? Das kommt ja nun tagtäglich mit Hunderten von verbrecherischen Megafakten hier hereingedonnert, sobald ich den Kanal öffne. Den klerikalen Skandal im vatikanischen Ambiente habe ich gar nicht erst verfolgt.

In Tat und Wahrheit werden Sie wohl unbedingt ein Schattenkonto brauchen, oder stecken Sie sich zu Hause tausend Euro an Reserven in die Socke. Ich wünschte, ich hätte derzeit noch so viel übrig zum Wegstecken ... soviel zum Thema Bargeld, falls die Konten beim Run auf die Bank einfrieren.

Oder lesen Sie einfach ALPENKRIMIS!!! Ich habe wieder angefangen, Perry Rhodan zu lesen. Das passt. Hier auf Erden, in all diesem Kuddelmuddel, kommt sicher bald der Großadministrator des Solaren Imperiums und tritt das Erbe der Arkoniden an. Die Welt schreit nach ihm (jetzt noch nicht, aber bald). Jugendliche Vernarrtheit in SF-Romane (so im Alter von 11 bis 14) hat sicher mein späteres Faible für Weltrettungsprogramme vorbereitet. So sind wohl auch all die undichten Stellen in meiner geistigen Abschirmung gegen Wesen aus der fünften Dimension entstanden ... Der operettenhafte Aufstieg des ersten Mondfahrers Perry Rhodan zum diktatorischen Friedensstifter und schließlich Großadministrator des Solaren Imperiums lieferte ein wunderbares Vorbild für totalen moralischen Ehrgeiz in einer Welt, die wegen Dummheit und ideologischer Verbohrtheit mit atomarer Auslöschung bedroht war. Ja, ja. Der gute alte Perry Rhodan, der auf dem Mond sofort den gestrandeten Arkoniden begegnete, die ihn mit wahnwitzig fortgeschrittener Technik zur Unterwerfung und Rettung der Erde ermächtigten!Eine deutsche Science-Fiction-Serie! Und selbst deutsche TV-Krimis von heute haben oft größere Charakterstärke und -tiefe als die Dutzendware aus USA mit all ihren Criminal Investigation Departments, Leichenschauhäusern, Urteilsrevisionen, Autojagden, Uniformen, Knochenjägern usw.

Ach, ach, ach. Neben mir wohnt für vier Wochen ein ausländischer Chirurg und macht nicht etwa Krach, sondern bittet mich um das Gegenteil: STILLE, damit er früh und lang genug schlafen kann, sodass ihm beim Operieren am andern Tag nicht das spitze Werkzeug ausrutscht. Da soll ich nun auch noch was dafür können. Man hört ja hier alles durch die Wand: das Umrühren des Tees, und so weiter. Ich brauche wohl eine neue Nachbarin, die selber gern umrührt, z.B. auf Russisch:

Na ja, und einige größere Aufträge könnte ich ebenfalls gebrauchen. Selbst eine zeitlebens extrem dynamische Kollegin meldet mir allerdings, dass sie mit 61 Jahren nun zu ihrem Erstaunen das Gefühl bekommt, sie könne eben doch nicht mit einem ewigen, unbegrenzten Energie-Dynamo weiterwirtschaften, oder anders gesagt, sie wundert sich, dass sie körperlich ermüdet.

Auch bei mir melden sich, im Sturmschritt auf die 60 zugehend, schon Ansätze der Erschlaffung ... die Augen ... der Rücken ... die Lustierbarkeit und so weiter, aber noch nicht ernstlich als Hinderungsgrund fürs halbwegs erfolgreiche Weiterleben, immer vorausgesetzt, dass ich mich halbwegs aufs praktische Überleben konzentriere und nicht so sehr auf elektronische Sexualkunde im Titty-Teacher-Stil wie bei Viktusya Pankova.

So, dann hoffe ich, Sie sind (mit dem angebrachten Maß an salopper Ungenauigkeit, tierischem Ernst und lasziver Ausgelassenheit) fürs Erste informiert.

Und überhaupt zurück zur Anbetung des Wesentlichen (wenn man dann wieder jung ist, alle Lehren aus dem vorigen Leben vergessen hat und von Tuten und Blasen natürlich keine Ahnung hat):

Die Erwartete, Gemälde von Ferdinand Georg Waldmüller (1793-1865). Entstanden um 1860, im Original Öl auf Holz. Neue Pinakothek, München. (Jeder macht sich lächerlich, wie und wo es vorprogrammiert ist. O Matrix, dusslige Matrix mein, lass mich dein Gebieter sein. Oder lieber doch nicht so mächtig, denn Freiheit ist nur mittelprächtig.)

Zustände in den USA: Hauptstadt-Geballer, Internet-Erpressung ...

6. Oktober 2013: Es ist schwer fassbar, was sich da drüben alles abspielt, aber einige Details sind irgendwie typisch für die aufgeheizte Stimmung und die Gesamtlage.

Unbewaffnete Frau erschossen: Der Kongress klatscht

Vor wenigen Tagen (Donnerstag, den 3. Oktober) wurde im Regierungsviertel von Washington DC die unbewaffnete Mutter eines einjährigen Kindes, die mit ihrem Auto in der Nähe des Weißen Hauses eine Straßenbarriere durchbrochen hatte und dann kopfscheu umhergesaust war, von der Polizei erschossen. Der Kongress bedankte sich mit anhaltendem Applaus (davon gibt es eine schaurige Tonaufzeichnung). Die meisten Medien gehen der Sache nicht gründlich nach. Die Berichtslage blieb unklar. Erst hatte es geheißen, Miriam Carey sei aus dem Wagen herausgekommen, bevor sie nach einer wilden Verfolgungsjagd erschossen wurde, offiziell wurde dann jedoch verlautbart, sie sei im Wagen erschossen worden. Das Kleinkind wurde in Sicherheit gebracht. Der Sicherheitsleiter (Sergeant-at-Arms) des Senats stellt die Sache laut New York Times so dar, dass Ms. Carey zwischen einem Wachhäuschen der Kapitolpolizei und einigen Pflanzbehältern in der Straßenmitte der Constitution Avenue umwenden wollte, als Beamte der Kapitolpolizei und uniformierte Angehörige des Secret Service das Auto mit halbautomatischen Pistolen beschossen.

In ihrer Wohnung in Stamford, Connecticut, wurden Antipsychotika gefunden. Sie war zahnmedizinische Fachhelferin und nach Aussage ihres Boyfriends litt sie an Wahnvorstellungen, glaubte eine Prophetin zu sein und unter elektronischer Überwachung durch Präsident Obama zu stehen. (Na ja, das mit der elektronischen Überwachung ist ja heutzutage nicht ganz abwegig. Das betrifft uns alle. Und der Amokläufer in der Marinewerft bei Washington am 16. September hatte geglaubt, er werde durch "elektromagnetische Wellen" manipuliert.) Miriams Schwester Amy sagte am Freitagabend bei CNN, Miriam habe lediglich an einer Wochenbettpsychose mit Depressionen gelitten und sei behandelt worden, man habe die Medikamente dann sachgerecht abgesetzt und sie habe keinen instabilen Eindruck gemacht. Trotzdem ist ja, wie durch viele andere Fälle, insbesondere die meisten Amokläufe, hinreichend bekannt ist, mit Psychopharmaka ein erhebliches Risiko verbunden. Zu einem eigentümlichen Schluss kommt die WELT: "Miriam Careys tragische Amokfahrt dürfte die Diskussion anheizen, ob in den USA die Bürgerrechte von psychisch Kranken überbewertet werden im Verhältnis zu ihrer effektiven Behandlung und dem Schutz der Öffentlichkeit." Die WELT sieht die Alternative in einer erneuten Ausweitung der stationären Behandlung in den Anstalten, die seit 1986 stark zurückgegangen ist. Tja, das ist auch eine Art Antwort auf die ständig wiederkehrenden Beispiele der schauderhaft schlechten Wirkungen von Psychopharmaka!

Die nervöse Angst der Sicherheitskräfte an den bedeutendsten staatlichen Gebäuden bezieht sich natürlich auf die Gefahr des Terrorismus und etwaiger Autobomben. Im Wagen der Frau wurden weder Waffen noch Sprengstoffe gefunden.

Mit ihrem schwarzen Infiniti, das kleine Kind auf dem Rücksitz, soll Ms. Carey um 14.12 Uhr versucht haben, durch einen Sicherheits-Kontrollpunkt außerhalb des Weißen Hauses zu stoßen. Warum sie das tat, ist völlig unklar. (Sie war in eine blockierte Einfahrt eingebogen, heißt es in der Washington Post. Secret-Service-Beamte hätten "he, he!" gerufen, eine Barriere vorgeschoben, die Fahrerin sei ausgewichen, die Barriere wurde ihr wieder in den Weg gestellt, dann fuhr sie dagegen.) Sie fuhr einen Beamten an, der sie zu stoppen versuchte und ihr über die Haube rollte. Sie setzte zurück und raste nun mit einem Tempo bis 130 km/h die Pennsylvania Avenue entlang, ignorierte rote Ampeln und Bemühungen der Secret-Service-Leute, sie zum Beidrehen zu bringen. Als sie auf der Westseite des Kapitols offenbar in die Enge geriet, sah sie sich von näher kommenden Beamten mit gezogenen Pistolen umringt. Sie legte den Rückwärtsgang ein und raste dann vorwärts davon. Ein Video zeigt, dass bei dieser nochmaligen Flucht Schüsse fielen. Sie rammte einen Polizeiwagen und düste die Constitution Avenue rauf, an der Nordflanke des Kapitols vorbei. An dem Wachhäuschen östlich des Kapitols versuchte sie zu wenden, fuhr auf die Beamten zu, diese eröffneten daraufhin das Feuer. (So war es laut New York Times. Die Washington Post hingegen schreibt, der Wagen blieb stecken und wurde dann beschossen.) Fünf bis sieben Beamte sollen geschossen haben. Ein Beamter wurde verletzt, jedoch nicht lebensbedrohlich. Das Kind blieb unversehrt. Das Kapitol, in dem die unfähigen Parlamentarier gerade die aktuelle Stilllegung der US-Regierung seit dem 1.10. diskutierten, wurde während der Verfolgungsjagd zugesperrt, bewaffnete Polizisten befahlen dringlich, in Deckung zu gehen, und die beiden Male, als das Feuer eröffnet wurde, geschah es in belebter Umgebung mit Touristen und Büroangestellten ringsum. (Man fragt sich u.a., warum nicht auf die Reifen geschossen wurde.)

So ganz unschuldig, wenn auch extrem konfus, ist das Verhalten der Frau freilich nicht. Sie war unbewaffnet, setzte jedoch in einigem Grade das Auto als Waffe ein. Die Sicherheitskräfte an diesen kritischen Orten sind im Endeffekt eher militärisch als polizeilich gedrillt, und wenn unter solchen Umständen ein Wagen auf sie zukommt, befürchten sie in der Sekundenschnelle zum Beispiel einen Sprengstoffanschlag. Der Vorgang zeigt aber insgesamt das Maß an explosiver Nervosität in der Hauptstadt der USA. Es war ein unglaubliches Tohuwabohu. So etwas ist doch früher nicht vorgekommen, oder?

Mugshot-Websites

Die New York Times berichtet am 5. Oktober, dass jetzt Millionen Amerikaner durch sogenannte "Mugshot-Websites" unter Druck gesetzt werden. Ein Mugshot ist ein polizeiliches Foto oder "Verbrecherfoto", das bei einem einmaligen, längst gesühnten Delikt entstanden sein kann. Der Mugshot beweist im Übrigen keine Verurteilung, sondern nur, dass eine Verhaftung stattgefunden hat. Es sind also auch viele Leute dabei, die von vornherein unschuldig waren und gleich entlastet wurden. Mehr als 80 Websites versuchen durch die Veröffentlichung solcher Fotos im Internet Geld zu machen. Wenn der oder die Betroffene 30 Dollar, 400 Dollar oder noch höhere Beträge zahlt, wird das Foto von der Website entfernt. Zumindest von dieser einen Website. Das ist natürlich Erpressung. Die Idee wurde als "Geschäftsgrundlage" 2010 von einem gewissen Craig Robert Wiggen aufgebracht, der drei Jahre Bundesgefängnis wegen betrügerischer Beschaffung der Kreditkartennummern von Restaurantgästen abgesessen hatte und ein neues Betätigungsfeld suchte. Die Bilder werden von Sheriff-Websites übernommen.

Weil potenzielle Arbeitgeber gern im Internet googeln, kann die öffentliche Erniedrigung, eine Art Aushebelung des Rechtsstaats, durchaus die berufliche Laufbahn ruinieren. Auch private Dates und Beziehungen zu den Nachbarn sind gefährdet. Die Websites sind nach amerikanischem Recht komplett legal. Nur ein paar Einzelstaaten versuchen Gesetze dagegen zu erlassen. Journalistenverbände widersetzen sich einer effektiven Gesetzgebung mit dem Argument, "öffentliche Aufzeichnungen" (public records) sollten öffentlich sein. Man würde erwarten, dass das Wort public in diesem Kontext eher "amtlich" bedeutet, nicht "allgemein öffentlich zugänglich", aber seit Einführung der ansonsten durchaus segensreichen Gesetze zur Informationsfreiheit hat sich der Begriff eben doch zur "allgemeinen Zugänglichkeit" hin gewandelt, und das Internet inklusive relativ ungeregelter Sheriff-Websites und böswilliger Informationsmakler tut das Seine. Zu blöd.

Das Internet verschärft mit seiner allgegenwärtigen Abrufbarkeit das Bedrohungspotenzial für den Einzelnen. Privatsphäre und Datenschutz ade! Das liegt in der Natur der Sache, genauer gesagt im Irrsinn der technischen Möglichkeiten. Ich habe gerade eine SD-Karte für den Computer getestet. Auf dieser winzigen Fläche, etwa von der Größe des kleinen Fingernagels, sind nun bis zu 32 Gigabytes speicherbar: ganze Schrankwände voller Enzyklopädien. Ist das eine Alien-Technologie, oder was? Im Mittelalter fragte man sich: Wie viele Engel passen auf einen Stecknadelkopf? Die heutige Frage ist: Was tun wir drauf? Die Technik macht schier alles möglich, aber der Mensch in seiner tierischen Vorbelastetheit füllt die winzig konstruierten, als Spielfeld gigantischen Leerräume mit ausufernden Triebhaftigkeiten vom Pornofilm bis zur millionenfachen Erpressung an. Und wendet sich dann hoffentlich, angewidert, ab.

Asteroid, Sonnensturm und US-Regierungs-Shutdown

2. Oktober 2013: Während wir auf der Erde alberne Spielchen treiben, dieser Tage vor allem das Kaspertheater des US-Regierungswesens mit seinem dramatischen "Dichtmachen" (800.000 entgeltlos beurlaubte Staatsbedienstete sind ja keine Kleinigkeit) und der noch dramatischeren Androhung der Zahlungseinstellung überhaupt, falls die Schulden-Obergrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar nicht binnen zwei Wochen weiter angehoben wird (ein Ausfall, der unabsehbare Folgen für die US- und die Weltwirtschaft hätte, weil die Bankster sich sofort dafür rächen müssten, dass sie keine Zinsen mehr kassieren können, und weil amerikanische Staatsanleihen überall rapide ihren Wert verlören usw.) - - -, während also dieses Kaspertheater aufgeführt wird, rumpelt es am Firmament ganz deftig im Gebälk. Ich frage mich immer, ob die Himmelserscheinungen, die Erdbeben und andere Naturereignisse bei uns auf subtile Art die Stimmung ruinieren, sodass wir uns wie Affen aufführen, oder ob unser Affentanz das Firmament und den Erdboden durcheinander bringt. Es beruht wohl auf Gegenseitigkeit oder Synchronie.

Jedenfalls schrammte am Samstagmorgen (28. September) ein 15 Meter großer Asteroid an der Erde vorbei, in einem Abstand von nur 11.300 Kilometern von der Erdoberfläche. Er war erst neun Stunden vorher, am Freitagabend, von einer russischen Beobachtungsstation nahe dem Baikalsee entdeckt worden. 15 Meter groß, das reicht im Falle eines Einschlags je nach Einfallswinkel, Tempo und Zusammensetzung vermutlich für eine Detonationskraft von mehreren Hiroschima-Atombomben, wie man vor ein paar Monaten bei Tscheljabinsk gesehen hat (die Entladung des 10.000 Tonnen schweren Objekts damals geschah allerdings stufenweise in großer Höhe und genügte, um am Boden 1000 bis 1500 Verletzte zu produzieren). Außerdem ist die Sonne am Spucken: Das Magnetfeld der Erde wurde früh am 2. Oktober von einem Sonnensturm erreicht, der auf einen koronalen Massenauswurf in der Nacht vom 29. auf den 30. September zurückgeht und eindrucksvolle Polarlichter bis nach Oregon bescherte. Hoffentlich hüten uns bockige Schäflein vor den mitleidlosen größeren Brocken noch irgendwelche Schafzüchter oder intensiven Beobachter dort oben, deren Motive allerdings erst später klar zutage treten dürften. Wir wissen es nicht.

Ich hätte nun gern noch einen allgemein erhältlichen Bildbeitrag der NASA hier eingeblendet, aber Wahnsinn! Wahnsinn, Mann, die Website der NASA ist komplett stillgelegt worden. Man findet nur den beunruhigenden Hinweis, diese Website stehe wegen des Abbruchs der Finanzierung durch die amerikanische Bundesregierung nicht zur Verfügung: Due to the lapse in federal government funding, this website is not available. We sincerely regret this inconvenience. For information about available government services, visit USA.gov. -- Mein lieber Scholli, die machen wirklich ernst da drüben. Vor allem sehr dramatisch! Was kostet es, so eine Website wenigstens passiv weiterlaufen zu lassen?

Das Verteidigungsministerium hat es immerhin noch fertig gebracht, am 30. September die Aufträge für 94 militärische Einkäufe im Wert von über 5 Milliarden Dollar zu erteilen, einschließlich 48,6 Millionen $ operative Unterstützung für Spionagesatelliten, 49,8 Millionen $ für Reaper-Drohnen für Frankreich, 40 Millionen $ für Handgranaten mit situationsgerecht einstellbarer Detonationswirkung, 25,7 Millionen $ für den Bau eines Waffenüberwachungs- und Versuchslaboratoriums, 18,1 Millionen $ für ein U-Boot-Rettungstauch- und Rekompressionssystem, und so weiter. Bei den Luftwaffen-Verträgen stand raffinierteste Überwachungstechnik im Vordergrund, einschließlich der bereits genannten Drohnen, des Supports für Spionage-Satelliten und der Logistik für eine Flotte von Spionageflugzeugen. Ein bedeutender Heeresvertrag über 246,7 Millionen $ betrifft den Einkauf von "taktischen Kugelfang-Westen für verschiedene ausländische Militärkunden". (Angaben laut Gov't Shut Down, PrisonPlanet) Man kann sich (erfahrungsgemäß) ausrechnen, dass diese Art militärische Schutzkleidung schließlich im Inventar kleinstädtischer Polizeireviere auftauchen wird, falls sie nicht schon dort angekommen ist. ... Na gut, das muss man sich leisten können, denn angesichts der Gesamtlage drohen ja durchaus unruhige Zeiten.
 

Politisches Spektrum von Frei bis Unfrei

28. September 2013: Dieser Tage gab es mal wieder große Aufregung wegen der Schubladen "rechts" und "links". Man war z.B. bei Anne Will verzweifelt bemüht, die neue Partei AfD (Alternative für Deutschland) in das angeblich von rechts nach links verlaufende Spektrum einzuordnen. Das geht natürlich am Kern der Sache total vorbei. Man könnte stattdessen ein Spektrum von "frei" zu "unfrei" vorschlagen. Zwar dürfte auch ein solches Modell paradoxerweise am Extrempunkt von "Freiheit" in extreme "Unfreiheit" umschlagen, sodass sich in der Unendlichkeit (oder schon lange vorher, also gar nicht derart abstrakt) eine Art Kreis schließt. Aber der Gedanke einer Abstufung von "frei" bis "unfrei" könnte brauchbare Anregungen liefern. So verirrt sich ja auch die extrem "linke" Freiheitssehnsucht in extrem autoritäre Mechanismen der Gleichschaltung, also eindeutig ins "rechte" Spektrum, und kehrt von dort manchmal Jahrzehnte später wieder zurück in eine bürgerliche oder leicht mafiöse, aber freiere Gesellschaftsform. In den Konzentrationslagern des Stalinismus ("links") wurden die Menschen ebenso millionenfach dahingemordet wie in den Konzentrationslagern der Nazis ("rechts"). Zwang, Gewalt, Brutalität, Gleichmacherei und Unfreiheit sind also bei jeder Form von Extremismus zu erwarten, egal ob "links" oder "rechts" und übrigens auch im Falle des religiösen Extremismus, der jedoch stärker auf Bewusstseinskontrolle und Gehirnwäsche setzt, sodass die Verkrüppelungen, die Wunden und die Leichen nicht so offenkundig nachweisbar sind.

Die häufigste Form der Knechtschaft oder faktischen Sklaverei für Staaten, Firmen und Einzelpersonen ist in der heutigen Welt unbestreitbar der ewige Schuldendienst, auch bekannt als Zinsknechtschaft. "Man" darf nicht "Zinsknechtschaft" sagen, denn früher benutzten die Nazis dieses Wort, und deshalb outet man sich durch Gebrauch des Wortes "Zinsknechtschaft" angeblich als rechtsradikal. Das ruiniert sofort die Diskussion, denn viele Leute hängen sich am Klang von Wörtern oder an der Identität früherer Benutzer bestimmter Wörter auf und befinden sich zusätzlich zu ihrer übrigen Knechtschaft auch in einer Art "Assoziationskäfig", was sie daran hindert, über die konkreten Inhalte und über bessere Alternativen nachzudenken. Eine Kanzlerin, die gern das hypnotische (einschläfernde) Wort "alternativlos" benutzt, fördert sanft und platt, aber autoritär die Verdummung.

Die Grundidee des Kapitalismus, nämlich herumliegendes Kapital, ja sogar frisch gedrucktes Geld einfach in die Produktionsmittel zu investieren und so die Wirtschaft zum größeren und langfristigen Wohle aller kräftig anzukurbeln, war auf jeden Fall brillant und ist keineswegs schon mit "Zinsknechtschaft" gleichzusetzen. Die sozialistische Planwirtschaft hat es in der Realität nicht geschafft, dieses System zu übertreffen. Das extrem "linke" System der Gesellschaftsordnung basierte von vornherein auf Zwang, weil es durch eine "Diktatur des Proletariats" eingeführt werden sollte, und konnte den Zwangszustand nie überwinden, war also, wenn Zwang typischerweise "rechts" anzusiedeln ist, letztlich eine "rechte", faschistische, das Individuum gewaltsam sozialisierende Ordnung.

Wenn wir davon ausgehen, dass Freiheit für den Einzelnen und für die Nation wünschenswert ist, dann dürfte es sich stets nur um ein praktisch erreichbares, in gewissen Schranken optimales Maß an Freiheit handeln. Es wäre optimal-praktikable Freiheit innerhalb eines friedlichen Zusammenlebens, einer wohlgeordneten Zusammenarbeit im Inneren wie auch nach außen hin, und Freiheit bei beständiger Wachsamkeit gegenüber extremistischen Strömungen. Es wäre auch im Idealfall eine Freiheit, die sich ihrer eigenen Grenzen bewusst ist und die ein gesundes Misstrauen gegen alle Übertreibungen in Form von Forderungen nach "totaler Freiheit" bewahrt. Denn alles, was im Herzen totalitär und intolerant auftritt, selbst wenn es im Namen der Freiheit geschieht, gefährdet und reduziert in Wirklichkeit die Freiheit der eigenen Anhänger und schließlich der ganzen Gesellschaft, driftet also in unserem neuen Begriffsspektrum in Richtung "unfrei" ab.

Eigentlich sollten waschechte Liberale und vom Konzept her die "freien Demokraten" vermutlich das Höchstmaß an derzeit erhältlicher Freiheit verkörpern, aber nur, wenn sie immer noch wirklich "frei" und "demokratisch" denken und handeln würden. Man hat zur Unterscheidung den Begriff "neoliberal" geprägt, um kritisch zum Ausdruck zu bringen, dass während der letzten zehn bis fünfzehn Jahre aufgrund gewissenlos ausufernder Spekulation mit völlig abstrakten Derivaten (unbegreiflichen, blutsaugerischen "Wertpapieren") der Kapitalismus völlig ad absurdum geführt worden ist. Nämlich in die Extreme der Zinsknechtschaft hinein, wo jetzt die gesamte Weltbevölkerung durch Steuern und Zinsen ausgeblutet wird, bis das ganze System zusammenbricht, nur um den unsäglich kriminellen Leuten, die bislang mit nichtexistenten Billionen jongliert haben, als Abschiedsgeschenk für ihren wahnsinnig destruktiven Beitrag zur Weltwirtschaft noch hunderte Milliarden Abfindung auszuhändigen, damit sie sich irgendwo in Venezuela oder Hongkong bis an ihr Lebensende luxuriös vergnügen können. Die "Neoliberalen" in Politik und Wirtschaft, in der Tat die großen Volksparteien, haben diese Entwicklung begünstigt und getragen und niemals deutlich beim Namen genannt. Erst jetzt hört man gelegentlich wieder das Zauberwort "Trennbankensystem", in den USA bekannt als "Glass-Steagall Act", eine Form der Absicherung, bei der das Spekulationsgeschäft vom normalen Bankengeschäft streng zu trennen ist; so war es gewesen, bis unter dem Groooßen Bill Clinton die Trennbankenregelung abgeschafft wurde, was bald die scheußlichste, heute offen sichtbare Entartung des Kapitalismus einleitete.

So entartet die Freiheit des Kapitalismus letztlich zur Unfreiheit, weil wir alle zahlen müssen, bis wir nicht einmal mehr die Zinsen finanzieren können, und dann ist Schluss der Vorstellung, und in großer allgemeiner Not ließe sich vermutlich eine weltumspannende Finanzdiktatur oder gar politische Diktatur errichten. Das Spektrum rückt also nicht von "links" nach "rechts" und auch nicht von "rechts" nach "links", sondern von "frei" zu "unfrei".

Auch "Entartung" darf man ja angeblich nicht sagen, darüber gab es große Aufregung bei Anne Will. (Die Anne konnte nichts dafür, aber einige der anderen ...) Was ist Entartung? Entartet ist definitionsgemäß das, was aus der Art geschlagen ist, was seinen eigenen guten Charakter eingebüßt hat, was degeneriert, krankhaft ausgebildet oder rückgebildet ist. Kann man ein deutsches Wort bitteschön in seiner deutschen Bedeutung benutzen, solange man klar und deutlich sagt, worauf man es bezieht? Ja? Oder gebietet die Demokratie (!), dass statt offener Diskussion ein jeder, der in Worten argumentiert, niedergeschrieen werden muss, weil zu einem früheren Zeitpunkt ein anderer in einem anderen Kontext und mit einem anderen, falschen Bezug dasselbe Wort benutzt hat? Verlieren wir auf diese Weise nicht letztlich unser Recht, die deutsche Sprache gemäß ihren gewachsenen Definitionen zu benutzen? Und was ist "demokratisch" daran, dass jemand Wörter wie rote Tücher benutzt, um anderen das Wort abzuschneiden, jedoch die roten und braunen Tücher nicht sehen kann, die ihn wirklich zudecken und das Ende seiner Freiheit bedeuten? Wie kann er davon erfahren, wenn er sich abblockt?

Der Kapitalismus ist entartet, d.h. er verliert seine ursprünglichen, wesensmäßigen Vorzüge und Vorteile der konstruktiven Investition in die Volkswirtschaft, wenn er schamlos und weltweit zur billionenfachen Ausbeutung mithilfe extrem fragwürdiger und abstrakter Finanzinstrumente ausgenutzt und rücksichtslos pervertiert wird. Wir sehen doch die Ergebnisse ganz deutlich. Und das System der parlamentarischen Demokratie ist entartet, wenn, wie AfD-Sprecher Bernd Lucke richtig aufzeigte, die Demokratie (die auf einem besonnenen, gut informierten Abstimmungsverfahren basiert) praktisch über Bord geworfen wird, indem man eine mehrere hundert Seiten umfassende Gesetzesvorlage, die über Verpflichtungen zur Zahlung von hunderten Milliarden Euro entscheidet, innerhalb weniger Tage im Bundestag durchdrückt, verzweifelt, übereilt und eigentlich ganz wahnsinnig, ohne dass die Abgeordneten überhaupt die Chance erhalten, sich gründlich mit der Materie zu beschäftigen und die Sache ruhig durchzuprüfen und auszudiskutieren.

Hier wurde also der Begriff einer Entartung völlig richtig benutzt, nämlich angesichts eines gewaltigen Werteverlustes und einer furchtbaren WERTSCHRÖPFUNG statt Wertschöpfung.

Dies wäre in einem neuen, besser verständlichen Spektrum politischer Meinungen und Bewegungen als Ausdruck einer extremen Unfreiheit zu verstehen, wohingegen die Einwände der Linken und der AfD in diesem Falle ganz sicher im Freiheitsspektrum eher bei "frei" als bei "unfrei" anzusiedeln sind. Allerdings werden die Menschen bei Anwendung sozialistischen Gedankenguts nur bis zu einem bestimmten Punkt "freier" und auf die Dauer natürlich ganz "unfrei", wenn sie immer mehr auf immer höhere Sozialleistungen angewiesen sind und in die allgemeine Kargheit hineingeraten, die aus der Unterdrückung unternehmerischer Initiative hervorgeht. An diesen Widersprüchen muss gearbeitet werden, und das "freieste" Ergebnis erzielt man wohl meistens in einem ausgesprochen moderaten, aber wachsamen Bereich. Wir dürfen jedoch meines Erachtens nicht blindlings immer wieder Parteien wählen, die uns wie blökende Schafe systematisch in eine katastrophale gemeinschaftliche und persönliche Verschuldung hineinsteuern.

(Dazu noch einige weitere Notizen unter separater Adresse)

 

Ein rotes Tuch – der Begriff der Entartung

29. September 2013: Goethe lässt seinen Mephistopheles sarkastisch sagen: "Im Ganzen - haltet euch an Worte! Dann geht ihr durch die sichre Pforte zum Tempel der Gewissheit ein." Sehr sarkastisch!

Offenbar gibt es im menschlichen Verstand eine Fehlzündung, die auf eine Reizeingabe, insbesondere ein von früher her belastetes Wort, mit blinden Protest- oder Jubelmechanismen reagiert.

Siehe das Gekreisch über den Begriff der "Entartung", den Bernd Lucke definitionsgemäß korrekt auf eine Situation anwandte, in der die Demokratie mit Füßen getreten und das parlamentarische System eigentlich ausgehebelt wurde. Er wollte damit sagen: Ich bin für die Demokratie und für das parlamentarische System, und ich bin dagegen, wenn das Parlament zum Abnick-Verein für tollkühne Gesetze degeneriert, mit denen wir Hunderte von Milliarden Euro versprechen, ohne dass man Zeit hatte, Hunderte von Seiten Text dieser Gesetzesvorlage überhaupt durchzustudieren und auszudiskutieren.

Mit dieser Einschätzung bin ich ganz auf seiner Seite. Es ist ja im Übrigen auch skandalös und zeugt von entarteten (in Richtung Diktatur zurückgebildeten) politischen Verhältnissen, dass bei der Euro-Einführung, einer sehr einschneidenden Abgabe von Souveränität, die Bevölkerung als eigentlicher Souverän überhaupt nicht befragt wurde.

Andererseits zeigt sich wieder einmal, dass Wörter in manchen Fällen nicht verstandesmäßig kühl entsprechend ihrer Definition aufgefasst, sondern heißblütig-idiotisch und rein emotional aufgrund schmerzhafter oder schuldbeladener Verknüpfungen aus jüngerer oder fernster Vergangenheit interpretiert werden. Das geht dann zack-zack, nach dem Reiz-Reaktions-Prinzip und unter Ausschaltung des normalen Denkvermögens. Die Diskussion wird augenblicklich fehlgeleitet und erschöpft sich in Aspekten, die mit der eigentlichen Problematik nichts zu tun haben. Das ist ein Ablenkungsmanöver der Gegenseite oder auch ein sozusagen "neutraler", weil unbewusst ausgelöster Vorgang.

Insofern ist es natürlich ratsam, lieber mit Wörtern zu kommunizieren, deren irrationale Reizwirkung sich in Grenzen hält. Mit anderen Worten, die Reaktion des Zuhörers ist wesentlicher Teil des Kommunikationsvorgangs und müsste von einem geschulten Redner und Intellektuellen intelligent vorhergesagt und ins Formulierungsprogramm einbezogen werden. Wörter haben eine explizite (ausdrückliche) Hauptbedeutung und eine Beibedeutung (oder implizierte Nebenbedeutung und Nebentöne, Oberklänge, Hintergründe): Es schwingen unweigerlich Gefühle und schlecht verarbeitete Erinnerungen dabei mit. Wie eine Botschaft aufgenommen werden wird, sollte vordringlich im Interesse des Redners oder Schreibers liegen, nicht so sehr die eigene Eitelkeit, toll formuliert oder aufwühlend provoziert zu haben.

Oder wieso reden wir überhaupt?

Wenn Sie dem tatsächlich relativ entarteten Begriff der "Entartung" nachgehen wollen, schauen Sie am besten mal bei Friedrich Nietzsche nach, "Der Wille zur Macht III", Abschnitt 333. Da befinden wir uns sozusagen auf halbem Wege zur 666; jedenfalls ist der Abschnitt in meiner uralten Nietzsche-Ausgabe als "333" nummeriert, und zwar in dem "Werk" Der Wille zur Macht - Versuch einer Umwertung aller Werte, Drittes Buch: "Prinzip einer neuen Wertsetzung"; im Internet erscheint der Text jedoch im Rahmen einer Art Nachlese unter "23[1]". – Sehen wir bei Wikipedia nach, stellen wir fest: "Unter dem Titel Der Wille zur Macht sind seit 1901 diverse, sich teilweise erheblich unterscheidende Kompilationen aus nachgelassenen Aufzeichnungen des Philosophen Friedrich Nietzsche herausgegeben worden. Im deutschen Sprachraum ist meist eine von Elisabeth Förster-Nietzsche und Heinrich Köselitz ('Peter Gast') zuerst 1906 herausgegebene Schrift gemeint, die auch in Nietzsche-Ausgaben aufgenommen und als systematisches 'Hauptwerk' Nietzsches angepriesen wurde." Er hatte allerdings ein Werk unter diesem Titel geplant.

Also gibt es ursprünglich kein Werk von Nietzsche namens Der Wille zur Macht. Dessen ungeachtet werden Ihnen bei diesen Zitaten die Haare zu Berge stehen, denn da hat Nietzsche ausdrücklich die Erbgesundheits-, Kastrations- und Euthanasie-Politik vorgezeichnet, die sich bei den deutschen Nazis und auch in anderen Ländern (z.B. USA, Dänemark usw.) bald ausbreiten sollte wie ein Lauffeuer. In Abschnitt 334 verherrlicht Nietzsche dann sogar ganz unverhohlen den Verbrecher als eine Art gesunden Tatmenschen, außer wenn der Verbrecher "zur Rasse des Verbrechertums" gehört. Unfassbar. Es ist erstaunlich, dass diese Verirrungen, die den Hühnerzüchter Himmler sicher zum Orgasmus treiben konnten, überhaupt noch veröffentlicht werden dürfen, wohl deshalb, weil Nietzsche zur einen Hälfte genial und zur anderen Hälfte komplett wahnsinnig ist, und darum bietet diese Lektüre eine gute, wenn auch nicht für den Schulunterricht geeignete Methode, um seine eigene Denkfähigkeit zu trainieren.

Natürlich hat Hitler (Schreck lass nach, man darf ja wegen der hellen Aufregung auch nicht Hitler sagen, außer man heißt Knopp), wenn dieser Hitler bei einer Beschimpfung der parlamentarischen Demokratie das Wort "Entartung" in den Mund nahm, damit zum Ausdruck bringen wollen, dass seines Erachtens die Demokratie selbst eine Entartung sei und dass man das parlamentarische System über den Haufen werfen solle, was er später zügig tat. Im Gegensatz dazu protestiert die AfD heute gegen eine Situation, in der die Demokratie ausgehebelt wird, und setzt sich für eine der ursprünglichen Absicht entsprechende Verwendung des parlamentarischen Systems ein, nämlich für die repräsentative Demokratie. Die gewählten Volksvertreter müssen sich nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden können, und das geht nicht, wenn gigantische und einschneidende Gesetzesvorlagen im Eiltempo durchgedrückt werden. Mehr Demokratie, nicht weniger, ist die Forderung der AfD. So sieht es, rational betrachtet, jedenfalls aus.

In diesem Sinne ist es eindeutig ein Protest gegen eine wahrlich unerwünschte Form der "Entartung", aber wie wir schon sehen, ist das selbständige Denken allseits eine sehr schwere und unschmackhafte Aufgabe, und ich habe jetzt auch gerade mal keine große Lust dazu, es fortzusetzen. Die Sonne scheint, es ist Sonntag ... man muss noch duschen und will ausgehen ... und überhaupt, wer liest das Ganze? In diesem unscheinbaren Medium, diesem Ozean an mehr oder weniger unzuverlässigen Informationen? Also: Macht, was ihr wollt, aber überlegt euch auch gut, was ihr wollt. Tschau.

19. September 2013: Eine gewisse Marla S. äußerte neulich den Gedanken:

"Ich glaube, Gott weiß noch gar nicht so recht, was er will."

Das leuchtete mir schon unmittelbar ein: Ein funktionierendes Universum mit einigen Quadrilliarden Wesen zu konzipieren, die obendrein ein gehöriges Maß an Willensfreiheit besitzen und ausüben, ist gar nicht so einfach. Das Ergebnis hat doch streckenweise eher Versuchscharakter und muss möglicherweise alle 314 Billionen Jahre abgeblasen, ins Nichts der Ewigen Wonne zurückgesaugt und dann hoffnungsvoll wiederholt werden.

Aber mein schmunzelnder Münchner Korrespondent kommentierte den schönen Marla-Satz so:

"Ich denke eher, sie meint: Gott weiß noch gar nicht so recht, was sie will."

Gelächter! Das eröffnet mindestens drei Interpretationsmöglichkeiten:

a) Gott ist eine Frau, die noch nicht recht weiß, was sie will. Charmanter Seitenhieb auf die feministische Neue Weltordnung. Auch Frau Merkel erweckt diesen Eindruck; trotzdem ahnen wir da irgendwo ein nebulöses, halb unbewusstes Konzept, das dem Blödsinn der männlichen Basta-Mentalität durchaus das Wasser reichen kann.

b) Marla ist eigentlich eine Göttin und weiß noch nicht richtig, was sie will. Sakrileg, aber quasi durchaus möglich. Zumindest im Sinne einer unbewusst agierenden Urheberin des eigenen Schicksals. Wie all wir anderen auch.

c) Marla ist Mensch und Gott ist Gott, aber sie hat sich nie überlegt und ihm nie gesagt, was sie eigentlich will, und deshalb sind die Ergebnisse eher unentschlossen, unspezifisch und vage. Ohne Bestellnummer kein Mondauto.

Oben: Die Rosse des Neptun, von Walter Crane. Vor ein paar Tagen hatte ich das Vergnügen, das Original in der Neuen Pinakothek in München zu bewundern. Gehen Sie da ruhig mal hin – Kunst des 19. Jahrhunderts in berückender Reinkultur.

18. September 2013: Möglicherweise nähere ich mich dem Punkt, wo angesichts des Welt- und Überwelten-Wahnsinns die Müdigkeit siegt, oder genauer gesagt der Wunsch, sich vom Übel abzuschotten und die verbleibenden Kräfte auf notwendige Maßnahmen und erfreuliche Kleinigkeiten in der realen Welt zu konzentrieren. Wer das Übel noch nicht gesehen hat und geflissentlich glaubt, wir hätten es nur mit paranoiden Verschwörungstheoretikern zu tun, nicht aber mit konkreten satanistischen Drahtziehern, dem sei empfohlen, sich die aufschlussreichen Bilder vom Illuminati-Ball bei Marie-Hélène de Rothschild im Gruselschloss Château de Ferrières im Jahre 1972 anzuschauen, sofern das gelingen kann, ohne dass ihm in der Tat übel wird. (Falls nicht mehr erhältlich, siehe den Original-Link bei VigilantCitizen) Diese Exzesse sind nicht mit Surrealismus entschuldbar. Heutige Beispiele für solche abgrundtiefen Tendenzen in der Bewusstseinskontrolle sind wohl Lady Gaga, World War Z (Z für Zombie) und die stetig vorrückende Ballerei nebst Dämonen- und Kinderpornographie im Internet. Was da alles an fickenden Monstern, kriminell ausgenutzten Minderjährigen und ruchlosen Gemetzeln hochpoppt, ist ganz unsäglich, und es springt in ansonsten „legalen“ Bereichen von allen Seiten hervor, ohne überhaupt bestellt und angeklickt zu sein – einfach um die Bevölkerung abzustumpfen und den Internet-Surfer nebenbei zu kriminalisieren, auch wenn er nach solchem Scheiß gar nicht gesucht hat.

Die Okkult-Elite wurde zum geheimen Rothschild-Spektakel 1972 mit einer Einladungskarte in Spiegelschrift einbestellt, was dem üblichen irritierenden Inversions-, d.h. Umkehr-Tick dieser Verdrehungs- und Verzerrungsspezialisten entspricht. Weit sind sie inzwischen gekommen. Das ganze gruselige Repertoire soll, soweit es überhaupt ans Licht der Öffentlichkeit kommt, eine Art religiösen Wahn in der anderen Richtung auslösen, damit niemand nüchtern nachdenkt und so die wirklichen Macht- und Besitzverhältnisse dieser Welt entschlüsseln könnte. Die klumpfüßige Verarsche mit bewusst schwarzreligiösen Motiven ist schlicht und einfach eine Methode der Manipulation. Die Herrschaften belieben, sich über uns lustig zu machen und gleichzeitig ihre eigenen Skrupel, sofern sie noch welche haben, durch Übungen in ritueller Boshaftigkeit abzutöten. Soll ich nun ein Ave Maria empfehlen? Nein. Kommt alle mal runter und besinnt euch auf den gesunden Menschenverstand!

18. September 2013, Nachtrag: Am Ende finde ich es doch ganz passend, das Dilemma des Erkenntnis-Überdrusses und der Darlegungs-Müdigkeit in Sachen Unterdrückungsmatrix durch ein urgewaltiges, archaisches Zitat in biblischer Sprache zu untermalen, nämlich aus den Schriftrollen von Qumran, Teil 3, Loblieder, Seite 108, Danksagung an Gott für die Wunder seiner Schöpfung:

„Diese Dinge weiß ich durch Dein Verständnis, denn Du hast meine Ohren geöffnet für wundervolle Geheimnisse, obwohl ich ein Gefäß aus Lehm bin und mit Wasser geknetet, gegründet auf Scham und eine Quelle von Schmutz, ein Schmelztiegel aus Lasterhaftigkeit und ein Gebäude von Sünden, ein Geist des Irrtums, verderbt, ohne Verständnis und voller Angst vor gerechten Urteilen. Was kann ich sagen, das nicht bekannt ist, und erklären, was nicht gesagt wurde? Alles ist vor Dir für alle Zeiten der Ewigkeit mit der Tinte der Erinnerung eingeschrieben, für die gezählten Jahreszeiten der ewigen Jahre in all ihren festgelegten Zeiten. Nichts ist verborgen, noch existiert irgendetwas getrennt von Deiner Gegenwart. Wie soll ein Mann seine Sünden erklären und wie soll er seine Lasterhaftigkeit verteidigen, und wie kann er Ungerechtigkeit erwidern mit gerechtem Urteil? Du bist der Gott der Erkenntnis, alle gerechten Werke und wahrer Ratschluss gehören Dir; sündiger Dienst und ränkevolle Werke gehören den Menschensöhnen.“ (Michael Wise, Martin Abegg, Jr., Edward Cook, Die Schriftrollen von Qumran, Übersetzung und Kommentar, Hrsg. Prof. Dr. Alfred Läpple, Pattloch Verlag, Augsburg 1997; Titel der amerikanischen Originalausgabe: The Dead Sea Scrolls: A New Translation)

10. September 2013: Das lauteste Säbelrasseln, vom ferngelenkt wirkenden Kriegstrubelpreisträger Obama mal abgesehen, stammt dieser Tage von John Kerry, dem amerikanischen Außenminister, der deutlich und lautstark die vermeintliche Befugnis des Präsidenten betonte, auch ohne Zustimmung des Kongresses kriegerische Handlungen einzuleiten. (Wozu wird der Kongress dann überhaupt gefragt?) Man muss erneut darauf hinweisen, dass dieser unsägliche Mr. Kerry ein Totenschädel ist: ein Mitglied des Yale-Geheimbundes Skull and Bones. Bei der US-Präsidentschaftswahl 2004 trat er gegen George W. Bush an – ebenfalls Totenschädel. Damals konnte folglich nur ein Totenschädel die Wahl gewinnen. Wir erkennen auch keine großen Unterschiede zwischen George W. und John Kerry. Siehe meine früheren Notizen über Skull and Bones.

 

Die Unlust beim TV-Duell

Oder die Matriximmanenz der begrenzten Auswahl

1. September 2013: Im Grunde ist es ja eine amerikanische Marotte, kurz vor der Wahl so ein „TV-Duell“ der zwei großen Kandidaten zu veranstalten. Die Situation ist allzu sehr ritualisiert, die Kandidaten beginnen angespannt und enden mit einer Art aufgesetzten Zuversicht, und genau wie ich nicht Matriximmanenz sagen sollte, ohne das Risiko einzukalkulieren, dass meine etwaigen, wenn überhaupt vorhandenen Leser wegdösen, bin ich heute bei diesem Merkel-Steinbrück-„Duell“ schlicht und einfach wegen dieser Matriximmanenz einige Male eingenickt, obwohl ich doch so pflichtbewusst angefangen hatte, ihnen zuzuhören.

Herbert Marcuse (1898-1979), ein in Studentenkreisen der Mitt-60er bis Anfang der 70er Jahre sehr beliebter Soziologe, machte die sogenannte Systemimmanenz zum gängigen Begriff. Er wollte damit sagen, dass in einem bestehenden Gesellschaftssystem eigentlich nur Phänomene auftreten können, die in den Rahmen des Systems hineinpassen bzw. ihm innewohnen. Falls eine gesellschaftliche Erscheinung diesen Rahmen zu sprengen scheint, hätte entweder die Duldung dieser Erscheinung eine dem System dienliche Funktion („Funktion“ war damals auch so ein ekelhaftes Allerweltswort), oder aber die Erscheinung würde ziemlich bald ins System integriert, wie man zum Beispiel die freizügigen, originellen Merkmale der Hippie-Bewegung sehr bald mit allerlei Modeartikeln kommerzialisierte. So schreibt Rolf-Ulrich Kunze in Symbiosen, Rituale, Routinen. Technik als Identitätsbestandteil auf Seite 161: „Der unbeschränkte Konsumismus führt nicht in die totale Selbstbestimmung, sondern in neue Zwänge und Pfadabhängigkeiten. Deren zeitgenössische Kritik durch Herbert Marcuse ..., vor allem in seiner Schrift Der eindimensionale Mensch aus dem Jahr 1967, hat an Aktualität seither eher gewonnen als verloren. Der Philosoph und Stichwortgeber der ‚68er‘ brandmarkte in den 1960er Jahren die technologiegestützte Systemimmanenz des konsumabhängigen Lifestyles in der Sprache bürgerrechtlicher Anklage als tendenziell totalitär: ‚Das totalitäre Ganze technologischer Rationalität ist die letzte Umbildung der Idee der Vernunft.‘“ – Sprachlich ist diese Form der Kritik auf jeden Fall hoffnungslos überladen.

Ja, ja, man sieht, dass die menschliche Intelligenz sich im Gedankendschungel zu kringeln und sich in ihren eigenen spiegelfechterischen Angebereien zu verfangen beginnt, bis sie schmerzhaft auf die Nase fällt. Aus ungeduldig revolutionärer Sicht kann diese Denkweise eine Art fickerige Schizophrenie hervorrufen, weil man bald das Gefühl bekommt, es gäbe überhaupt nichts, womit man aus dem „System“ ausbrechen könne. Das ist ein sehr spaßfeindlicher Gedanke und spricht im Übrigen dem Geist jede Wahlfreiheit ab. Folglich begannen viele Leute Drogen zu nehmen, ein trauriger und meist schädlicher, oft gar tödlicher Ausbruchsversuch aus einer hoffnungslos „systemimmanenten“ Welt. Auch Sekten-Traumwelten boten sich als Fluchtweg aus dieser trostlosen materialistischen Systemimmanenz an, führten aber oft unversehens in eine weitaus konkretere, krassere Version von echter mentaler Gefangenschaft. Wahr ist freilich, dass die scheinbare Allgegenwart eines Systems jederzeit sowohl durch spielerische Unbefangenheit als auch durch spirituelle Selbstvergeistigung durchbrochen werden kann. Niemand muss sich kontinuierlich vom bösen, bösen System ins Milchkännchen kacken lassen. Aber die faschistische Anfälligkeit selbst wunderbarster Seelenkameraden erfordert ständige Wachsamkeit.

Heute wird das Gefühl der alles durchdringenden Macht eines schwer durchschaubaren, nahezu unüberwindlichen herrschenden Systems durch den Begriff der Matrix zum Ausdruck gebracht, daher meine Anspielung auf Matriximmanenz. Man kann nicht erkennen, dass irgendeiner der angebotenen Politiker es schafft, effektiv die Schablone zu durchbrechen, den Schleier zu lüften und den oft versprochenen Klartext zu reden. Das geht ja auch kaum, nicht wenn hier jemand ernsthaft an die Macht will. Wir sehen die schöne Sahra Wagenknecht in rechtschaffenem Zorn erglühen, wenn ein abgebrühter Realpolitiker die gigantische Rolle Deutschlands als Rüstungsexporteur verteidigt. Aber sie kommt eben doch nicht dagegen an, obwohl sie als Idealistin vollkommen recht hat. In der Praxis siegen auf diesem Sklavenplaneten die Rüstungsproduzenten im Einvernehmen mit den angeblich herrschenden Politikern. Da geben die realen Machtverhältnisse und die wirtschaftlichen Druckmittel den Ton an. Keiner der Journalisten fragt das Merkel-Steinbrück-Duo nach solchen Sachverhalten, oder war ich da gerade eingenickt?

Natürlich sind auch Sahra & Co. nicht wirklich wählbar, denn über die Provokation hinaus können sie keinen gangbaren Ausweg aus dem Dilemma anbieten. Falsch ist an allen gegenwärtigen politischen Systemen die Belohnung von Nichtproduktion und die Bestrafung von Produktion. Mit anderen Worten die Abzocke durch Banken und Spekulanten genauso wie die Abzocke durch sozialistisches Absahnen, Mega-Besteuerung und Umverteilen ohne Einforderung einer Gegenleistung. Kurz gesagt die Zinsknechtschaft jeder Couleur, egal ob von „links“ oder von „rechts“, aber auch die Situation der Unterbezahlung ehrlich arbeitender Menschen in verschiedenen Formen von Zeitarbeit, ausufernden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen usw. Jedoch würden die Lösungsvorschläge der Linken, 10 Euro Mindestlohn und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (oh, wie schön klingt das nach den Prinzipien einer grundgütigen Mutter- und Liebesgöttin), die Zinsknechtschaft verschärfen, unter der die Völker und die Staaten stöhnen, denn von wem würde die grundgütige Sahra in ihrer bedingungslosen Liebe den ganzen Zaster hernehmen? Zuerst könnte man die Reichen kleinkriegen, aber das hält nicht lange vor; dann müsste man weitere hunderte Milliarden fürs Sozialsystem borgen, und die Bankiers geben das schamlos in den Computer getippte Geld gerne her und verlangen dafür ewige Knechtschaft, bis jeder zweite Steuertaler in den Rachen der Zins-Eintreiber geworfen werden muss und die Inflation unaufhaltsam davongaloppiert. Die Absahner in den Reihen bankrott gehender EU-Mitgliedsländer sind auch nichts anderes als Absahner und somit Verschlimmerer der allgemeinen Zinsknechtschaft, ganz egal ob wir Deutschen uns immer noch schuldig oder moralisch verpflichtet fühlen müssen. So darf natürlich im Fernsehen niemand daherreden, denn das widerspräche dem Kodex, der den Medien von finanzkräftigen Machthabern im In- und Ausland aufdiktiert wird. Ich empfehle auch keinen Faschismus, denn wie wir schon gemerkt haben dürften, ist Hitler nicht die Antwort. Aber Ehre und Anstand wären ganz schön, und normale Tugenden wie Arbeiten, Sparen und Häuslebauen.

Trotz dieser pessimistischen Überlegungen möchte ich ganz pragmatisch empfehlen, sich die nebenstehende Steinbrück-Rede vom 19.8. vor der Karl-Schiller-Stiftung anzuhören, in der sich der Mann sehr intelligent aus dem Fenster lehnt und einige vernünftige Erkenntnisse und Ansätze entwickelt, mehr als in den läppischen Diskussionen mit ihren unfruchtbaren Sanduhr-Beschränkungen je herausgeholt wird. Innerhalb dessen, was er darf, zeigt er hier zumindest mit Bravour, was er kann. Möge er auch künftig mit zickigen Ecken und Kanten gegen die Systemimmanenz verstoßen!

Monkey Girl ...

22. August 2013: Man kann ja viel über Gottesbegriffe und Seelenziele diskutieren, was ich sicher auch weiterhin tun werde, aber manchmal präsentiert sich das Göttliche am besten im Irdischen, und noch dazu mit sprühender Lebendigkeit. Es geht doch nichts über so einen echten, neckischen Hautkontakt und eine unver-fälschte Teenager-Ekstase. Bei allem Respekt! Mädchen mit Affe.

Mein Münchner Korrespondent sagt dazu:

„Die Lady ist klasse. Ich stell mir bloß gerade vor, wie das ist, wenn der Affe pieseln muss – die haben nämlich keine Muskulatur, um das zu steuern, sondern lassen's einfach raus, wenn's das braucht. Ist auch nicht nötig, denn wenn man meist auf den Bäumen rumhüpft, kann man's ja kullern lassen. Hab mal für 1 1/2 Jahre engen Kontakt zum Münchner Tierheim gehabt und regelmäßig entlaufene bzw. entlassene Hunde abgeliefert und da gab's auch eine Dame, die hatte 3 Affen, die haben ihr regelmäßig die Schultern durchnässt. Der Kontakt zu ihr auf dem Gang war immer ein bemerkenswerter – Du kannst Dich gegen Gerüche kaum wehren. Zumindest hatte ich damals nicht Luftfilter mit fünffacher Kohlesättigung dabei so wie jetzt bei einem Kunden.“

Das Fest des Höchsten Wesens

Fest des Höchsten Wesens (Fête de l’Etre suprême au Champ de Mars) am 8. Juni 1794, von Pierre-Antoine Demachy

13. August 2013: Aus den Wirren der Französischen Revolution (ich zitiere mal ganz simpel aus Wikipedia, weil es mir hier nur um den Hinweis auf ein konkretes historisches Ereignis und um eine selten besprochene geistesgeschichtliche Facette des Gottesbegriffes geht, nämlich die Formulierung „Höchstes Wesen“):

<Mit dem 1794 eingerichteten Kult des höchsten Wesens verband sich die Zurückweisung des Atheismus und der Grundsatz der Religionsfreiheit. Er selbst [der neue Kult] basierte auf dem Deismus, d. h. der Überzeugung vom Dasein eines höchsten, überweltlichen, persönlichen Wesens, das die Welt erschaffen hat, und erkannte die Unsterblichkeit der Seele an. Allerdings trug er den Charakter einer gesellschaftlich-politischen Rahmenspiritualität, die nicht in förmliche Konkurrenz zu Katholizismus, Protestantismus oder Judentum trat und diese vielmehr umfassen bzw. ihnen einen zivilreligiösen Ausdruck geben und sie mit der Zeit obsolet werden lassen sollte; die Natur des höchsten Wesens wurde weder definiert, noch gab es eine religiöse Dogmatik. Die diesseitigen Aspekte blieben im Vordergrund: Als Kulthandlungen wurde die Ausübung der Bürgerpflichten verstanden, vorgesehen war, dass zusammen mit dem höchsten Wesen auch stets die Natur gefeiert würde. Noch heute findet sich der Begriff des höchsten Wesens in der Freimaurerei. ...

Am 8. Juni 1794 weihte ein von Jacques-Louis David minutiös geplantes „Fest des Höchsten Wesens“ in Paris den neuen Kult feierlich ein. Robespierre persönlich spielte die zentrale Rolle in diesem Ereignis. In den Tuilerien sprach er erst zum Volk und entzündete dann einen Scheiterhaufen, worauf eine Statue des Atheismus verbrannte und aus seinem Inneren das Standbild der Weisheit freigab. Der zweite, rein musikalische und religiöse Teil des Fests fand dann auf dem Marsfeld statt, wo ein künstlicher Berg mit einem Freiheitsbaum und einer Statue des höchsten Wesens auf einer Säule aufgebaut worden waren und das Volk einen Eid sprach.

Der Kult wie insbesondere der Festakt stießen auf beträchtliche Ablehnung und wurden Robespierre als Selbstübersteigerung und Abkehr von seiner sprichwörtlichen „Unbestechlichkeit“ vorgeworfen. Jedoch nahmen Teile der Provinzbevölkerung, insbesondere im Südosten und Westen Frankreichs, den neuen Kult auch an. Nicht überraschend führte der Nationalkonvent den Kult nach dem Sturz Robespierres am 27./28. Juli 1794 (9. Thermidor) nicht mehr fort und beschloss am 18. September die Trennung von Kirche und Staat samt Aufhebung aller Unterstützungsleistungen für jedwede Geistlichkeit.> (Wikipedia)

SCHULDENWIRTSCHAFT

Der Pleiteplanet am Beispiel Japan

10. August 2013: Die japanische Schuldenbombe hat eine Höhe von 1 Billiarde Yen erreicht – das entspricht etwa 10,5 Billionen US-Dollar. Und nein, das wird die japanische Regierung nie und nimmer zurückzahlen können (was ja im globalen Ausbeutungs-, Aussaugungs- und Vampirismus-System eh nicht vorgesehen ist). Aber kann sie die Zinsen noch bezahlen, um ihre eigene ewige Knechtschaft fortsetzen zu dürfen? Das ist der Knackpunkt der finanziellen Spielregeln. Solange dein Unternehmen oder dein Staat in alle Ewigkeit gigantische Zinsen zahlt und artig versklavt bleibt, auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung, kann es lustig oder unlustig so weitergehen. Aber die japanische Staatsverschuldung beträgt inzwischen unglaubliche 247 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die höchste relative Schuldenrate unter allen Staaten der Welt.

Gegenwärtig fließen etwa 50 Prozent aller Steuereinkünfte der japanischen Zentralregierung in den Schuldendienst, also hauptsächlich in die Zahlung von Zinsen, theoretisch auch in die etwaige Tilgung. Von einer effektiven Tilgung kann jedoch angesichts des offensichtlichen Schulden­anstiegs keine Rede sein. Alle Verbindlichkeiten, die hier und da getilgt werden, weil sie fällig wurden, können im Endeffekt nur durch weitere, voraussichtlich teurere Anleihen gedeckt werden. Somit wird derzeit etwa die Hälfte der Steuergelder, die man aus der japanischen Bevölkerung heraussaugt, den Gläubigern in Form von Zinsen in den Rachen geschoben.

Da bahnt sich freilich eine Katastrophe an. Entweder Staatskonkurs oder höllische Inflation. Man entscheidet sich derzeit für die Inflation. Die japanische Zentralbank Nippon Ginko oder kurz Nichigin (Bank of Japan), die sich teilweise in Privatbesitz befindet, plant über die nächsten zwei Jahre 60-70 Billionen Yen pro Jahr aus dem Hut zu zaubern – aus der dünnen Luft –, um mit diesem fiktiven Geld japanische Staatsanleihen zu kaufen. Diese Geld-Erschaffungskünstler tippen den astronomischen Betrag also zum größten Teil einfach schamlos in den Computer ein und überweisen das fiktive Geld an den Staat, woraufhin sie einen Stapel Zettel erhalten, auf dem im Wesentlichen geschrieben steht: Wir schulden euch. Somit darf die Regierung dann zusätzliche Zinsen zahlen – für das erfundene Geld. So soll binnen 2 Jahren die monetäre Basis ungefähr verdoppelt werden. (Die „monetäre Basis“ ist die Notenbank- oder Zentralbankgeldmenge, gebildet durch den Noten- und Münzenumlauf sowie die Giroguthaben von Handel, Industrie und Banken bei der Zentralbank.) Man setzt bewusst auf Inflation und erhofft sich davon sogar noch den üblichen Vorteil für die japanische Exportwirtschaft. Jedoch wurde hiermit das größte Quantitative-Easing-Experiment einer größeren Industrienation seit den Tagen der Weimarer Republik eingeleitet. („Quantitative Easing“, QE, quantitative Lockerung oder auch monetäre Lockerung, nennt man laut Wikipedia die Geldpolitik einer Zentralbank, die zum Einsatz kommt, wenn der Zinssatz der Zentralbank bereits auf null oder fast auf null gesetzt wurde und weiterhin eine expansive Geldpolitik angesagt ist. In diesem Fall kauft die Zentralbank Anleihen, private oder Staatsanleihen, um weiterhin die Wirtschaft und den jeweiligen Staat mit mehr Geld zu versorgen. Im Ergebnis nehmen die Aktiva der Zentralbanken zu.)

Diese Maßnahmen sind von Verzweiflung geprägt, denn die japanische Schuldenbombe könnte durchaus die weltweiten Finanzmärkte zum Absturz bringen. Man sucht nach einem möglichst schmerzlosen Ausweg ... aber wie lange noch? Die groteske „quantitative Lockerung“ wird nur dann funktionieren, wenn die Investoren, die japanische Staatsanleihen kaufen, sich extrem irrational verhalten. Gigantische Geldmengen wurden bisher zu superniedrigen Zinsen geborgt. Sobald die Zinsen jedoch auf realistische Werte ansteigen, bricht das System zusammen. Gegenwärtig liefern zehnjährige japanische Staatsanleihen einen absurd niedrigen Ertrag von 0,76 %. Und trotz dieser lächerlich niedrigen Zinssätze muss die japanische Zentralregierung etwa die Hälfte aller Steuereinkünfte für den Schuldendienst aufbringen. Wenn nun obendrein die Kaufkraft des Yen in den nächsten zwei Jahren auf die Hälfte zurückgehen könnte, wie blöd müssten die Investoren sein, um der Regierung für weniger als 1 Prozent Zinsen weiterhin Geld zu borgen? Doch andererseits würde die Zahlungsfähigkeit des japanischen Staates schon vollends zusammenbrechen, wenn der Zinssatz nur um 1 Prozentpunkt ansteigt. Die allermeisten Investoren würden dann schnellstens die Flucht ergreifen. Vielleicht herrscht da bislang eine uralte Stammes-Solidarität und moralische Verpflichtung gegenüber der Obrigkeit? Aber irgendwann ist Schluss. Und dann gnade Gott auch all uns anderen.

Denn es gibt keinen ausgleichenden, gut funktionierenden Motor der Weltwirtschaft mehr. Die Probleme der USA und der EU sind bekannt; auch China holt uns da nicht heraus, denn auch dort nimmt die Schuldenwirtschaft längst überhand, und zwar in Form von Privatschulden: das größte Problem ist in China die atemberaubende Verschuldungsexplosion in der Privatwirtschaft. Seit 2008 sind die privaten Kredite in China von 9 Billionen Dollar auf 23 Billionen Dollar angestiegen. Dieser Anstieg entspricht ungefähr dem gesamten kommerziellen Banksystem der USA, und die Gesamtsumme entspricht dem ACHTFACHEN der deutschen Staatsverschuldung, die ja inzwischen ca. 2,2 Billionen Euro beträgt und auch kein Pappenstiel ist.

Kein Schwein kann das alles bezahlen, und diesmal gibt es keine anderen, noch gesunden Volkswirtschaften, die in der Lage wären, die gescheiterten wieder hochzuziehen. Russland steht derzeit relativ gut da, wird sich aber erstens um seinen eigenen Kram kümmern und zweitens im Fall einer gravierenden weltweiten Rezession auf seinen Rohstoffen sitzen bleiben. Den Rest können Sie sich leicht ausrechnen. Seien Sie am besten selbst nicht verschuldet, setzen Sie, falls Sie Überschuss haben, eher auf Realeigentum und konkrete, unentbehrliche Produktionsmittel, und vermeiden Sie all diese „Blasen“, hinter denen keine wirkliche Wertschöpfung als Absicherung besteht. – Was auch nicht schaden könnte, wären ein paar Vorräte für mehrere turbulente Wochen, bis die Menschen sich im Fall des Falles neue Formen der Tauschwirtschaft oder andere praktische Lösungen ausgedacht und sich halbwegs wieder zusammengerauft haben.

― Eckehard Junge, 10. August 2013

(Als Informationsquelle diente vor allem der Artikel

A Quadrillion Yen and Counting von Michael Snyder.)

 

Und es ist nicht etwa so, als hätte man diese Entwicklung vor 12 Jahren nicht kommen sehen. Das Ausmaß übersteigt die übelsten Albträume der damaligen Analysten, aber in der Tat schrieb DIE WELT am 26. Februar 2001 Folgendes:

„Reichtum schützt nicht vor Schulden. Diese Erfahrung musste in den vergangenen zehn Jahren Japan machen, das immer wieder versuchte, auf Kosten neuer Staatsdefizite die Konjunktur in Schwung zu bringen. Ein stabiles und selbst tragendes Wachstum ist immer noch nicht in Sicht, die Gesamtschulden der öffentlichen Hand sind indes auf ein Rekordniveau angeschwollen: 134 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Für die US-Bewertungsgesellschaft Standard & Poor's (S&P) ist diese Entwicklung einer von drei Gründen, ihre Bonitätsbewertung für japanische Staatsanleihen zu reduzieren: Von "AAA auf AA+". Die Anleihen der zweitgrößten Volkswirtschaft haben die Bestnote verloren. Unter den führenden Industrienationen (G 7) haben nur noch die Titel Italiens eine schlechtere Bewertung. • Der Verlust der Bestnote setze abermals Zeichen für die Regierung, hieß es unter Börsenanalysten in Tokio, wo auf eine schnellere Deregulierung und einen schnelleren Schuldenabbau in der Finanzindustrie gehofft wird. Wolle der Staat jedoch nicht jegliche Erholungs­tendenz zunichte machen, könne er sich von seiner Ausgabenpolitik nur langsam verabschieden, bemerkte S&P. Bis zur Mitte dieser Dekade werde die japanische Staatsverschuldung bis auf 165 Prozent des BIP steigen, sagt die Agentur voraus. Es klingt fast absurd: Eines der reichsten Länder der Welt, macht über die Maßen Schulden. Der Staat steckt tief in den roten Zahlen. Die Japaner hingegen verweigern den Konsum, sparen - vielleicht für noch schlechtere Zeiten. Etwa 30 Prozent der weltweiten Sparguthaben sind japanische.“ (DIE WELT, 26. Februar 2001)

Roshaniya

7. August 2013: Mein Verstand wird hin- und hergezerrt durch aufblitzende Studienobjekte aus ferner Vergangenheit und dazwischen schießende aktuelle Ungeheuerlichkeiten der Zeitgeschichte. Es ist nicht ganz klar, ob sich aus dieser Wechselwirkung irgendwas Vernünftiges ergibt. Spannend bleibt es allemal.

Interessant ist auf jeden Fall eine kleine Nachforschung zum Thema Roshaniya. Hatte ich nie gehört. Plötzlich taucht der Name dieser eigenwilligen afghanischen Bewegung des 16. Jahrhunderts in Sylvia Browne's Buch Geheimgesellschaften auf. (Bei diesem Thema kann jeder noch selbst ein bisschen weiterforschen, oder ich komme später darauf zurück, wenn nicht gerade die Steuererklärung und andere profane Aufgaben nebst Sommerhitze meine Energie abzwacken. Hier nur das Wesentlichste.)

Konfuserweise wird Roshaniya (oder Roshaniyya), nur weil es wörtlich auch „die Erleuchteten“ bedeutet, mit den Bayerischen Illuminaten assoziiert, obwohl Weishaupt seinen Verein in Bayern erst 1776, d.h. 40 Jahre nach dem Tod des letzten Roshaniya-Anführers gründete und sich mit einem ganz anderen Programm unter völlig anderen historischen Bedingungen befasste; irgendeine vage Ideenverwandtschaft, oder dass verschiedene Bewegungen z.B. die Freiheit auf ihre Fahnen schreiben, kann nur für sehr nebelhafte Gemüter den Verdacht begründen, es liege eine Kontinuität oder gar Identität gesellschaftlicher Bewegungen vor. (Das gilt auch für die oft beschworene Kontinuität der Illuminaten von den Bayern des 18. bis ins globale 21. Jahrhundert.)

Jedenfalls gab es in den Bergen Afghanistans einen gewissen Pir Roshan (links), auch bekannt als Pir Rokhan oder Bayezid Ansari bzw. Bayazid Khan, 1525 geboren in der indischen Region Pandschab (Punjab). Er war ein paschtunischer Krieger, Dichter und Intellektueller vom Stamme Barak/Urmar (heute Burki) und schrieb auf Paschto, Persisch und Arabisch. Bekannt wurde er als Denker mit starken Sufi-Einschlägen, radikal für seine Zeit und ungewöhnlich für die Region. Revolutionär war zum Beispiel sein Eintreten für Bildung und Gleichberechtigung der Frauen. Er sprach davon, dass der Mensch sich von seiner selbstverschuldeten Unwissenheit und von der Tyrannei erblicher Herrscher bzw. Despoten befreien solle. Die Zielvorgabe war, dass die ganze Menschheit von den Fesseln der Intoleranz befreit werden und jedem, auch Frauen, der Zugang zum Wissen offenstehen solle.

Seine Botschaft wurde später natürlich dämonisiert und verzerrt, um den Status quo zu erhalten. Es ist auch gut denkbar, dass einige seiner Ideen bis an europäische Universitäten gelangten, aber das war's dann wohl. Der Grundimpuls der Freiheit ist hüben wie drüben der gleiche: Alle Menschen sind mit gleichen Rechten geschaffen, jeder soll seinen eigenen Weg wählen dürfen und seine Überzeugungen möglichst selbst entwickeln können. Das macht die Roshaniya nicht zu „Vorläufern“ der Bayerischen Illuminaten. Hier muss man doch gründlich differenzieren.

Pir Roshan behauptete, seine Vorfahren hätten Mohammed nach seiner Flucht aus Mekka unterstützt, und deshalb sei ihm der Zugang zu den Mysterien der ismaelitischen Religion gewährt worden. (Die Ismaeliten, Ismailiten oder Siebener-Schiiten sind eine islamische Konfession mit ca. 18 Millionen Anhängern, die als extremste Richtung der Schiiten gelten; abgespalten im Jahre 765 bei einem Nachfolgestreit anlässlich des Todes des sechsten schiitischen Imams. Die Ismaeliten vertraten Geheimlehren, über die jedoch wenig bekannt ist.) Pir Roshans Einweihung in die Mysterien soll nach seinen Angaben eine geheime Ausbildung eingeschlossen haben, die auf die Zeit zurückging, „als Abraham den Tempel von Mekka wieder aufbaute“.

Pir Roshan glaubte nicht an göttliche Konsequenzen, verwarf die Idee einer Belohnung oder Bestrafung im Jenseits und untermauerte die Machtziele der Roshaniya mit Prinzipien von der Sorte: „Werde mächtig, kümmere dich um dich selbst“; „Nur dem Orden gegenüber bist du zur Treue verpflichtet“; und: „Alle Menschen, die sich nicht durch unser geheimes Zeichen ausweisen können, betrachten wir als unsere legitime Beute.“

Diese Attitüde ist natürlich typisch für alle Vereine, die sich von Gott entfernt haben und eine Umwertung aller Werte anstreben, indem sie dem Einzelnen die totale Macht zuweisen und scheinbar alle Beschränkungen aufheben, dann jedoch eine neue, NOCH ÜBLERE Unfreiheit errichten, indem sie die totale Unterwerfung unter den neuen Revolutions- oder Erlösungsverein fordern. Übler insofern, als halbwegs wohlwollende weltliche und geistliche Führer den Menschen in Wirklichkeit größere Bewegungsfreiheit gewähren, als eine derartige Sekte oder verschworene politische Gemeinschaft je dulden könnte, und auch weil die Trennung „WIR gegen die ANDEREN“ sehr bald das Denken beherrscht und im Lichte der eigenen historischen Wichtigkeit zur Rechtfertigung von Rücksichtslosigkeit benutzt wird. Ich weiß nicht, ob es so kommen muss, aber meistens kommt es so.

Die Roshaniya erhielt zu Lebzeiten ihres Gründers viel Unterstützung durch gut betuchte Anhänger und konnte damit nicht nur ihre Schule, sondern auch ein teures, effizientes militärisches und politisches Spionagesystem finanzieren, das Pir Roshan selbst leitete. Na, dann prost! Wahrhaftig ein Stoff, aus dem noch höchst interessante Geschichten hervorgekitzelt werden können.
 

4. August 2013: Merkwürdig ist, dass Menschen, die frei sein wollen, sich tatsächlich Organisations­formen und Reglements unterwerfen, durch die sie viel strengeren Überwachungs- und Kontrollmethoden ausgesetzt sind als zuvor. Das gilt nicht nur im Bereich fanatischer religiöser Gruppierungen (dort sowieso), sondern offensichtlich auch für die ganze „freie Welt“, die sich von ein paar Terroristen und regierenden Schrecklichkeits-Propagandisten so sehr hat einschüchtern lassen, dass immer krassere, massivere, gründlichere Lauschangriffe auf breitester Front und immer mehr Unsicherheitsmaßnahmen, Einschränkungen und Identifizierungsmethoden akzeptiert werden, ganz zu schweigen von den sinnlosen militärischen Interventionen und feigen Drohneneinsätzen. Gleichzeitig beschleunigen die Kosten dieses Tohuwabohus, das die Reihen der glühäugigen Rumpelstilzchen de facto weiter anschwellen lässt, den kaum noch umkehrbaren Untergang ganzer Staatshaushalte. Wenn die Feinde der Freiheit unser ihnen so verhasstes demokra­tisches und rechtsstaatliches System zu Fall bringen wollten, dann können sie sich kringelig lachen, wie gründlich wir ihnen nach ein paar vereinzelten Massakern nun flächendeckend die Arbeit abnehmen. Saublöd.

Überwachung, Enteignung und staatliche Aufrüstung

2.-4. August 2013: Wir sind uns nicht ganz sicher, ob wir die Tragweite der Ungeheuerlichkeiten, die uns täglich schamlos vorgeknallt werden, überhaupt richtig erfassen können. Da wäre zum Beispiel die totalitäre Frechheit der Überwachungsspezialisten. Oder die rätselhafte Unterstützung arabischer und vorderasiatischer Rebellen, die oft zum Lager der Islamisten gehören, durch den närrischen Westen. In dieser Weltgegend haben die USA und ihre Koalition der Willigen inzwischen so viel „Gutes“ getan, dass am kommenden Sonntag (4. August) in 14 überwiegend muslimischen, dankbaren Staaten wegen Erkenntnissen über einen geplanten Terror-Anschlag die US-Botschaften geschlossen bleiben. [Nachtrag: Nach dem Stand vom 4. August wurde die Schließung für 19 US-Botschaften nunmehr auf eine ganze Woche verlängert, alles weil durch Abhöraktionen äußerst brisante Gespräche zwischen hochrangigen Al-Qaeda-Mitgliedern auf der arabischen Halbinsel registriert worden waren, die auf besonders heftige Anschlagspläne hindeuten. Das kommt natürlich sehr passend, nachdem die Abhöraktionen aktuell unter Beschuss geraten waren.] Wir wundern uns auch über die nahezu religiöse Liebe vieler Amerikaner zu massenmordfähigen Schusswaffen (oh Baby!), begleitet von einer eskalierenden Aufrüstung der US-Polizei und anderer Behörden. (Schusswaffen sind Geräte, um Löcher in menschliche Körper zu machen, weil es so schön weh tut und weil das Blut ausläuft und ggf. der gruselige Tod eintritt. Wie sagte schon Goethe? Hinüber zu schießen, das wären Possen; würde nur nicht auch wieder herüber geschossen!) Und wie setzt sich nun die willkürliche Beschlagnahme von Bankeinlagen fort? Nach letzter „Einigung“ sollen nun alle Inhaber von Guthaben über 100.000 Euro bei der Bank of Cyprus glatte 47,5 Prozent für die Bankenrettung blechen. Da können zwar die Armen sagen, geschieht den Reichen recht, aber das ist sehr kurzsichtig: Es geschieht ihnen nicht recht, sondern der Rechtsstaat wird aufgeweicht, und bald seid ihr alle dran. Zum Thema Bankeinlagen siehe die Seite Deutsche Wirtschafts-Nachrichten. Das Fazit ist: „Der einfache Bank-Kunde kann sich in der gesamten Euro-Zone nicht mehr in Sicherheit wiegen, wenn er sein Geld auf die Bank bringt.“ (EZB bestätigt: Die Bank-Guthaben in Europa sind nicht sicher, vom 30. März 2013; dazu auch Zugriff auf Bank-Einlagen wird konkret, vom 11. April 2013)

So richtig klar und eindeutig sind diese Entscheidungen immer noch nicht, aber Stück für Stück mogelt und schäubelt man sich vorwärts, testet die Schmerzgrenzen, schiebt den Pegel hoch und sucht verzweifelt nach Wegen, um die völlig verfahrene, abstrakte, unproduktive, weder hungernde noch blutende Finanz- und Spekulationsstruktur zu retten (die so nicht zu retten ist), anstatt dafür zu sorgen, dass in der handfesten Produktion (Realwirtschaft) die Menschen für ehrliche Arbeit ehrlich belohnt werden. Da die Reaktion an der Basis letzten Endes absehbar ist, wird der Staat intensive Überlegungen anstellen, wie er bürgerkriegsähnliche Zustände in den Griff bekommen kann. Ängstlich, aber hoffnungslos wird der Staat in den gigantischen Kommunikations-Äther hinaushorchen und „über alle alles wissen“ wollen, um Bedrohungen rechtzeitig ausfindig zu machen, obwohl die Stecknadel in diesem irren Heuhaufen immer schwerer zu finden ist. Der Staat wird sogar mit dem Einsatz von Drohnen über der eigenen Bevölkerung liebäugeln und sich mehr oder weniger unauffällig aufrüsten. Der US-Trend könnte mit einer gewissen Verzögerung auch uns heimsuchen, oder aber es könnte uns gelingen, möglichst entschlossen die Kurve zurück zur Souveränität zu kratzen. Und die meisten Zankäpfel tunlichst zu entsäuern. Regiert die Regierung im Interesse des Volkes oder zugunsten der Banken?

Zurück zur Aufrüstung im amerikanischen Inland. (Ja, grüß Gott, hier kommen die Bullen!) Die Trennlinie zwischen Polizei und Militär vermischt sich. Nicht nur dem Vernehmen nach, sondern ganz konkret: Allein im Jahr 2011 bekamen die Polizeistellen in den USA zusätzliche Ausrüstung von militärischem Charakter im Werte von mehr als 500 Millionen Dollar. Dies geschieht im Zuge der wenig bekannten Regelung 1033 Program, die der Kongress bereits 1997 verabschiedete, um die Polizei im „Krieg gegen Drogen“ und in der Bekämpfung des „Terrorismus“ zu stärken. Dem Wortlaut nach ermöglicht dieses Programm es dem Verteidigungsminister, überschüssige Vorräte und Ausrüstung des Militärs kostenfrei an staatliche und örtliche Vollzugsorgane zu übertragen. Die harmlose Interpretation ist, dass die Polizei dadurch Land-, Luft- und Seefahrzeuge, Waffen, EDV-Geräte, Schutzkleidung, Ausrüstung zum Feststellen von Fingerabdrücken, Nachtsichtgeräte, Funk- und Fernsehgeräte, Erste-Hilfe-Ausrüstung, Zelte und Schlafsäcke, Fotoausrüstung und anderes gratis vom Militär übernehmen konnte. Die krassere Wahrheit ist, dass die Polizei aufgrund dieser Regelung sehr wohl auch mit Militärrobotern, M16-Maschinengewehren, Hubschraubern, Panzerwagen und sogar Granatwerfern ausgerüstet wurde, die nun allesamt zum Einsatz gegen US-Bürger vorgesehen sind. Hm! Wie sagte doch so süffig der Klingonen-Häuptling: „Sterben! Warum nicht?!“ Oder Napoleon, ganz trocken: „Man lasse sich töten.“

Besonders draußen in den Kleinstädten gieren die Polizeireviere nach jeder erdenklichen militärischen Elite-Ausrüstung, die sie zwischen die Finger kriegen können. Ist es noch Polizei, oder regiert schon das Militär? (Small-town police are tooling up with elite military hardware) Die Vergabe militärischer Schusswaffen an die Polizei wurde vor über einem Jahr zunächst eingestellt, weil Waffen unerlaubt weitergereicht und Diebstahl oder Verlust nicht gemeldet wurden bzw. der Verbleib nicht geklärt werden konnte. Die von der Nachrichtenagentur Associated Press angestellte Untersuchung der Military giveaways versucht eher die enorme Verschwendung an Material aufzuzeigen, weil kleine ländliche Polizei­wachen sich mit einer ungeheuren Menge an Krempel eingedeckt haben, den sie gar nicht brauchen. Zum Beispiel ließ sich der Polizeichef von Morven (Georgia) mit drei Booten, Tauchgeräten und Rettungsflößen ausstatten, obwohl das tiefste Gewässer vor Ort ein knöcheltiefer Bach ist. Auch eine Ladung Bajonette hat er sich schicken lassen, die jetzt unnütz im Lager verrosten. Solche korrupten Albernheiten sollten jedoch nicht davon ablenken, dass die Verteilung militärischer Schusswaffen an die Polizei im Oktober 2013 voraussichtlich wieder zugelassen wird und längst bedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Es geht lustig so weiter: Die Bullen in Cobb County (Georgia) – einem der reichsten und bestausgebildeten Bezirke der USA – haben jetzt einen amphibischen Panzer. Der Sheriff von Richland County (South Carolina) beschaffte sich ganz stolz einen MG-bewehrten Panzerwagen, dem er den Kosenamen The Peacemaker (Friedensstifter) verlieh. Hinzu kommen Bewilligungen des Heimatschutz-Ministeriums (Department of Homeland Security), durch die sich Polizeireviere nun Fahrzeuge wie die BearCats leisten können: 7 Tonnen schwere, kugelsichere Wagen mit Rammböcken, Schießscharten, Tränengaswerfern und Strahlungsdetektoren. Laut einem Bericht im Orlando Sentinel hat der Hersteller Lenco mit Sitz in Massachusetts inzwischen ganze 500 dieser panzerähnlichen Fahrzeuge verkauft. (Quelle: Business Insider, Pentagon offering free military hardware)

Neulich konnte man im Fernsehen verfolgen, was für gigantische paramilitärische Polizei-Operationen sich die US-Bevölkerung inzwischen gefallen lässt – nämlich bei der Verfolgung eines einzigen flüchtigen Mannes, der am Massaker beim Marathonlauf in Boston mitschuldig sein soll. Plötzlich wurde ein ganzer Stadtteil unter Hausarrest gestellt, überall die Straßen von der Polizei blockiert, im militärischen Stil alle Leute aus den Häusern rausgeholt, alles durchsucht und insgesamt ein Bild geboten, das mit polizeilicher Arbeit, wie man sie früher kannte, wenig zu tun hat. Der Flüchtige, der bereits schwer verletzt war, wurde nach einer Weile von einem normalen Mitbürger im Hinterhof bemerkt. Freilich nimmt auch die Art und Weise eines solchen Verbrechens gefühlloser Massenverstümmelung Formen an, die wir nicht gewohnt sind und auch nicht begreifen können, ja gesunderweise gar nicht begreifen wollen; aber die unglaublich krasse, militärisch anmutende Fahndungsmethode bewirkt größere Zerstörungen, als sie verhindert. Denn es wird suggeriert, so ein Benehmen der Ordnungshüter sei auf Dauer als normal zu betrachten. Sicher spielt auch die Verrohung durch ständige Kriegführung in fremden Ländern eine Rolle. Die Unmenschlichkeit an fremden Gestaden schwappt nach einer Weile zurück in die Heimat der sinnlos ausgesandten Krieger. Das gilt fürs Terrorismus-Problem in seiner Gesamtheit, aber auch für die Schäden im persönlichen und gesellschaftlichen Einflussbereich der traumatisierten oder einfach zu Killern degradierten Soldatenseelen. So weist zum Beispiel auch das vormals so liebliche Königreich Dänemark aufgrund seiner langjährigen Beteiligung an amerikanischen Kriegen eine spürbare innere Verhärtung auf, die nicht genau gemessen, aber doch erfühlt werden kann.

Besonders seltsam finde ich, um auf die leise heraufziehende Gefahr eines amerikanischen Bürgerkriegs zurückzukommen, Nachrichten aus letzter Zeit über den Ankauf gigantischer Mengen an Munition (viele, viele Millionen Schuss) durch das Heimatschutz-Ministerium und andere Behörden. Das Heimatschutz-Ministerium plant den Kauf von 750 Millionen Schuss über einen Zeitraum von 5 Jahren für seine 100.000 „Friedensbeamten“. 80 Prozent der Munition sollen zu Übungszwecken dienen. Außerdem seien Großeinkäufe eben billiger, ein wichtiges Argument in Zeiten der „Kostenbeschränkung“. Moment mal! Die anderen 20 Prozent, also 150 Millionen Schuss, würden für den aktiven Einsatz gebraucht? Dieses Department of Homeland Security soll doch die Bevölkerung schützen. Vor wem? Vor der Bevölkerung? Falls die guten Menschen plötzlich zu Zombies werden? Nun, immerhin hat das Repräsentantenhaus Anfang Juni mit 234 gegen 192 Stimmen die Finanzierung dieses künftigen Munitionsbedarfs vorläufig blockiert – solange die Heimatschützer dem Kongress nicht einen umfassenden Bericht über die Vorgeschichte und Rechtfertigung ihres Munitionsbedarfs vorgelegt haben. (New York Times, 7. Juni 2013, The Ammo Conspiracy) – Private Ballermänner hatten sich nämlich beschwert, weil sie argwöhnten, die Heimatschützer wollten ihnen böswillig die ganze schöne Munition vor der Nase wegkaufen. Das ergäbe ja einen Munitionsmangel! Was für ein schrecklicher Zustand auf amerikanischem Boden!

United Stasi of America

Und was die unvorstellbar großen Abhöraktionen betrifft, haben wir inzwischen die United Stasi of America vor uns, und nicht nur die: Das riesenhafte, ausladende Gebäude der neuen BND-Zentrale in Berlin zeigt unmissverständlich, dass wir Deutschen genau in die gleiche Richtung marschieren, egal wie diskret die Sache heruntergemerkelt wird. Auf eines können wir uns verlassen: Alles, was überwacht werden kann, wird überwacht werden; alles, was durchschnüffelt werden kann, wird durchschnüffelt werden; und alles, was gespeichert werden kann, wird so lange und so hartnäckig gespeichert und durchleuchtet werden, wie es technisch überhaupt machbar ist. Wenn die Menge der Inhalte zu groß ist, sucht man nach Anomalien, um die Suchfunktion einzugrenzen: Zum Beispiel ist jemand, der in einem bestimmten Land wohnt, jedoch eine andere Sprache benutzt, in diesem Big-Brother-System eine Anomalie, und Anomalien werden besonders intensiv überwacht. Da kann ich nur sagen: Ich bin Übersetzer, hier stehe ich und kann nicht anders. Was können wir dafür, dass die Amis Sprachkenntnisse als Anomalie einstufen? Dies freilich kommt noch zu meinem üblichen Wortgebrauch und meiner neugierigen Themenwahl hinzu: Ich sehe nicht ein, warum ich nicht auch über Schusswaffen, Granatwerfer, Osama bin Laden und Atombomben reden soll, wenn das Thema gerade ansteht, egal ob ich Pazifist oder Entnazifizierer bin, oder was auch immer. Das ist Redefreiheit!  Au weia, vorsichtig, auch die Erwähnung von Redefreiheit ist vermutlich eine Anomalie. Oder? Außerdem recherchiere ich den ganzen heiklen Kram im Internet, und Google sowie auch das Datensammel- und Durchleuchtungsprogramm XKeyscore bei den Geheimdiensten zeichnen bekanntlich „all meine Bewegungen“ auf und reichen sie weiter. Wohl bekomm's.

 

Brahm: der Urgrund der Emanation

24. Juli 2013: Wenn mir etwas einleuchtet, dann ist das gut, denn nicht allzu vieles leuchtet heutzutage ein; und Brahm leuchtet mir ein, plus seine liebe Maja, die Göttin der Liebe. Wohlgemerkt Brahm, im Unterschied zu Brahma! Wieder fand ich eine Erklärung dieses Begriffes nur in einem ca. 140 Jahre alten Text, nämlich Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874. Die Idee eines Höchsten Wesens als letztendliche Urseele und Seinsgrundlage aller anderen Götter, Wesen und Phänomene entspricht auch dem Begriff der Emanation (die Welt als Ausfluss des Göttlichen), den ich weiter unten am 2. Mai schon beschrieben habe und der in der Zusammenstellung über Derwische, Sufismus und Emanation definiert ist (noch weiter runterscrollen ...). Hier der Text aus dem Mythologie-Wörterbuch:

Brahm (indische Mythologie): <Wohl zu unterscheiden von Brama [Brahma], der Name des höchsten Wesens, des eigentlichen einzigen Gottes, während alle übrigen, Schiwa, Wischnu, Brama u.s.f. nur Manifestationen irgend einer seiner Eigenschaften sind; die hohe Idee, welche die Indier an Brahm knüpfen, geht aus den Beinamen hervor, mit denen sie ihn belegen: der Höchstvollkommene, der Anfanglose und Endlose, der Unbeschreibliche, der Alles Schauende, die Urseele des Weltalls. Brahm ist das einzig Bestehende, nur in ihm leben, weben und sind wir; die Welt, wie sie besteht, ist nur der Abglanz seines erhabenen Bildes, nur eine Offenbarung seiner Macht, und wenn sie aufhört, so geht sie nur zurück in sein Wesen, dessen Ausfluss sie war. Dennoch ist er und die Welt nicht eins, sondern sobald er sie als seinen Schatten gesetzt hat, ist sie vollkommen getrennt von ihm; um sich ihr zu nähern, nicht übermächtig, unbegreiflich und unanschaubar vor ihr zu stehen, schuf er ein Wesen voll Schönheit und Liebe, welches Maja heisst und die Göttin der Liebe, die Mutter dessen, was da ist, genannt werden muss; mit diesem Wesen verband sich Brahm, und der Verbindung entsprangen drei seiner erhabensten Kräfte: Brama, der Schöpfer alles Lebenden, Wischnu, der Erhalter, und Schiwa, der Vernichter. Sie sind alle drei eins, sind die Trimurti, die Dreieinigkeit, und nicht von einander, noch von Gott unterschieden, dessen Kräfte sie sind. Hiedurch war Gott den Menschen näher getreten, und sie beteten nun eine seiner Offenbarungen an, und so bildeten sich die drei Secten des Brama, Schiwa und Wischnu aus, von denen jedoch die erstere bald durch die beiden andern verdrängt wurde.> (Aus Vollmer's Mythologie aller Völker, Stuttgart 1874)

Bilderberger, Großkreuz-Überhäufung und dänische Logenbrüder

18. Juli 2013: Die Medienwelt schweigt sich zum Thema Bilderberg nicht mehr aus, versucht jedoch abzuwiegeln und den lobbyistischen Aspekt zu verharmlosen. So meldete zum Beispiel die dänische Wirtschaftszeitung Børsen am 3. Juni 2013, unmittelbar vor dem Treffen, dass aus Dänemark u.a. der dänische Finanzminister Bjarne Corydon teilnimmt. Die von Jahr zu Jahr unterschiedlich zusammengesetzte Bilderberg-Konferenz soll, so heißt es, hinter verschlossenen Türen den Zustand der Welt besprechen, und was man daran machen könne. Die Geheimniskrämerei diene nur dem Zweck, dass frei diskutiert werden kann, ohne dass irgendein Sitzungsprotokoll entsteht. Dieses Jahr solle u.a. über die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Probleme Afrikas und die amerikanische Außenpolitik gesprochen werden. Es fänden keine Abstimmungen statt und es würden keine Beschlüsse gefasst.

Als Auswahl unter den bekanntesten Teilnehmern der Bilderberg-Konferenz 2013 werden im Børsen-Artikel der seit 2004 im Amt befindliche Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, die unlängst abgedankte niederländische Königin Beatrix, die EU-Kommissarin für das Ressort Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft Viviane Reding (die seit Februar 2010 auch Vizepräsidentin der Europäischen Kommission ist) und der frühere italienische Regierungschef Mario Monti genannt.

Für eine dänische Wirtschaftszeitung würde es zu weit gehen, nun beispielsweise darauf hinzuweisen, dass José Manuel Barroso im Mai 2010 mit der Collane (prunkvollen Halskette) zum Verdienstorden des Malteserordens ausgezeichnet wurde. Diesen Verdienstorden selbst, „Pro Merito Melitensi“, trug er in Form eines Großkreuzes bereits seit 1990. Auf seiner offiziellen EU-Barroso-Webseite heißt es zur Collane-Verleihung 2010: „Präsident Barroso fühlt sich zutiefst geehrt durch diese Auszeichnung, die er als Ausdruck der grundlegenden Werte und konkreten Ziele ansieht, für die sowohl die Europäische Kommission als auch der Malteserorden stehen. Barroso zufolge spiegelt diese Auszeichnung auch die gemeinsame Verpflichtung wider, den Ärmsten zu helfen und die Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen.“ Das würden viele Europäer, die gegenwärtig mit Geld, Not und Leid für die Expansions- und Finanz-Abenteuer der EU und ihrer Hintermänner im Bankwesen blechen müssen, ein bisschen zynisch finden. Im Übrigen ist es erstaunlich, wie sie vor Barroso seit langer Zeit alle katzbuckeln und ihn mit Klimbim behängen: Bereits 1990, als er lediglich portugiesischer Staatssekretär war, wurde er mit dem Großkreuz des Bundesverdienst­kreuzes ausgezeichnet (häh? das verdient weitere Nachforschungen!), 1991 mit dem Großkreuz des Ordens des Löwen von Finnland, 1992 mit dem Großkreuz des Ordens von Oranien-Nassau (von 1992 bis 1995 war er portugiesischer Außenminister), 1993 mit dem Großkreuz des Falkenordens, und so geht das lustig weiter, mit Großkreuzen über Großkreuzen, u.a. 1994 vom „Kreuz des Südens“, 1996 vom „portugiesischen Christusorden“, 2002 aus Ungarn, 2004 aus Polen (für eine komplette Liste siehe die Wikipedia-Seite über José Manuel Barroso); und nachdem er von all diesen mysteriösen Interessengruppen und ausländischen Regierungen derart hochgejubelt war, wurde er 2004 zum EU-Kommissionspräsidenten gewählt (2009 wiedergewählt). Man muss befürchten, dass bei einer solchen Karriere weniger die Demokratie als eine seltsame Form von aristokratisch-geheim­bündlerischer Kungelei eine Rolle gespielt haben kann. Jeder normale Verschwörungs­theoretiker müsste hinter diesem wahnwitzigen Hosianna-Konzert eine Art Meta-Bündnis wie die Prieuré de Sion vermuten, nur leider ist Letztere ein vorgeschobenes Münchhausen-Manöver.

Und über Mario Monti hätte man noch anfügen können, dass er in einem Geflecht einflussreicher Denkfabriken und in Beraterfunktionen großer Wirtschaftskonzerne tätig ist. „Er gehört zum Präsidium der Friends of Europe. Er war Gründungsvorsitzender von Bruegel, einer weiteren europäischen Denkfabrik, die 2005 entstand. Er war europäischer Vorsitzender der Trilateralen Kommission, bis er schließlich 2011 als Premierminister vereidigt wurde. Monti ist führendes Mitglied der exklusiven Bilderberg-Gruppe. Er war auch als internationaler Berater von Goldman Sachs und Coca-Cola Company tätig.“ (Zitiert gemäß engl. Wikipedia unter Mario Monti) Et cetera. Ich frage mich immer, an welchem Punkt es langweilig wird. Man kann zusammenfassend sagen, wir wussten es schon: Die Bonzen stecken unter einer Decke.

 

So treffen sie sich dann in den Hallen der Bilderberg-Konferenz. Das dänische Wirt­schafts­blatt Børsen nennt noch einige weitere personelle Details: Aus Skandinavien würden typischerweise der schwe­dische Außenminister Carl Bildt und sein Kollege, der Finanzminister Anders Borg teil­nehmen. Aus Norwegen u.a. Außenminister Espen Barth Eide. Neben Finanzminister Corydon aus Dänemark außerdem (nicht zum ersten Mal) Ulrik Federspiel, früherer Abteilungs­leiter der Ministe­rial­kanzlei des Pre­mier­ministers, heute tätig in der Geschäfts­führung des Katalysator-Unterneh­mens Haldor Topsøe, sowie Jakob Haldor Topsøe, Partner der Investitionsfirma Ambrox Capital und Verwal­tungsratsmitglied bei Haldor Topsøe.

Zu den früheren dänischen Bilderberg-Teilnehmern zählten unter anderem Mærsk McKinney Møller (reichster Mann Däne­marks), die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt (jetzt Premier­ministerin), der Rechtsliberale Uffe Ellemann-Jensen (der mal nahe dran war, Premierminister zu werden) und seinerzeit der Sozialdemokrat Jens Otto Krag (Premierminister 1962-68 und 1971/72).

Man sieht, dass die Skandinavier ihre Finger da ziemlich tief drin haben. Zu einer Bilderberg-Konferenz eingeladen zu werden, bedeutet oft gute Karriere­aussichten für die nähere Zukunft. Entscheidenden Einfluss darauf, wer aus Dänemark eingeladen würde, hatte über längere Zeit der Chefredakteur der Tageszeitung Politiken, ein gewisser Tøger Seidenfaden (Abb. rechts), der Anfang 2011 etwas früh verstorben ist. Der Witz bei der Seidenfaden-Geschichte war folgender: Dänemark wird seit 1965 hinter den Kulissen von einer Art Logensystem koordiniert oder zumindest beeinflusst (nicht Freimaurer), das als VL-Gruppen (virksomhedsledelses-grupper oder virksomheds-leder-grupper, VL-grupper, d.h. wörtlich „Unternehmensführungs-Gruppen“)  bekannt ist, ein erle­sener Netzwerk-Klub, in dem sich auf abgestuften Ebenen Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Hochfinanz, Medien und gesellschaftlichem Leben treffen. Das mag einen konstruktiven Effekt für die gesellschaftliche Zusammenarbeit in einem überschaubaren kleineren Land haben, ist aber auch eine Art elitäre Umgehung der demokratischen Entscheidungswege und eine im Grunde unzulässige Verflechtung und Vermischung von Politik und Wirtschaft. Nach dem Stand vom Frühjahr 2005 gab es 68 VL-Gruppen; 2013 sind es 120 VL-Gruppen mit insgesamt 3875 Mitgliedern. Die Mitgliederlisten waren lange Zeit geheim gehalten worden, bis 1997 eines der Mitglieder, der Politiken-Chefredakteur Tøger Seidenfaden, die ganze Liste veröffentlichte! Soweit ich mich erinnere, erklärte er bei dieser Gelegenheit auch ausführlich die Arbeitsweise und Gliederung dieser VL-Gruppen. Bemerkenswerterweise hat der kühne Verrat (oder war dieser Schritt von oben her geplant?) seiner weiteren Karriere nicht geschadet. Von 1993 bis 2003 konnte er als Mitglied des Lenkungsausschusses der Bilderberger über Einladungen anderer Dänen zum Bilderberg-Treffen entscheiden. Ich gehe davon aus, dass hier die Überlegung mitspielte: Wenn du einen Kerl nicht besiegen kannst, dann rekrutiere ihn! Für ein skeptisches Land wie Dänemark eignet sich doch als Top-Bilderberger am besten ein Mann aus der linksliberalen Intelligenzija. Seidenfaden wurde bereits 1993 zum Ritter geschlagen; so wirkt das dänische Königshaus auf subtile Weise bei der Machtverteilung mit. Er war seit 1987 Vorstandsmitglied der dänischen Gesellschaft für Auswärtige Politik (entspricht dem amerikanischen CFR), 1996-98 und von 2004 bis 2011 Vorsitzender des Kopenhagener Redakteurverbandes, ab 2005 Mitglied des Lenkungsausschusses der Trilateralen Kommission (TLC) und gehörte bei den VL-Gruppen natürlich zur Quasi-Loge Nr. 1. Diese Details mögen dazu dienlich sein, die Arbeitsweise eines nationalen und internationalen Machtgeflechts besser zu verstehen.

Siehe auch Das bestürzte Königreich ― Ein absurdes Wintermärchen

„Andere Leute benutzen diesen Computer“

10. Juli 2013: Man hält es ja kaum für möglich, aber „Es“ (das Unsagbare) geschieht. Ich hatte den Computer ausnahmsweise im Standby, während ich für ein, zwei Stunden die Wohnung verließ. Ich komme zurück, versuche ihn aus dem Standby wieder hochzufahren, und was geschieht? Das Einloggen funktioniert nicht. Stattdessen erscheint auf Englisch die freche Meldung am Bildschirm: „Andere Leute benutzen derzeit diesen Computer. Wenn Sie ihn jetzt abschalten, könnten diese Personen Daten verlieren. Trotzdem weitermachen?“ Das verblüffte mich. Ich machte zunächst einmal nicht weiter (hatte ich wirklich Mitleid mit diesen anderen Leuten, deren Identität nicht genannt wird, oder gar Respekt vor ihnen?), versuchte andere Wege, um mein Gerät anzuwerfen, und schließlich klappte es irgendwie. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich am Ende eben doch ganz krass den AUS-Knopf betätigte. Es setzt sich das obszöne Gefühl durch, es sei „sowieso alles egal“. Wer weiß, wie lange das weltweite elektronische Gesamtsystem trotz seiner ausufernden Updates, Sicherheitsmaßnahmen und Hacker-Angriffe noch durchhält.

Nun könnte es ja sein, dass während des Standby-Modus einige Programm-Anbieter die Zeit nutzen, um Updates rüberzuschicken, oder? Ich weiß es nicht. Sie hätten sich dann als unabhängige Benutzer des Computers etablieren müssen. Vielleicht geht das? Sie bräuchten dazu mein Systemadministrator-Passwort: aber wieso sollten sie das nicht herausfischen können? Ist alles schon vorgekommen, bis hin zum „Bundestrojaner“ oder „BKA-Trojaner“, der sich als Kripo ausgibt, den Computer einfriert, ihn völlig sperrt und unverschämt 100 Euro fordert, sich jedoch auch nach der Zahlung dieses Betrages weigern würde, den Computer wie versprochen zu „entsperren“. Die Polizei beschreibt sich selbst als machtlos; das sei alles gut bekannt, aber die Verbrecher säßen eben irgendwo im Ausland, wo sie nicht zu fassen sind.

Man fühlt sich jedenfalls nicht besonders sicher angesichts solcher technischer Möglichkeiten.  Ich sag's nur mal so und belasse es dabei. Über die großflächigen Details à la Snowden informiert diese Woche ja schon hinreichend der SPIEGEL. Viel Aufruhr um diesen Pfeifenblaser. Hat man doch alles längst gewusst, nur seinem heldenhaften Hochverrats-Milch­gesicht glauben es plötzlich sogar die Medien.

Und der Computer ist schon wieder am Steckenbleiben. Er spricht nicht auf die Befehle an, oder erst nach längerer Wartezeit. Es rumort tief in seinen Eingeweiden, er macht was, er tut was, er ist sagenhaft busy, aber wem dient er? Ist doch ganz klar, andere Leute benutzen diesen Computer.

Rückbesinnung oder Zombie-Weltkrieg?

19.-20. Juni 2013: Diese Welt ist doch ein wenig gruselig. Ich wollte neulich hier in meiner Website ein Zeichen setzen, indem ich eine vollkommen unzweideutige religiöse Darbietung von Bianca einbezog: Im Namen des Vaters. Denn allmählich sehe ich sonst kaum einen Weg, um all dem Irrsinn – dem vorrückenden Oberwahn in Form von Zombie-Orgien, US-gestützten Al-Qaeda-Handlangern, dem Drohnenkrieg und dem schamlosen, globalen Big-Brother-Lauschangriff, inhaltslosen Kundgebungen des Großen Blenders aus Übersee (wie eben wieder in Berlin), Bürgerkriegen und bürgerkriegsähnlichen Unruhen in mehreren großen Ländern und allgemeiner Abzocke durch die globalen Bankster-Cliquen – jetzt noch einen stabilen Rückhalt in der spirituellen Welt entgegenzusetzen. Aber die Einbettung des Songs Im Namen des Vaters ist misslungen, denn schon wenige Tage darauf schlug laut YouTube die GEMA wieder zu und setzte der Erhältlichkeit im Internet ein Ende. Alle möglichen albernen kleinen Liedchen aus bonbonbunten Sommerlauben dürfen wir uns weiter herunterholen, aber nicht Im Namen des Vaters und auch nicht Ich glaub an die Zukunft der Liebe (ebenfalls Bianca). Hm. Dies mag objektiv bedeutungslos sein, aber subjektiv fühle ich mich davon betroffen.

Mit Entsetzen bemerkte ich heute außerdem, dass die nächste gigantische Propagandawelle in Form eines zweifellos illuminatisch inspirierten filmischen Machwerks namens World War Z, das heißt Zombie-Weltkrieg, am 27. Juni in den Kinos anläuft. Wo bemerkte ich dies? Selbstverständlich an einer Quelle, die in Geist und Schrift so nah und gnadenlos mit den eigentlichen Machtzentren verknüpft ist, wie es nur geht, nämlich bei Reuters. Reuters, das sind die globalen Nachrichten-Macher; es gibt nur wenige in dieser Größenordnung. Diese Reuters-Leute o.Ä. schreiben, was ihnen passt, und der Rest der Welt betet es in den Zeitungen nach. Na, jedenfalls typischerweise bei Reuters tauchte ganz oben und ganz vorn auf der Hauptseite (http://de.reuters.com/) sowie auf den Seiten zahlreicher Einzelartikel die hypnotische Schockwerbung für den Zombie-Weltkrieg auf. Brad Pitt ist der große Held, und dann auch noch in 3D. Das Motto des schwarz gehaltenen Reklame-Banners lautet: Deine Zeit läuft ab. Man kann sich, wenn man die Nerven dazu hat und sich keine Sorgen wegen der schädlichen Wirkung heimtückischer Flackerfrequenzen macht, den Trailer dazu anschauen. Das ist die turbulenteste Mega-Katastrophe, die uns bis jetzt suggeriert wurde, wobei man dazusagen muss, dass die Blitz-, Schock- und Toneffekte allein schon des Trailers das Blut in den Adern gefrieren lassen. Tatsache ist ja auch, dass Fantasie und Wirklichkeit sich in vielen Gemütern bereits hoffnungslos vermischt haben. Weil keiner mehr durchsteigt. Ist es die propagandistische Vorbereitung auf den Untergang? Soll die Menschheit dezimiert werden? Sollen wir uns schon daran gewöhnen, dass die Menschen in großen Massen niedergemäht werden dürfen? Weil es alles nur grässliche Untote sind? Unmenschen, Ungeziefer, heulende hungrige Monster? Goebbels lässt grüßen?

Lass dich lieber freiwillig impfen, Bruder, lass dich mit unseren Giftstoffen, Kontroll-Chips und Nanoteilchen vollpumpen, dann musst du vielleicht kein Zombie werden! So interpretiert es jedenfalls Alex Jones in seinem Video Die Propaganda hinter World War Z, mit deutschem Begleitkommentar. (Aber auch das ist, Hand aufs Herz, ein bisschen übertrieben! Jetzt drehn sie irgendwie alle durch. Die Leserkommentare auf solchen Seiten sind, besonders in Amerika, proppenvoll mit religiösem Wahnsinn und engstirnigen gegenseitigen Beschimpfungen.) Eine sachlichere, tatsachengerechte, aber nicht minder erschütternde Analyse dieses Films, seiner Inhalte und seiner Absichten finden Sie bei Alles Schall und Rauch: Weltkrieg Z kommt auf uns zu. Was mich besonders deprimiert, ist die Gleichgültigkeit, die Abgestumpftheit und das blasierte Amüsement, womit viele Menschen das Ganze nur fröhlich als ein entschuldbares, weil eben typisches Spektakel der Unterhaltungsindustrie abtun werden. Wer das anders empfindet, wird sicher bald ausgelacht. Sind Anstand und Güte nur noch Charakterschwächen von gestern? So wollen es die zynischen Filmemacher sicher gern aussehen lassen, und durch jahrzehntelang graduell voranschreitende Zermürbung und Zersetzung moralischer Wertvorstellungen ist das Publikum entsprechend vorbereitet, um sich jetzt als Sahnehäubchen seiner Gehirnwäsche die hemmungsloseste Vision weltweiter Grausamkeiten gegen die Menschheit reinzuziehen.

All das Tohuwabohu liegt nicht am finsteren Zeitalter Kali-Yuga (wenn es das nur wäre, hätten wir laut indischen Originalquellen noch sehr viel Zeit), sondern es liegt an bösartigen Plänen einer kleinen Pseudo-Elite, und die meisten Dinge, die uns noch hätten retten können, sind auch schon unterwandert, überwuchert, unterdrückt und verboten worden. Glaube ich. Nun könnte ich ja einfach katholisch werden, aber das geht leider auch nicht mehr, habe zu viel begriffen, zu viel nachgedacht; ich kann mich unmöglich überzeugen lassen, dass ich symbolisch oder faktisch das Blut des Gottessohnes trinken muss und von seinem Leib essen muss, um der Unsterblichkeit teilhaftig zu werden. Ich glaube, wir sind auch ohne diesen Ritus und ohne die monopolistische Mittlertätigkeit von Priestern auf jeden Fall der Unsterblichkeit teilhaftig und von Natur aus Kinder Gottes sofern wir uns als etwas Geistiges und nicht als ein Stück Materie identifizieren. Also führt für mich kein Weg zurück in diesen organisierten Ritus, denn ich will niemandem einen Glauben vormachen, den ich nicht teile, aber es gibt doch wenigstens Wege zurück (oder vorwärts) in einen echten und wahren persönlichen Glauben, und ob Sie dies nun Urgrund oder Brahm oder Gott, oder Liebe oder Menschenwürde nennen, das wissen Sie wirklich selbst am besten. Absolute Werte und ein absoluter Halt: irgendwo haben Sie das noch. Wir können uns wieder darauf besinnen. Jedenfalls ist, wie mir scheint, eine Rückbesinnung und Kraftquelle dieser Art vonnöten, um hier während der nächsten Jahre und Jahrzehnte überhaupt noch durchzuhalten.

Tauglich sind solche absoluten Werte freilich nur dann, wenn sie nicht über kurz oder lang als Rechtfertigung missbraucht werden, um genau das Gegenteil ihrer eigenen Aussage zu verüben. Das ist eine Frage der persönlichen Prinzipientreue. Die Werte dürfen sich nicht selbst ad absurdum führen. Es geht um eine Ablehnung der moralischen Beliebigkeit, um eine gründliche, aus dem Urgrund der Seele erfolgende Hinterfragung der Situationsethik, wonach schon alles in Ordnung sei, solange nur der Zweck die Mittel heilige und solange es für das schwer bestimmbare und kaum absehbare „Größte Wohl für die größte Anzahl beteiligter Wesen oder beteiligter Lebensbereiche“ am besten zu sein scheint, wie auch immer man sich das mathematisch auszurechnen beliebt. Dieser Rechenschieber badet gern lau und geht mit selbstgerechtem Pokerface „über Leichen vorwärts“. Im Hintergrund können freilich trotz der vorgespiegelten, wissenschaftlichen Rationalität vom Menschen gesetzte, als absolut aufgefasste Werte stehen und als „Rechtfertigung“ dienen. Das erklärt die unvorstellbare Größenordnung historischer Grausamkeiten wie z.B. unter Mao, Stalin, Hitler, Napoleon, Innozenz III. und wie sie alle hießen, und die gewaltigen Horden entfesselter Mittäter und Mitläufer in ihrer organisierten und „zweckmäßigen“ Auflehnung gegen Gott und die Liebe. Bei ihnen allen war der Verstand in solcher Weise zurechtgebogen, dass sie damit „recht hatten“, weil sie doch im Interesse des „Größten Wohles“ einen sehr viel wichtigeren paradiesischen Zustand anstrebten. Merkwürdig, dass diese Paradiese dann niemals verwirklicht wurden: unmöglich mit solchen Mitteln! Und je größer und weitschweifiger die zugrunde gelegte Theorie sich gebärdet, je weltumspannender oder gar galaktischer die Zielsetzung, um so schlimmer und um so gewaltiger ist das ihr innewohnende „Rechtfertigungspotenzial“.  Das heißt nicht, dass man keine großen Ziele haben oder teilen sollte, aber doch bitte stets unter Wahrung des gesunden Menschenverstandes, der Menschenrechte und der Menschenwürde und eingedenk des Heiligen Geistes sowie mit einer gehörigen Portion Frechheit und Kampfbereitschaft gegen alle etwaigen Fanatiker, die den Gang der Ereignisse pervertieren und all Ihrem Schweiß und Edelmut ein negatives Vorzeichen verleihen würden.

Es hüte sich also ein jeder, zu hassen im Namen der Liebe, Krieg zu führen im Namen des Friedens, auszubeuten im Namen der Gleichheit, zu bespitzeln im Namen des Anstands, zu inhaftieren im Namen der Freiheit, Teufeleien auszuhecken im Namen Gottes, zu unterminieren im Namen des Aufbaus, zu töten im Namen des Lebens, zu vergiften im Namen der Gesundheit und zu foltern im Namen der Menschenwürde. Das sollte alles klar sein, aber irgendwie ist der menschliche Verstand mit Kurzschlüssen und Selbstschussanlagen und automatischen Widersprüchen vermurkst, und wollte nun ein edler neuer Verein uns von all diesen Fallgruben befreien, würde er vermutlich schon bald in seinen eigenen Reihen die Diktatur von neuem errichten, die Redefreiheit, die Pressefreiheit, die Informationsfreiheit und natürlich auch jede Form von Gewaltenteilung abschaffen, sich in das Liebesleben seiner Mitglieder einmischen, wahnsinnig viel Geld verlangen, Geheimdienste gründen, gigantische Datenspeicher einrichten, systematisch die Tatsachen verleugnen, traditionelle Werte vernichten, Spezialgefängnisse bauen und mit willkürlichen Ausgrenzungen, Verleumdungen und Verhaftungen allgemein Terror im Namen der Freiheit verbreiten. Zu all diesen Entartungen neigt ja sogar die ursprünglich wohlmeindende, freiheitliche und undogmatische amerikanische Nation in ihrer völlig überforderten, angemaßten Position als Weltpolizist und theatralisch beschworenes "Reich des Guten gegen das Reich des Bösen", und man braucht sich nicht zu wundern, wenn amerikanische Geheimdienste, Religionen und Wirtschaftsunternehmen zunehmend auf den gleichen selbstgerechten, kaltherzigen, menschenverachtenden, trügerisch weltverbessernden Kurs einschwenken.

– Bild links oben: Ausschnitt aus Sogni (Träume) von Vittorio Matteo Corcos, 1896

14. Juni 2013: Da vergingen mal wieder einige Wochen mit überwiegender Konzentration auf den Erwerb des Lebensunterhalts, kurz gesagt auf das leicht entfremdete Arbeiten, denn unsereins ist altmodisch und glaubt noch etwas tun zu müssen für sein Geld. Unterdessen kamen und gingen im Gruselhotel in Watford die ehrbaren Oberquassler des Bilderberg-Vereins, deren Bedeutung man nicht überschätzen sollte. Die wirklichen Drahtzieher sitzen woanders und zeigen sich selten oder nie: Spielerisch werfen sie weltweit altruistische, edle, uneigennützige Motive in den Ring, um damit den Gang der Ereignisse in eine für sie als vorteilhaft empfundene Richtung zu lenken. Einige setzen auf die USA, andere auf China oder die UNO. Da herrscht auch in den obersten Rängen nicht einmal Einigkeit, nur dass man als Endergebnis „alles im Griff“ haben will und alle Menschen rund um die Uhr beglotzt und belauscht werden sollen. Könnte doch ganz nett sein, wenn endlich der Weltfriede unter einheitlicher Führung gesichert wäre? Als ob dann wirklich ein stabiler Friede entstünde? Jeder, der dann noch nicht Ruhe gäbe, wäre ein Terrorist?

Frieden schaffen und die Umwelt retten, mit solchen Idealen sollen wir überzeugt werden, unsere Souveränität abzugeben. Aber man sieht ja, dass sich schon auf der nächsttieferen Ebene, nämlich bei Bilderberg, fast ausschließlich die alten West-EU-Länder und die Nordamerikaner treffen, ein Häuflein, das schon beinahe verzweifelt bemüht ist, die Dominanz seiner einst so expansiven Rasse noch ein Weilchen aufrechtzuerhalten. (Das sagen sie nicht.) Die Chance, mit dieser Besetzung und unter dieser Knute eine „Neue Weltordnung“ oder „Weltregierung“ auf die Beine zu stellen, ist gering und wird immer geringer. Denn so würden sehr große Weltteile, die ihren eigenen Stolz haben, natürlich nie mitmachen. Die kaufen uns eher, oder sie wandern einfach massenhaft bei uns ein. Da haben sich die erlauchten „weißen“ oder hellrosa Handlanger und Wichtigtuer der Bilderberg-Clique gründlich verrechnet, denn erstens kann ihre Dominanz auf dem heutigen Schachbrett nicht mehr gesichert werden, und zweitens fänden sie sich, wenn wirklich laut Meisterplan immer größere Regionen zusammengeschlossen und dann einer Weltregierung unterstellt würden, am Ende nicht als irdische Oberschicht, sondern nur als staubige alte Rädchen im Getriebe wieder, während die wahre Musik dann längst woanders gespielt wird. (Eine erkleckliche Sammlung Bilderberg-Presseberichte aus früheren Jahren könnte helfen, das Thema zu vertiefen.)

Google-CEO Eric Schmidt tönt wie 1984 bei Orwell

17. Mai 2013: Die Majestätische Küchenschabe breitet sich über Alles und Jedes aus. Die geistige Verarbeitung kann kaum noch Schritt halten. Ich zitiere mal eben, der Kürze halber, aus der amerikanischen Website PrisonPlanet:

<Die Richtung, in der sich das alles entwickelt, lässt sich ziemlich eindeutig aus den Bemerkungen von [Google-Generaldirektor] Eric Schmidt höchstpersönlich ablesen, der wiederholt klargestellt hat, dass er die Privatsphäre für ein irrelevantes Überbleibsel aus der Vergangenheit hält und dass er aus Google den ultimativen Großen Bruder machen will, der George Orwells Roman „1984“ wie ein Kindermärchen erscheinen lässt:

„Für uns brauchen Sie nicht einmal etwas einzutippen. Wir wissen, wo Sie sind. Wir wissen, wo Sie gewesen sind. Wir können mehr oder weniger wissen, woran Sie denken.“

„Ich glaube, die meisten Leute erwarten von Google eigentlich keine Antworten auf ihre Fragen. [...] Sie wollen, dass Google ihnen sagt, was sie als Nächstes tun sollen.“

„Falls es bei Ihnen etwas gibt, was niemand wissen darf, dann sollten Sie es vielleicht sowieso nicht tun.“

„Wir brauchen einen [verifizierten] Personen-Namensdienst", sagte er. „Regierungen werden das verlangen.“ (Internetkontrolle im chinesischen Stil).

„Wir wissen alles, was Sie machen, und die Regierung kann Ihre Schritte verfolgen.“

„Wir werden über Ihre Position auf den Fuß genau und schließlich auch auf den Zoll genau Bescheid wissen … Ihr Auto wird sich von selber fahren; es ist bloß ein ärgerliches Hindernis, dass Autos vor den Computern erfunden wurden ... Sie sind niemals einsam ... Sie haben nie Langeweile ... es gehen Ihnen nie die Ideen aus.“

In zahlreichen Reden, einschließlich der Reden bei Google-Zeitgeist-Kongressen, hat Eric Schmidt seine Vision einer kollektivistischen, permanent vernetzten Welt umrissen, wo Individualität und Privatsphäre verpönt sind und wo diejenigen, die sich der neuen Religion des Transhumanismus verweigern, als barbarische Untermenschen gemieden werden.> (http://www.prisonplanet.com/google-berg-global-elite-transforms-itself-for-technocratic-revolution.html)

Was ist denn das?

15. Mai 2013: Die Möchtegern-Weltenherrscher der Marke Bilderberg werden bei einem Spaziergang durch die weitläufigen trostlosen „Luxus“-Gärten um ihren diesjährigen Treffpunkt „The Grove“ erleben, dass in einem plumpen, seichten, rechteckigen Stück Wasserfläche eine absolut verelendende Menschenfigur „künstlerisch“ dargestellt ist, eine Art zerfließender Techno-Zombie, der ganz eklig und armselig ist, ein grauer Dr. Death gewissermaßen (siehe Abb. links), der von Kritikern bereits als eine Statue des Transhumanismus gedeutet wird. Sie wissen schon, Abschaffung des Menschen durch den Über-Roboter, den Allesrechner, den Alien-Mix-Klon oder dergleichen. Es ist erschreckend. Jedenfalls ist es nicht die humanistische Tradition, es knüpft nicht an die Renaissance an, auch keineswegs ans Christen­tum oder an klassische griechische Motive von Freiheit, Ebenmaß und Edelmut. Nein, diese Aus­drucksform ist herzlos und ist gegen uns. Gegen uns Menschen! An dieser Art „Kunst“ können wohl nur die übelsten Zyniker oder interstellaren Blutsauger ihre juckende kleine Freude haben. Ach ja, und wenige Tage vorher oder nachher wird dieses ominöse Gebäude (wie schon jährlich seit 2007) von der Google-Zeitgeist-Konferenz benutzt, was den Verdacht erhärtet, dass Bilderberg und Google zu einer Art Bilder-Google oder Google-Berg verschmelzen und die Echsenkönige in Zukunft noch hartnäckiger auf das Glotz-, Informationszersplitterungs-, Wichshilfen-, Überwachungs-, Kriminalisierungs- und Kontrollinstrument Google setzen werden. Dafür gibt es immerhin schon eine Reihe konkrete Anzeichen. Aber man versinkt in eine Art hoffnungslosen Mystizismus statt Logik und Klarheit beim Aussortieren. – Bitte um Verzeihung, Quatsch mit Soße, all das, und dennoch muss es gelegentlich brühwarm aufgegossen werden.

Ich habe mir heute ein Drachenposter gekauft (nach dem Motto: Das kann ich auch) und hinter meinem Rücken an die Schrankwand gepinnt, einen Drachen, der feuer­speiend ein kugelförmiges Ei mit dem Yin-und-Yang-Zeichen in den Klauen hält. Die Malerin, schon allseits bekannt, eine Anne Stokes aus England, die auf Drachen-, Fantasy-, Vampir- und Gothic-Motive spezialisiert ist, nennt das sinnreiche Gemälde Yin Yang Protector, aber machen wir uns nichts vor, der Drache beschützt nicht das Yin und Yang, sondern der Drache (die Echse) hat das Yin und Yang längst gehijacked (gekapert, zur Geisel genommen) und fickt uns die Hirne durch, oder die Seelen, je nachdem was Sie glauben. So ein gigantischer Berg von Bildern – auch Google ist ja buchstäblich ein „Bilder-Berg“, oder liefert einen solchen – lässt sich nur ganz schwer wieder abtragen. – Hier (unten) ist das Gespensterschloss zu sehen, wo die vermeintlich „Großen“ dieser Welt, die in Wahrheit eher Tief- als Hochgestellten, sich zum diesjährigen Tête-à-tête treffen, d.h. zum Köpfe-Zusammenstecken, oder was sie sonst noch alles zusammenstecken, aushecken und durchlauchtigst mit planerischer Heimlichkeit und lobbyistischer Eintracht beflecken, bis die Posaunen erklingen oder die Annunaki hier landen:

Der Tagungsort, ein bisschen gruselig: Stammsitz einer Art „Mutter der Finsternis“? Ich hoffe zu scherzen.

Bilderberg 2013

11. Mai 2013: Jetzt wird gerade der Veranstaltungsort für das „geheime“ Gipfeltreffen der berüchtigten Bilderberger im Jahre 2013 bekannt. Die nach außen schweigsame, jedoch intern redselige Welt-Elite trifft sich diesmal im Hotel „The Grove“ in der Stadt Watford, unmittelbar nördlich von London in der Grafschaft Hertfordshire, vom 6. bis 9. Juni 2013. Die Steuerzahler von Hertfordshire dürfen laut Watford Observer vom 10. Mai 2013 das gewaltige Polizeiaufgebot bezahlen, als ob diese erleuchteten hochwohlgeborenen Illuminati-Knechte kein Geld hätten, um für ihre „Sicherheit“ selbst aufzukommen. Schuld daran sind natürlich die Demonstranten, die von nah und fern anreisen werden. Dorothy Thornhill, die Bürgermeisterin von Watford, hat gemischte Gefühle, sagt sie. Ob dieses Ereignis mal für ihr Städtchen auch gut sein wird? Die Sorge wegen der möglichen Unruhen ist verständlich. Die Polizei von Hertfordshire benutzt als Einsatzzentrale während der Veranstaltung einen örtlichen Rugby-Club. Wer weiß, was da auf sie zukommt.

Es treffen sich, wie üblich, etwa 140 Größen aus Politik, Wirtschaft, Finanz- und Medienwelt sowie vermutlich auch wieder ein paar Vertreter der Königshäuser. Die Gästeliste wird bis zur eigentlichen Veranstaltung geheim gehalten. Um die Teilnehmer von der Außenwelt gebührend abzuschotten und von den Inhalten der Referate und Diskussionen nichts nach außen dringen zu lassen, sind für die Dauer des Treffens alle 227 Zimmer des Hotels gebucht worden. Da wäre also noch Platz für ein angemessenes eigenes Personal. Es handelt sich um ein sehr luxuriöses Ambiente, wenn Sie sich das mal ansehen wollen: The Grove.

Kritiker betonen, dass diese Art Geheimtreffen zwischen Politikern und Lobbyisten (oder Drahtziehern) den demokratischen Prozess unterwandert, vom Transparenzgebot ganz zu schweigen. Die britische Lokalzeitung geht darauf nicht näher ein, findet es aber angemessen, den esoterischen Erweckungs-Redner und Schriftsteller David Icke mit der Behauptung zu zitieren, der einflussreiche Führungsausschuss (steering committee) der Bilderberg-Gruppe bestehe aus 3,60 Meter großen Echsen, die als „Reptoide“ bezeichnet werden. Das reicht man natürlich gern weiter, um die Kritiker lächerlich zu machen, und zugegeben, diese Unterstellung besitzt, wörtlich genommen, keinen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad. Sie mag allerdings in bildlich-mythologischer Form dazu dienen, den Charakter dieser Obermacker satirisch und allgemeinverständlich aufs Korn zu nehmen. Wichtiger sind die eigentlichen, politisch-sachlichen Argumente, nämlich vor allem die Überlegung, dass dort hinter den Kulissen eine Art Einstimmung auf den künftigen strategischen Kurs für unsere Welt, oder zumindest eine Art thematische Auswahl für die nähere Zukunft angestrebt wird.

 Hörst du die Glocken von Stella Maria?

3. Mai 2013: Man sucht und sucht. Gibt es irgendwo eine wesentliche Botschaft, eine überzeugende Wiedergabe des Glanzes aus Überwelten, vielleicht einen Lichtstrahl, mit dem die Emanation des Urwesens sogar in unser dunkles Tal noch kraftvoll herabdringt, eine Erinnerung an die Herrlichkeit Gottes, das Reich und die Ewigkeit? Ich finde, Bianca hat es gut geschafft, als bekennende Christin und begnadete Musikerin die Botschaft vom Himmel her engelhaft zu vermitteln, und bin ihr an diesem Maientag, ältlich langsam herumschlurfend, sehr dankbar dafür.

PS: Sehr schön ist übrigens auch die slowakische Version dieses Liedes:

Stella Maria von Danka Štrauchová und Daniela Babincová. (Slowakisch, nicht slowenisch!)

Eine Frage der Emanation

2. Mai 2013: Die Göttlichkeit ist, meines Erachtens, wirklich eine Sache der Emanation aus dem Urwesen, so wie neulich hübsch beschrieben im Jahre des Herrn 1906 (siehe weiter unten bei „Derwische, Sufismus und Emanation“), und ihre Intensität ist eine Frage der Position auf der absteigenden Leiter eben dieser Emanation. Dieses Konzept ermöglicht mir alle übrigen Kapriolen von mehr oder weniger persönlichem Ober-Gott und Göttin der Liebe (das indische Urwesen Brahm und seine liebevolle Erstgeborene Maja, die „Maja Brahms“, wie mein Münchner Korrespondent mal so schön formulierte), und anderen Ober-Göttern, galaktischen Göttern, planetarischen Göttern (und jeweils auch Göttinnen) und heiligen Primär-Emanationen über sonstige Hochgeister aller Rangstufen, Engel, Heilige, auf- oder abgestiegene Meister, Feen und Luftgeister bis hin zu Menschen, Tieren, Pflanzen, Dämonen, Steinen, CIA-Agenten, Abhörspezialisten, Bilderbergern, Stalinisten, Großbankiers und was da sonst noch mit sinkendem Wahrheitstempo herumkraucht. Inklusive Konzepte wie Dreigliederung von der Trinität bis zur Dreigestalt des Geistes oder Dreiteiligkeit des Menschen, der Pflanzen etcetera.

Dies sei hier nur so nebenbei und mit erhofftem Verlaub hinzugefügt.

Man „lebt“ nicht unbedingt, aber wie die alten Juden schnaufend sagen, „man lebbt“, oder wie die Putzfrau sagt: „muss ja“. Und beschauliche bis stramme Großspaziergänge gibt's sowieso fast jeden Tag. In den Worten des Komikers Georg Schramm: „Es heißt ja, man soll jeden Tag eine Stunde gehen. Das würde <es> angeblich hinauszögern. Ich geh zwei.“ Und geht ab.

Mir gefällt immer diese abschließende Regieanweisung: „Und geht ab“. Hat was Realistisches.

So wie bei Dieter Hildebrandt und Bruno Jonas vor ein paar Jahren; der Bruno wollte unbedingt wissen, ob der Dieter denn möglicherweise „heterosexuell“ ist, was der Dieter empört abstritt: Was das denn für schmutzige Sachen seien, die ihm da unterstellt werden. Und was der Bruno eigentlich wissen wolle. Darauf Bruno: „Ich will einfach wissen, worauf Du stehst!" Entgegnet der alte Dieter, ganz patzig: „Ich steh auf spanischen Rotwein!“ - Und geht ab.

Alles eine Frage der Emanation und ihrer gelegentlichen Rücksaugmechanismen, wenn die Emanierten müde werden.

1. Mai 2013: Heiligkeit oder Lutschgenuss? Mit der Grübelei über diese Frage verzettelt man sein ganzes Leben und eh man sich's versieht, ist es schon wieder vorbei. Man stürzt sich entweder hinein in das glitschige Vergnügen, und schwuppdiwupp, hat man Kinder am Hals und ist fürs nächste Vierteljahrhundert beschäftigt. Oder aber, man legt sich einen schimmernden goldenen Ring zu, der über der Schädeldecke schwebt, und zwack(h)t sich einen ab. Diese bunt bemalten russischen Eier und Täfelchen sind nämlich auch nicht ganz das Wahre, sondern es sind Provokationen; es sind verlockende Identitätspakete, die der zwischen Lust und Vergeistigung hin- und hergerissene Erdling sich verzweifelt überstülpt, um dann aber festzustellen, dass er sich allein durch diese Festlegung auf fremde Entwürfe schon wieder in schauderhafte Gegensatzpaare und in Lügen so schwer wie Wackersteine verstrickt hat. Das liegt an dem Jahrtausende alten (oder noch viel älteren) Ballast des ewigen Kampfgetöses in diesem Universum. Am besten dürfte man wohl all diesen Dichotomien (d.h. Dualitäten, widersprüchlichen Zweieinigkeiten, doppelgesichtigen Janusköpfigkeiten, dialektischen Dramatisationen und gescheiterten Synthesen) entschieden den Rücken kehren, nehme es wie es kommt und lobe den Herrn. Die Lösung liegt meistens ganz woanders, jenseits der Gegensatzpaare, außerhalb der Widersprüche, in der eigentlichen Schönheit und Wirklichkeit dessen, was Du in Deiner Gegenwart selber willst, in der Art und Weise, wie Du es Dir ganz unabhängig gedacht hättest, in Gnade und urigster Einbildung.

Irrsinn aus dem Nähkästchen des weltweiten Spinnengewebes

29. April 2013: Was ich in meinem unten stehenden Artikelchen mit "Irrsinn der Welt" meine, ist vor allem die Unmöglichkeit, bei den im Medienzirkus vorgegebenen Haupt-Nachrichtenthemen auch nur annähernd feststellen zu können, was wirklich los ist. Mit anderen Worten, die Boston-Bomber könnten geradeso gut Sündenböcke oder CIA-Marionetten sein, weil in Wirklichkeit in den USA das Kriegsrecht durchgeprobt werden sollte, oder es handelt sich um einen "simplen", wenngleich extrem blutigen Reklame-Gag für Überwachungskameras. Die Schäuble-Sprüche von wegen künftiger Normalität der partiellen Beschlagnahme von Sparguthaben über 100.000 Euro könnten eine bösartige, schrittweise von Bankstern vorangetriebene Aufweichung der Resistenzschwelle in der Bevölkerung sein, bis man den Leuten jederzeit alles wegnehmen kann, ohne auf Protest zu stoßen. Die Wiedereinführung der D-Mark könnte genauso gut ein Segen wie ein Fluch sein; Sparpolitik könnte heilsam, aber genauso gut eine äußerst üble Idee sein (je nach Wirtschafts­theorie und nationaler Arbeitsmoral, aber jetzt sitzen wir leider alle im Einheitsbrei). Eine fettreiche mediterrane Ernährung könnte genauso gut schädlich wie lebenserhaltend sein, und so weiter, und so fort. Ich kann das nicht mehr alles zu klären versuchen, nicht einmal als Hobby, denn irgendwo hinterm Horizont oder unmittelbar vor meiner Nase muss es Interes­santeres und Relevanteres geben, wie etwa die Menge an Staub unter meinem Bett oder die fast schon vergessenen Freuden des Radelns oder dergleichen, oder die Vor- und Nachteile des links- und rechtsseitigen Pfades in der Esoterik, oder die Witzgeschichten über den Bayerischen Illuminaten Herrn Zwackh, die durchaus noch der Fortsetzung harren. Es hapert ein bisschen bei der Auswahl des Wichtigen.

Mein Münchner Korrespondent sagt zu diesem Thema: "... es erinnert ein wenig an Poker, nur dass man im Netz lauter Nobodys vor sich hat und man schon fast Profiler mit medialen Fähigkeiten sein muss, wenn man eine Zuverlässigkeit der einen oder anderen Art will. Und nachdem Verarsche salonfähig wird, ob als Politiker oder Nerd, metamorphiert die Informationsflut mit der Desinformation und eigentlich ist man dadurch mehr beschäftigt festzustellen, was es alles nicht ist, anstatt zu identifizieren, was nun was ist. Clever. Die Menschheit zwischen bespaßt und bedooft."

Worauf ich nur entgegnen konnte: "Verstehe. Ich les' gelegentlich die Regenbogenpresse, royale Problemchen, ein mediterraner Dorfbürgermeister mit Casino-Referenzen spielt sich als Fürst auf, als ob er ein Jemand wäre, Maxima frech an der Schwelle zur Macht, und immer süß und stattlich die dänische Kronprinzessin, das Juwel aller Juwelen. ... Außerdem hab ich am Wickel (oder hat mich am Wickel) ein äußerst umständlicher, langsamer, beschaulicher Renaissance-Kriminalroman von Werner Bergengruen unter dem schönen Titel Der Großtyrann und das Gericht. Dies liegt doch immerhin einigermaßen in der Nähe meiner Hauptthemen, aber aus ganz anderer Perspektive. Die Versuchungen des Autokraten und seiner Unter­tanen. Hübsch gemacht. Das Wochenende ging allerdings komplett mit Übersetzungen zum Thema Verbundsicherheitsglas und Delamination drauf. Furchtbar schwerer Stoff. Dafür habe ich sonst jedoch eine ganze Menge freie Tage oder größten­teils freie Tage, kann also nicht klagen und kann mir trotzdem das Nötige und Erfreuliche weitgehend leisten."

Von wegen Sparpolitik

26. April 2013: Während auf Deutschland wegen seiner "Sparpolitik" herumgehackt wird, fragt man sich ja gelegentlich, wie die exakten Zahlen aussehen. Vor 11 Jahren, zum Ende des ersten Quartals 2002, hatte der Schuldenstand der öffentlichen Haushalte (Bund, Länder und Gemeinden) in Deutschland 1203,9 Milliarden Euro erreicht (laut Financial Times Deutschland, 28.6.2002, "Schuldenberg der öffentlichen Hand wächst"). Die Financial Times Deutschland hat inzwischen den Geist aufgegeben, und der Schuldenberg ist auf 2166,28 Milliarden Euro gestiegen. Ich weiß natürlich, dass diese Zahlen mit der Größe der jeweiligen Volkswirtschaft "gerechtfertigt" werden, aber es ist, so oder so, viel zu viel und man verpfändet die künftige Produktionsleistung der Bevölkerung. Hier nun der aktuelle Stand in den EU-Ländern:

Staatsverschuldung EU-Länder 2012-IV: Ergebnis einer Erhebung zum Thema "Staatsverschuldung in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im 4. Quartal 2012 (in Milliarden Euro)". Die Statistik zeigt die Staatsverschuldung in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im 4. Quartal 2012. Die Angaben beziehen sich auf den Gesamtstaat und beinhalten die Schulden des Zentralstaats, der Länder, der Gemeinden und Kommunen sowie der Sozialversicherungen. Zuerst veröffentlicht April 2013. Die Erhebung wurde herausgebracht durch Eurostat. "Staatsverschuldung in Milliarden Euro": Deutschland 2166,28. Italien 1988,66. Frankreich 1833,81. Großbritannien 1700,08. Spanien 883,87. Niederlande 427,52. Belgien 375,39. Griechenland 303,92. Österreich 227,43. Polen 217,67. Portugal 204,49. Irland 192,46. Schweden 158,23. Dänemark 111,57. Finnland 103,13. Ungarn 76,57. Tschechien 69,93. Rumänien 50,00. Slowakei 37,24. Slowenien 19,19. Zypern 15,35. Litauen 13,33. Luxemburg 9,23. Lettland 9,04. Bulgarien 7,36. Malta 4,87. Estland 1,72. {http://de.statista.com/statistik/daten/studie/198377/umfrage/staatsverschuldung-in-der-europaeischen-union/}

"Die Geschichte ist ein Albtraum, aus dem ich zu erwachen versuche." (James Joyce)

Der Irrsinn der Welt und die Resignation des Einsiedlers

Im Übrigen gebärdet sich die Welt wie ein Irrenhaus und ist als Hobby so nicht mehr kommentierbar. Vor allem deshalb nicht, weil die Fakten nicht mehr feststellbar sind; die Datenflut ersäuft sich selbst in einer Fülle von Widersprüchen. Wer hätte da noch Lust, seine Zeit mit Recherchen um der Faktenkunde willen zuzubringen? Besonders wenn die Sanduhr einer Lebenszeit sowieso allmählich auszulaufen beginnt. Interessant wäre die Frage, wieso die Planeten und Monde eigentlich auf ihrer Umlaufbahn bleiben. Die Dinger eiern nämlich derart unregelmäßig herum, dass mit Sicherheit noch andere Faktoren als nur Gravitation und Fliehkraft am Werke sein müssen; Zusammenhänge, die wir Menschlein noch gar nicht verstehen.

Mit Phantasie, Satire und Hosianna kommen wir besser zurecht. Na gut, bei Hosianna ist ein wenig Vorsicht geboten; man denke an die klassische Warnung vor dem Wankelmut des Pöbels: Heute heißt es »Hosianna!« und morgen »Kreuzige ihn!« So wäre denn auch, als persönliche Antwort auf all die Teufeleien der Welt, ein gesundes Maß an Gottesfurcht oder Gottesbewusstsein eine schöne Empfehlung. Nur leider zeigt die Geschichte, dass die Gottesfurcht allerlei aufgestachelte Menschenmassen in Vergangenheit und Gegenwart nicht an Wahnsinnsausbrüchen und gewaltigen kollektiven Grausamkeiten hindern konnte, sondern sogar als Motiv missbraucht wurde, um krasse Verbrechen zu begehen. Umgekehrt erweist sich auch die Gottlosigkeit als Nährboden für grauenhafte Verbrechen; man könnte meinen, dass die Menschen mit oder ohne Gott immer wieder Gründe finden, sich gegenseitig den Garaus zu machen, und dass also Gott in dieser Gleichung nebensächlich sei. Dieser Eindruck täuscht, denn das sind nur die Extreme des menschlichen Wahnsinns, und da ist es Jacke wie Hose. In der alltäglichen Lebenspraxis hingegen hat der Glaube einen überwiegend mildernden und vernünftigen Einfluss. Aber sollte man sich aufs Predigen verlegen? Die Ergebnisse sind nicht verlässlich. Also kann der Einzelne nur still in sich gehen und den ihm selbst innewohnenden Urgrund der Vernunft und der Nächstenliebe finden; irgendein Funke wird sicher noch da sein, und der Rest lässt sich auf dieser Grundlage zusammenreimen.

Subjektiv mag es freilich auch andere Stabilitätsspender, Maßstäbe und Kraftquellen geben, wie zum Beispiel die Achtung der Menschenrechte oder das Handeln aus einem tiefen Glauben heraus, oder auch eine konsequente atheistische Ethik, aber man kann diese Dinge weder vorhersagbar predigen noch einbläuen. Vielleicht kann man sie gelegentlich erwähnen, und es gibt ja auch zigtausend Leute, die zu Erweckungspredigern laufen und gebannt zuhören. Ich denke mal, dass deren Erweckung bereits von innen her stattgefunden hat, sodass sie den Besuch evangelikalischer Vorträge überhaupt beschließen konnten. Also entsprang die Liebe zu Gott oder zu höherer Weisheit offenbar aus ihnen selbst, ob nun durch Erkenntnis­prozesse im Leben oder durch Gnade, und man hätte sie nicht dazu zwingen oder generalstabsmäßig von außen dorthin bewegen können.

Ich mag es nicht besonders, wenn sich jemand auf die Bühne stellt und großspurig verkündet, was Gott will oder was Gott von dir erwartet. Das scheint mir eine Anmaßung zu sein, selbst wenn inhaltlich sehr vieles gesagt wird, womit ich einverstanden bin. Und es besteht offenbar ein Bedarf an solchen Vorhaltungen, aber erstens sind leisere Töne angebracht, zweitens sollten die Leute sich diese Weisheiten lieber selbst erarbeiten, und drittens verfallen im großen Maßstab organisierte Erweckungen und Spiritualisierungen leider häufig auf lästige Zwangs- und Kontrollmechanismen. Außerdem sagt häufig jemand "Gott will von dir, dass du ...", und in Wirklichkeit meint er: "Ich will von dir, dass du ..."; sich als Bote einer höheren Macht darzustellen, erscheint ihm wirkungsvoller.

So läuft es eben, das Spiel des Lebens, und ich gebe es zu: Es ist bereits die Resignation des Alters, die mich so reden lässt, weil ich keinen Bock und keine Kraftreserven mehr habe, um mich von einem System herumscheuchen zu lassen oder letzten Endes die Verantwortung für die Folgen der menschlichen Missinterpretation all der Weisheiten zu übernehmen, die ich persönlich entwickeln könnte oder die ich weiterreichen kann. C'est la vie. Dann muss ich eben aushalten lernen, was auf uns zukommt. Und: Ganz und gar die Klappe halten werde ich sowieso nicht.

Als Begleitmusik zu den nachfolgenden süffigen Sufi-Texten

vielleicht amerikanische Sauflieder von http://bootliquor.radio.de/. Oder?

The problem with the world is that the intelligent people are full of doubts,

while the stupid ones are full of confidence. (Charles Bukowski)

[„Das Problem der Welt ist, dass die Gescheiten sich mit allerlei Zweifeln

herumschlagen, während die Dummen sich ihrer Sache völlig sicher sind.“]

Und nun zu etwas völlig anderem ...

Derwische, Sufismus und Emanation

Hier bin ich nicht genötigt, etwas Neues zu schreiben, denn aus Quellen, die mindestens hundert Jahre alt sind, purzeln uns doch die schönsten Weis­heiten entgegen. Alte Enzyklopädien, nun zum Glück ins Internet herüber gerettet! In diesem Fall der Meyers von 1906/1909 (Derwisch, Sufismus und Emanation). Man muss beim Lesen freilich das Alter der Information berück­sichtigen, aber in vieler Hinsicht wurden solche Dinge damals bunter, leb­hafter und letztlich doch wahrheitsgemäßer in den Lexika dargestellt als heute. Auch pflegte das Bildungsbürgertum im Wilhelminischen Kaiserreich ein recht lebhaftes Interesse an der orientalischen Kultur – auf positivem Niveau. Ich zitiere (gemeinfrei) aus www.zeno.org:

Derwisch

Derwisch (pers., »Armer«; gelegentlich auch, so namentlich in Indien, mit dem arab. Wort Fakir bezeichnet), Name der Mitglieder mohammedanischreligiöser Orden. In den arabischen Ländern wirkten das christliche, in den persisch-indischen das buddhistische Beispiel mit den asketischen Neigungen frommer Kreise und allerlei heidnischen Überbleibseln dahin zusammen, dass aus dem mystisch-pantheistischen Treiben der Sufi (siehe unten) sich schon früh im Islam ein eigenartiges Ordenswesen entwickelte, das später immer größere Ausdehnung gewann. Die gegenwärtigen Orden pflegen ihre Regeln und Zeremonien auf die berühmtesten Männer aus der Umgebung des Propheten selbst, wie Abu Bekr und Ali, zurückzuführen; indes sind das Erdichtungen. In Wirklichkeit sind sie meist in den schweren Zeiten der Türken- und Mongolennot (seit dem 12. Jahrh.) entstanden. So verschieden die Derwische an Kleidung und Gebräuchen sind, so identisch sind die ihnen gemeinsamen Grundsätze, die in der Hauptsache auf die gewaltsame Steigerung mystischer Andachtsübungen und auf die Unterordnung der Jüngeren unter ein Oberhaupt (arab. Scheich, pers. Pir, »Alter«) hinauskommen. Unter übertriebener Frömmigkeit, die besonders auf indischem Boden zu extravaganten Bußübungen führt, verbirgt sich vielfach bei ihnen Heuchelei, und manche Orden leben vorzugsweise von betrügerischen Gaukelkünsten. Die Zahl der vorhandenen Orden wird konventionell auf 72 angegeben, einige 30 sind wirklich nachgewiesen. Von diesen sind die bekanntesten die Kadiri (gestiftet von Abd el Kadir el Gilani, gest. 1166), die Rifa'i (nach Ahmed Rifa'a, gest. 1182), die Ahmedi (nach Ahmed el Bedawi, gest. 1276), die Senusi (s.d.), die Aisaui (nach Mohammed ibn Aisa, gest. 1509 oder 1534) und die Mewlewi (s.d.). Der Stifter der letztern, Dschelal ud Din Rumi (s.d.), ist aus dem Orden der Nurbachschi, der »Lichtspendenden«, einer Gründung des Schihab ud Din Sohrawerdi (gest. 1234), hervorgegangen; ebenso Hadschi Beiram (gest. 1471), der Stifter der Beirami. Unter allen vor der Gründung des osmanischen Reiches entstandenen Orden ist der der Mewlewi der angesehenste. Sein Einfluss wuchs, als Konia, der Sitz seiner Scheichs, dem osmanischen Reich einverleibt wurde, hier das Studium persischer Literatur und Dichtkunst aufblühte und damit auch die Lehre der Sufis, deren vorzüglichstes Organ Dschelal ud Din Rumi war, auf weite Kreise Einfluss gewann. Von politischer Wichtigkeit für das osmanische Reich sind die Bektaschi (gestiftet von Hadschi Bektasch, gest. 1357) wegen des nahen Verhältnisses geworden, in dem sie zu den Janitscharen standen; mit deren Ausrottung sind sie in den Hintergrund getreten. Die Chalweti, von Omar Chalweti (gest. 1397) gestiftet, ziehen sich gelegentlich in eine einsame Zelle (chalwa) zurück und leben daselbst in frommer, durch Fasten verschärfter Pönitenz. Die Saadi, von Saad ed Din Dschibawi (gest. 1335) gestiftet, eine Unterabteilung der Rifa'i, sind Gaukler und Schlangenbeschwörer. Andre Orden sind die der Ruscheni (1533), der Schemsi (1601), der Dschemali (1750) und der Nakschibendi (1319), die heute in Zentralasien weit verbreitet sind.

Zum Teil wohnen die Derwische vereinigt in Klöstern (Tekieh oder Chankâh); wenn sie verheiratet sind, dürfen sie außer dem Kloster wohnen, müssen aber wöchentlich einige Nächte im Kloster schlafen; großenteils aber gehen sie gemeinhin als Handwerker, Krämer oder Ackerbauer ihren Geschäften nach und betätigen nur bei besondern Anlässen ihre Zugehörigkeit zu einem Derwischorden. Ihre Ordensregeln und Glaubenssätze halten sie streng geheim. Ihre religiösen Exerzitien bestehen hauptsächlich in asketischen Selbstkasteiungen und in gewissen Tänzen, deren Hauptschwierigkeit in einem oft stundenlang währenden, meist aber 5–7 Minuten anhaltenden Drehen genau auf einer Stelle besteht. Erst werden beim Tanz die Arme auf der Brust gekreuzt, dann über den Kopf gehoben; hierbei bildet ihr weiter, gelöster Rock einen Kreis um sie; oft fallen sie dabei besinnungslos nieder (tanzende Derwische, zu denen unter andern die Mewlewi gehören). Noch toller treiben es die heulenden Derwische, wozu die schon genannten Rifa'i gehören, und namentlich die fanatischen Aisaui. Arges Bettelvolk sind die in einigen Orden zulässigen wandernden Derwische (z. T. Kalender genannt). Die Kleidung der Derwische ist nach den Orden sehr verschieden; die Hauptstücke sind z. T. der Mantel und namentlich die sehr vielgestaltige Kopfbedeckung, in Form von niedrigern oder hohen (zuckerhutförmigen) Filzmützen, Turbanen u. a. Viele, besonders die Kalender, tragen eine Schale zum Einsammeln von Almosen. Viele mohammedanische Fürsten, darunter auch türkische Sultane, achteten die Derwische sehr hoch und beschenkten ihre Klöster reichlich, und noch jetzt [1906!] sind sie nicht ohne politischen Einfluss. Sie sind durch alle mohammedanischen Gebiete verbreitet, und die respektablern Orden, so die Ahmedi in Ägypten, stehen beim Volk in hohem Ansehen. Vgl. d'Ohsson, Tableau général de l'Empire ottoman, Bd. 2 (Par. 1790); Neveu, Les Khouan, ordres religieux chez les musulmans de l'Algérie (das. 1866); v. Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des Islams (Leipz. 1868); I. Brown, The dervishes, or oriental spiritualism (Lond. 1867); Vambéry, Sittenbilder aus dem Morgenland (Berl. 1876); Rinn, Marabouts et Khouan (Algier 1884); Le Chatelier, Les confréries musulmanes du Hedjaz (Par. 1887); Depont u. Coppolani, Les confréries religieuses musulmanes (Algier 1897); Smirnow, Der Derwischismus in Turkistan, in der »Turkistanischen Zeitung« 1898 (vgl. »Mitteilungen des Seminars für orientalische Sprachen«, Bd. 2, Berl. 1899); Montel, Les confréries religieuses de l'Islam marocain (Par. 1902).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 659-660.

Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006480144

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Sufismus, Sufi

Sûfismus (Sofismus), der Mystizismus der Mohammedaner, nach dem der Menschengeist ein Ausfluss (Emanation, siehe unten) des Göttlichen ist und zur Wiedervereinigung mit demselben zurückstrebt. Ursprünglich heißen sûfî (»wollig«, d. h. mit grober Wolle bekleidet) Asketen, wie sie seit dem 2. Jahrh. der Hedschra in verschiedenen mohammedanischen Ländern aufkommen. Sehr bald machte sich bei diesen, insbes. in dem buddhistischen Einflüssen ausgesetzten Ostpersien, eine vielfach in reinen Pantheismus übergehende Mystik geltend, die oft mit der Askese verbunden bleibt, nicht selten aber dieselbe in den Hintergrund drängt. Die Sûfi unterscheiden heute vielerorten drei Stationen in ihrem geistlichen Fortschreiten: die der Methode, auf welcher der Muslim die vorgeschriebenen Reinigungen und Gebete äußerlich vollbringt; die der Erkenntnis, auf der er, überzeugt, dass alle äußerliche Religionsübung keinen wahren Wert hat, sich vielmehr dem Studium der sufischen Schriften und beschaulichem Versenken in die Gottheit widmet; endlich die der Gewissheit, auf der er sich als eins mit der Gottheit weiß und daher über alle Askese erhaben ist. Praktisch führt der Sufismus naturgemäß überaus häufig zur Freigeisterei und schließlich zum reinen Unglauben; so sind in Persien und Indien die Sufis seit langem im Geruche der Ketzerei. Anderseits hat die Richtung in den großen persischen Dichtern Attâr, Dschelal ud Din Rumi und Saadi würdigste Vertretung gefunden; bei Hafis, so groß er als Dichter ist, hat der Mystizismus schon einen verdächtigen Beigeschmack. Aus dem S. ist das Ordenswesen im Islam hervorgegangen (s. Derwisch). Vgl. Tholuck, S., sive Theosophia Persarum pantheistica (Berl. 1821); Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des Islams (Leipz. 1868); Palmer, Oriental mysticism (Lond. 1867); Gobineau, Les religions et les philosophies dans l'Asie centrale (3. Aufl., Par. 1900); Merx, Idee und Grundlinien einer allgemeinen Geschichte der Mystik (Heidelb. 1893).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 190.

Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007545479

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Emanation

Emanation (lat.), Ausfluss, insbes. die stufenweise herabsteigende Ausströmung oder Entwickelung aller Dinge aus dem Urwesen. Diese Ansicht vom Universum, wonach es ein notwendiger Ausfluss aus der göttlichen Fülle ist, das Emanations­system (Emanatismus), stammt aus dem Orient, ist von den Neuplatonikern aufgenommen worden und wurde innerhalb des Christentums von den gnostischen Sekten ausgebildet (vgl. Äon). Der Ursprung des Bösen wird durch die Annahme erklärt, dass die Dinge notwendigerweise umso schlechter geworden seien, je weiter sie sich allmählich in den Abstufungen der Emanation von dem Urquell entfernt hätten. Auch die kabbalistische Philosophie hat sich das Emanationssystem angeeignet. – In Newtons Theorie vom Licht (s. d.) ist Emanation das Ausströmen der Lichtmaterie von den leuchtenden Körpern. Bei radioaktiven Körpern (s. Becquerelstrahlen) ist Emanation das Ausströmen von Teilchen, wodurch man sich die Becquerel­strahlen und die damit zusammenhängenden Erscheinungen bedingt denkt; auch dieser ausströmende Stoff selbst, der sich durch starke Kühlung mit flüssiger Luft in einem Destillationsapparat verdichten lassen soll, indes nicht in wägbarer Menge.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 744.

Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006549985

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Ansturm auf zyprische Banken – Regierung will Privatvermögen beschlagnahmen

12. April 2013: Im Grunde ist das Ganze ein äußerst trauriger Heuler. Ich habe diesen Blog-Abschnitt während der letzten drei Wochen nicht weiter aktualisiert, weil die „Lösung der Zypernkrise“ sich von Tag zu Tag änderte, so als wollte man die Reaktion von Laborratten testen, und eine Insel ist dafür doch besonders gut geeignet. Die Prozentsätze und die Eingrenzung der Betroffenen (historisch siehe unten) wurden andauernd revidiert: Am Ende schien die Belastung von 30 auf 40 und auf möglicherweise 70 % für die reichen Russen und Ukrainer anzusteigen, während die kleineren Sparer nun doch verschont bleiben sollten. Dann verlor ich das Interesse und die Medien praktizierten ihren üblichen ein- bis zweiwöchentlichen Themenwechsel, um sich primär mit Kim Jong-Bumms Atomgekreisch und nun wieder vorrangig mit 50.000 Tonnen (!) vermanschten europäischen Fleischwaren zu befassen. Kein Thema wird wirklich bis zu seinem jeweiligen Fazit hingeführt, sondern scheinbar kopflos wird das nächste Horror-Thema Nummer eins ausgesucht. Was soll das? Verdoofung?

20. März 2013: Nun sind seit dem ersten „Zypern-Alarm“ ein paar Tage vergangen, und die Medien haben um das Thema „Finanzkrise in Zypern“ immerhin fantastisch großen Lärm gemacht. Die exakten Fakten festzustellen ist aber gar nicht so einfach. Man stößt auf widersprüchliche Angaben, schlampige Berichterstattung und fehlende Informationen. Der springende Punkt ist, dass die 5,8 Milliarden aus privaten Bankkonten zusätzlich zu den 10 Milliarden Euro „Notkredit“ aus EU/IWF-Quellen aufgebracht werden sollen, sonst können sich die Zyprer auch die letztgenannten 10 Milliarden Euro abschminken. Das zyprische Parlament hat jedoch das ursprüngliche Paket, das auch die kleineren Sparer stark belasten sollte, am Dienstagabend (19. März) nachdrücklich abgeschmettert: es gab keine einzige Stimme dafür, 36 Stimmen dagegen und 19 Enthaltungen. Jetzt müsste die zyprische Regierung dem Parlament und der EU einen neuen Vorschlag unterbreiten, wie die 5,8 Milliarden Euro aufzutreiben wären. Heute (20. März) heißt es, dass die zyprischen Banken angesichts der drohenden Staatspleite noch bis Dienstag kommender Woche geschlossen bleiben. Ja sicher, denn sobald sie wieder die Türen öffnen, werden sehr viele Leute versuchen, ihr Geld abzuheben (solange tatsächlich welches da ist). 

Nun ist u.a. von einem russischen Engagement die Rede. Kein Wunder, denn reiche Russen haben zig Milliarden Euro auf zyprischen Konten angelegt. In diesem Kontext wird auch von Geldwäsche und Mafia gemunkelt. Man kann bei diesen Einlagen durchaus von einer Anlage sprechen, denn zyprische Banken haben bislang vergleichsweise hohe Zinsen geboten. Deutsche Banken bieten bei zwei Jahren Laufzeit durchschnittlich 1,57 Prozent Zinsen, in Zypern hingegen sind es 4,43 Prozent. Insofern hatten ja eine Menge reiche Leute dort zunächst einmal kräftig abgesahnt und müssen jetzt nicht gar so traurig (oder wütend) sein. Erstaunlich ist nach all den Zahlenspielen nun die Entdeckung, dass nicht nur Russland, sondern auch die Ukraine heftig betroffen wäre. Denn nach Schätzungen ehemaliger Top-Banker gehören 10 bis 20 Milliarden Euro auf zyprischen Konten tatsächlich ukrainischen Unternehmen und Privatpersonen. Es wäre interessant, wie diese Ausländer-Anteile genau aufzuschlüsseln sind. Das Zahlenmaterial ist bislang konfus oder wird in den Zeitungen konfus präsentiert.

17. März 2013: Aufgepasst! EU und IWF lassen, wenn sie damit durchkommen, Gelder aus privaten Bankguthaben in Zypern beschlagnahmen. Wir sind ins nächste Stadium des globalen Finanzkollapses eingetreten. EU und IWF bequemten sich dieses Wochenende zur Rettung Zyperns, auf Ersuchen der dortigen Regierung, indem sie 10 Milliarden Euro an Hilfsgeldern anboten – für die Rekapitalisierung von Banken als auch zur Finanzierung des Staatshaushalts. Als ergänzenden Beitrag ihrerseits soll die zyprische Regierung eine „einmalige Steuer“ auf alle privaten Guthaben in zyprischen Banken erheben. Wer 100.000 Euro oder weniger auf seinem Konto hat, soll darauf nach diesem Plan eine Steuer in Höhe von 6,75 % zahlen, während Guthaben oberhalb dieses Betrags mit 9,9 % besteuert würden. Die Pressemitteilungen werden sicher ganz höflich formuliert, aber in der Praxis handelt es sich schlicht und einfach um eine willkürliche Beschlagnahme privaten Eigentums (oder kurz gesagt Diebstahl) bei Bürgern, denen man nichts vorzuwerfen hat. Die rannten am Samstag, als die Nachricht durchkam, noch verzweifelt zu den Geldautomaten, die freilich schnell leer waren; dann war der Spaß vorbei, und übers Wochenende – am Montag ist in Zypern ein Feiertag – friert die Zentralbank die elektronischen Überweisungen im gesamten Bankensystem ein, bis von jedem Konto die „Steuer“ abgebucht ist. Noch hören wir davon nicht viel in den Medien, aber es kommt ... denn diese Abzocke zieht die Unantastbarkeit von Privateigentum im Bankensystem überall auf der Welt ernstlich in Zweifel. Indes haben die großen Profiteure ihre Schäfchen natürlich ins Trockene gebracht, sodass von „Steuergerechtigkeit“ keine Rede sein kann, schon allein deshalb nicht, weil es jenseits aller Gerechtigkeit liegt, mit einer neuen Steuer ausschließlich die Gruppe der „Bankkunden“ zu belasten. Was können die Sparer dafür, dass Spekulanten und Regierungen das Gegenteil von „Sparen“ praktizieren? (Informationsquelle: The Agonist; mehr dazu siehe Handelsblatt, Zwangsabgabe für Sparer: Die Zyprer wollen ihr Geld retten)

Bei näherer Betrachtung tauchen ein paar wichtige Details auf: Die Zustimmung des zyprischen Parlaments, das heute am Sonntag in dieser Sache zusammentreten sollte, sich aber auf Montag vertagt hat, ist bislang unsicher. Auch müssen laut Handelsblatt tatsächlich mehrere Parlamente in der Eurozone der von Euro-Finanzministern und IWF beschlossenen Maßnahme zustimmen. Man weiß also nicht, wie lange das Ganze dauert und was unterdessen eigentlich stattfinden wird, außer dass große Unsicherheit und Unruhen wahrscheinlich werden. Auf den Konten zyprischer Banken liegen 69 Milliarden Euro, wovon etwa 40 Prozent Ausländern gehören – meistenteils reichen und nicht einmal in Zypern ansässigen Russen! Jedoch würde die mickrige Schadenfreude hierüber wohl kaum den Schmerz und die Not der weniger wohlhabenden zyprischen Bevölkerung lindern. Insgesamt sollen den Bankkunden ca. 5,8 Milliarden Euro geklaut werden. Wie werden die Bankkunden im übrigen Europa darauf reagieren? (Siehe auch iknews: Bankrun auf Zypern: Ein Testballon oder Rachefeldzug?, wo es so schön heißt: „Bargeld ist Freiheit, das muss als Quintessenz herauskommen. Die Bestrebungen, Bargeld abzuschaffen, laufen in ganz Europa auf Hochtouren. Zypern ist ein kleiner Testballon ...“)

9. März 2013: Wenig Muße dieser Tage, aber der folgende Text, den mir vor 12 Jahren jemand zusandte (Autor unbekannt), möge als Zwerchfell­training wider den tierischen Ernst dienlich sein. (Abb. links: eine alberne Skulptur in Kiew)

Auszug aus einer Studie über die Ehe, die mit 10-Jährigen und jünger durchgeführt wurde (freie Übersetzung aus dem Französischen):

WIE ENTSCHEIDET MAN, WEN MAN HEIRATET?
Man muss jemanden finden, der die gleichen Sachen mag. Wenn du gerne Fußball hast, muss sie es auch mögen, dass du gerne Fußball hast, und dann die Chips und das Bier bringen.
– Alain, 10 Jahre
Man entscheidet nicht wirklich selbst, wen man heiratet. Gott entscheidet das für dich lange im Voraus, und dann wirst du sehen, wen er dir da an den Hals hängt.
– Kirsten, 10 Jahre

WAS IST DAS RICHTIGE ALTER ZUM HEIRATEN?
Das beste Alter ist 23, weil du da deinen Ehemann schon mindestens 10 Jahre kennst.
– Camille, 10 Jahre
Es gibt kein "bestes Alter" zum Heiraten. Man muss wirklich blöd sein, um heiraten zu wollen.
– Freddie, 6 Jahre

WAS MACHEN LEUTE WÄHREND EINES RENDEZVOUS?
Die Rendezvous sind da, um sich zu amüsieren, und die Leute sollten diese Gelegenheit nutzen um sich besser kennenzulernen. Sogar die Jungs haben irgendetwas Interessantes zu sagen, wenn man ihnen lange genug zuhört.
– Linette, 8 Jahre
Beim ersten Rendezvous sagen sie sich interessante Lügen, dadurch sind sie dann bereit, ein zweites Rendezvous zu haben.
– Martin, 10 Jahre

WAS WÜRDEST DU MACHEN, WENN DEIN ERSTES RENDEZVOUS VERPATZT WAR?
Ich würde nach Hause gehen und so tun, als wäre ich tot. Und dann würde ich die Zeitungen anrufen und eine Todesanzeige abdrucken lassen.
– Craig, 9 Jahre

WAS HABEN DEINE ELTERN GEMEINSAM?
Sie wollen keine weiteren Kinder mehr.
– Aure, 8 Jahre

WANN DARF MAN JEMANDEN KÜSSEN?
Wenn sie reiche Männer sind.
– Pamela, 7 Jahre
Wenn du eine Frau küsst, musst du sie heiraten und mit ihr Kinder haben. So ist das eben.
– Henri, 8 Jahre

IST ES BESSER, LEDIG ODER VERHEIRATET ZU SEIN?
Ich weiß nicht, was besser ist, aber ich würde nie mit meiner Frau Liebe machen. Ich möchte nicht, dass sie fett wird.
– Théodore, 8 Jahre
Für die Mädchen ist es besser, ledig zu bleiben. Aber die Jungs brauchen jemanden zum Putzen ...
– Anita, 9 Jahre

... und jetzt kommt das Beste !!!....
WAS MUSS MAN TUN, DAMIT DIE EHE EIN ERFOLG IST?
Man muss der Frau sagen, dass sie schön ist, auch wenn sie aussieht wie ein Lastwagen.
– Richard, 10 Jahre

1. März 2013: Der unten stehende Artikel über die altväterlichen Bayerischen Illuminaten der Marke Weishaupt, Zwack und Knigge soll noch fortgesetzt werden, aber „nebenbei“ muss ich und darf ich meinen Lebensunterhalt bekanntlich mit nüchternen sprachlichen Aufträgen verdienen. Übrigens gibt es ja, wenn wir ein Streiflicht auf eine aktuellere Kuriosität werfen wollen, einen lautstark fabulierenden Aussteiger der erheblich düstereren heutigen Illuminati, so sie denn existieren: einen gewissen Leo Zagami (Abb. links), von dem sich nicht genau sagen lässt, ob er an dieser Truppe, die ihn von Kind auf verzog, total irre geworden ist oder ob diese Truppe wirklich derart irre ist, dass der Mann bloß akkurat den Geisteszustand seiner Ex-Kameraden wiedergibt. Jedenfalls taucht er ab und zu in konfusen Interviews auf, will nicht nur den 33. Grad der Freimaurerei, sondern auch den 90. und 95. erreicht haben, wobei niemals klar gesagt wird, ob man denn etwas dafür getan haben muss, den 34., 35., 36., 37., ... ..., 67., 68., 69., ... ..., 86., 87., 88., 89. Grad jeweils einzeln zu „erreichen“, und ob man dafür irgendwas erlernen oder irgendeine Leistung erbringen musste, oder ob es diese Zwischengrade samt und sonders gar nicht gibt, sondern zum Beispiel die Position eines stellvertretenden Kassenwarts bei der Vatikanbank oder dergleichen automatisch mit der Zuweisung des 95. Grades einhergeht. Anders gesagt, großspuriger Stuss mit Trompe­tendüsen dahinter. Man lüftet den letzten Schleier vor dem letzten, geheimsten Altar und man findet dahinter ... ein gähnen­des Nichts. Oder? Leo „Lyon“ Zagami jedenfalls fühlt sich kolossal verfolgt, wurde neulich anscheinend sogar von den Jesuiten in Rom eingesperrt (wovon es ein hysterisches, „hinausgeschmuggeltes“ Hausarrest-Video gibt), damit er in seinem neuerdings entstandenen „Ich-bin-Jesus“-Wahn keinen Stunk beim Papst machen konnte, und schwadroniert nun seit Jahren ohne Punkt und Komma in tontechnisch absolut lausigen Telefon-Interviews und mit schwerfälligem italienischen Akzent vom Hundertsten ins Tausendste. Man kriegt den Eindruck, dass er extrem viel weiß (oder wusste), aber es brodelt alles so durcheinander in seinem Kopf herum, dass er es in keine normalverständliche Reihenfolge bringen kann. Möge der Herr sich seiner irgendwann erbarmen und ihn auf grünere, ruhigere Kuhweiden mit einschläfernden Hinkelsteinen führen.

Die Bayerischen Illuminaten

„Die sicherste Maßregel gegen geheime Verbindungen ist eine weise, im Lichte wandelnde Gesetzgebung, eine gerechte, die Freiheit des Gewissens mit Aufrichtigkeit schützende Regierung. Das Licht des Tages und der Öffentlichkeit löscht die Lampen aus, die ein untilgbares Bedürfnis unter dem Druck der Finsternis anzündete.“

Also sprach Gymnasialprofessor Friedrich Jacobs (1764–1847) in seiner Gedächtnisrede am 9. Juni 1804 auf den verstorbenen Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804). Die hier erwähnten „Lampen“ wollte er in Anerkennung seines seligen weisen Landesherrn offenbar als bloße Funzeln abtun, als Notbeleuchtung einer unaufgeklärten Vergangenheit. Zu den bedeutenderen Funzeln zählten die „Illuminaten“, was ja eigentlich „die Erleuchteten“ bedeutet. So nennen sich Besserwisser gern. Bei Herzog Ernst II. fand der führende Geheimbündler Adam Weishaupt Zuflucht, nachdem seine Illuminaten, die er ursprünglich Perfektibilisten („die Vervollkommenbaren“) nennen wollte, 1785 in Bayern verboten worden waren. Damals gab es in Deutschland noch diesen faszinierenden Flickenteppich kleiner Fürstentümer, und somit eine Fluchtmöglichkeit, wenn woanders der Kopf in die Schlinge geriet: eine Tatsache, die, nebenbei gesagt, für Friedrich Schiller genauso nützlich war wie einst für Martin Luther. Napoleon schließlich, der geisteskranke Eroberer und grobschlächtige Organisator, konnte als Besatzungsherr eine Landkarte mit so vielen Schlupfwinkeln und Komplexitäten nicht gebrauchen und setzte der territorialen Vielfalt ein Ende.

Die Bayerischen Illuminaten hatten offenbar nur sehr wenig mit unserer heutigen Vorstellung von Illuminati zu tun, wenngleich die Strukturen, Methoden und zu rascher Verfinsterung neigenden Machenschaften solcher Geheimbünde (Orden, Sekten, Elitegruppen, Bruderschaften, Einheits­parteien, Geheimdienste usw.) doch durch die Bank frappierende Ähnlichkeiten aufweisen. Die geistesgeschichtliche Verbindung von den mittlerweile gründlich erforschten bayerischen Querdenkern um 1780 zu den mutmaßlichen Ober-Puppenspielern im weltgeschichtlichen Hintergrund des 20. und 21. Jahrhunderts war mir schon immer sehr dünn vorgekommen. Wer sich für das Thema interessiert, findet reichhaltiges Material im Internet, angefangen bei der klassischen Biographie der Schlüsselfigur Adam Weishaupt (17481830), eines Ordensgründers, der im Alter von 7½ bis 15 Jahren bei den Jesuiten in die Mangel genommen wurde und aus Protest gegen diese Gehirnwäsche offenbar eine intellektuell hochkultivierte, nichtsdestotrotz totalitäre Tugend der Rebellion entwickelte. Eine extrem umfangreiche Darstellung (467 Seiten) bietet die Geschichte des Illuminaten-Ordens von Leopold Engel, was ein bisschen zu viel des Guten ist, dennoch tut man als Liebhaber wohl gut daran, alles abzuspeichern und auf eine CD zu brennen, denn wer weiß, ob die Informationen morgen noch in dieser Fülle zur Verfügung stehen.

Die Story dieser nahezu altbackenen Original-Illuminaten hat wie die meisten heroisch-elitären Bemühungen auf unserem Globus zwei Seiten, nämlich zum einen den aufrichtigen, idealistischen, vernunftbeseelten Freiheitsdrang einer Bewegung, die ihrer Zeit deutlich voraus war, und zum anderen das unvermeidliche Abgleiten einer Geheimgesellschaft in äußerst freiheitswidrige Kontrollmuster von Bespitzelung, Redeverbot, Bedrohlichkeit, Illegalität und Erpressung, stets begleitet von der falschen Vorstellung, der Zweck heilige die Mittel; und was für eine superbescheuerte Rechtfertigung saugt sich doch der skrupellos durchgefickte menschliche Verstand aus welterschütternd großen, unüberschaubar heiligen Zielen. Erstaunlich ist, wie schnell diese Widersprüchlichkeit hier zutage trat, wurden doch die Bayerischen Illuminaten erst am 1. Mai 1776 gegründet und bereits am 2. März 1785 wirksam verboten. Knapp neun Jahre, das ist keine lange Zeit, aber sie trieb die wunderlichsten Blüten.

Historisches Umfeld und klassische Verschwörungsmechanik

Aus marxistischer Sicht würde man die Bayerischen Illuminaten trotz all ihrer grauen Perücken in den Führungszirkeln und trotz ihres immer noch elitären Gehabes mit Sicherheit positiv werten, positiv im Sinne des erhofften gesellschaft­lichen Fortschritts, der durch den Klassenkampf zu erzielen wäre. Zu jener Zeit ging es ja um einen Machtwechsel, letztlich um die Ablösung der Feudalherren durch das aufstrebende Bürgertum. Ein Beispiel dafür, dass das Bürgertum unter günstigen Bedingungen bereits eine Chance hatte, lieferte die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika am 4. Juli 1776, also im gleichen Jahr, als Weishaupt seinen Illuminaten-Orden gründete. In Europa hielt sich die eingefleischte Ordnung länger, aber seit einiger Zeit brodelte es auch hier.

Insofern standen die Illuminaten als Vertreter einer bürgerlich-liberalen Denkrichtung im unvermeidlichen Konflikt mit den allmählich schwächer werdenden Monarchen, die noch allerorten herrschten. Ihr unbändiger Freiheitswunsch, worunter sie vor allem die Abwesenheit von Tyrannei verstanden (hinter vorgehaltener Hand natürlich auch die konkrete Absetzung der Despoten), und ihr unbeugsamer Wille, ein Zeitalter der Vernunft einzuleiten, richteten sich naturgemäß gegen die Interessen der damaligen Herrscher. Seltsamerweise brachte Weishaupt seine Zielsetzung nur in einem französischen Satz auf eine kurze Formel (so wie heutzutage oft das Englische bevorzugt wird), nämlich: Mon but est faire valoir la raison, d.h. Mein Ziel ist es, die Vernunft geltend zu machen. Das Bedeutungsspektrum der Wendung faire valoir reicht von nutzbar machen über geltend machen bis hin zu durchsetzen. Übersetzungstechnisch würde man sich auf geltend machen einpendeln, aber tief in die Seele geblickt ging es Weishaupt und seinen Mitstreitern eindeutig darum, die Vernunft durchzusetzen. Nur ist nicht immer leicht festzustellen, was vernünftig wäre, und mangels Einigkeit setzt es bald Fausthiebe oder Verbote, Verfolgungsjagden, Einkerkerungen und andere Zwangsmaßnahmen bis zur Hinrichtung , und selbst wenn eine Revolution erfolgreich wäre, wie die Französische Revolution von 1789, kann das Endergebnis wieder genauso totalitär und tödlich ausfallen wie das alte System, das man aus den Angeln hob (oder noch schlimmer). Es waren also spannende Zeiten. Kein Wunder, dass der in Bayern organisierte Widerstand gegen das alte Regime sich von Anfang an geheimbündlerischer Mittel bediente, denn die Fürsten sahen sich eh schon bedroht und hätten auf einen öffentlichen Aufruf zur Rebellion sehr schnell reagiert.

So passiert es, dass eine eng zusammengeschweißte, avantgardistische (die Vorhut einer neuen Zeit bildende) Gruppe, die Freiheit auf ihre Fahnen schreibt, aus Sicherheitsgründen ihre eigenen Mitglieder relativ unfrei macht. Man will der Möglichkeit vorbeugen, dass einer zur Polizei rennt (zur Gestapo, zur Stasi, zur Einwanderungsbehörde, zum Sozialamt o.Ä.) und ernste Schwierigkeiten heraufbeschwört. Deshalb müssen alle Kandidaten gründlich überprüft, ausgehorcht und verhört werden, selbst gestandene Mitglieder dürfen so wenig wissen wie möglich, und alle sind angehalten, sich gegenseitig argwöhnisch zu beobachten und Berichte (Charakterstudien oder Denunziationen) an die Oberen zu verfassen. Die ein- und ausgehende Post wird grundsätzlich von Sicherheitsleuten geöffnet und gelesen, wie man ja in verschworenen, bedrohten Gemeinschaften auch selten Skrupel hat, seine vermeintlichen oder wirklichen Feinde, einschließlich der Obrigkeit, zum eigenen Schutz und Trutze auszuspionieren. Das Spielchen Spion gegen Spion wird zum permanenten Drama, während die Paranoia der Obrigkeit und die Paranoia der Geheimgesellschaft sich gegenseitig hochschaukeln. Ein Austritt aus der Gruppe wird nahezu unmöglich gemacht und nur unter Bedingungen absoluter Schweigepflicht und künftiger Erpressbarkeit gewährt, oder aber, wie etwa bei Widerstandsgruppen, die Abkehr kostet beim geringsten Anzeichen von Verrat den Kopf, weil es zu gefährlich ist, unberechenbare Ex-Mitglieder da draußen rumlaufen zu lassen – egal wie humanistisch die eigenen Überzeugungen sind. All das ist ziemlich gut nachvollziehbar.

Sturm und Drang

Dass Veränderung in der Luft lag, war schon klar. Da gab es zum Beispiel Schillers aufwühlendes Drama Die Räuber, das 1782 in Mannheim uraufgeführt wurde und den jungen Autor schlagartig berühmt machte, besonders weil es der Unzufriedenheit und Auflehnung vieler junger Menschen Ausdruck verlieh. Seine Figur Karl Moor lässt er ausrufen: „Ich soll meinen Leib pressen in eine Schnürbrust und meinen Willen schnüren in Gesetze. Das Gesetz hat zum Schneckengang verdorben, was Adlerflug geworden wäre.“

Ein anderes Beispiel wäre der Dichter, Komponist, Musiker und Publizist Christian Friedrich Daniel Schubart (17391791), über den der württembergische Herzog ohne Prozess und Urteil eine zehnjährige Haft auf der Festung Hohenasperg verhängte; das erste Jahr in strenger Einzelhaft in feuchter, lichtloser Zelle und im weiteren Verlauf mit grimmigen Versuchen der Umerziehung. Das machte den rebellischen Schubart, der 1787 gesundheitlich zerrüttet aus der Haft kam und dann nur noch vier Jahre zu leben hatte, freilich zu einer Symbolfigur der Auflehnung gegen feudale Machtübergriffe. Der junge Schiller sah ihn als Vorbild; kein Wunder, hatte doch auch er unter dem tyrannischen Herzog von Württemberg zu leiden gehabt, der ihn praktisch zum Leibeigenen machte. Schubart lieferte 17741777 in seiner Deutschen Chronik“ (und in seinen letzten Lebensjahren) zweimal wöchentlich temperamentvolle Kommentare zu laufenden Ereignissen und wetterte gegen religiöse Intoleranz und gegen Aberglauben. In der Deutschen Chronik“, 47. Stück vom 10. Juni 1789, schrieb Schubart im theatralischen, schwärmerischen Stil seiner Zeit:

Blick – Alle Völker der Erde, wo es noch Denker gibt, müssen jetzt ihre Blicke scharf auf das kleine Europa heften, das so lange schon durch seine Politik, Kriegskunde, Aufklärung, Wissenschaft und Kunst andern, weit größern Weltteilen fruchtbar wurde. Wo hallten die Donner der Europäer nicht? wo wehte nicht ihr Geist? Aber jetzt scheint es, unsrer europäischen Republik – wo Königsgewalt, Hierarchie, Herrschaft des Adels und des Volks seit vielen Jahrhunderten wie eiserne Widder aufeinander stießen, stehe eine ernste Veränderung bevor. In allen großen und kleinen Staaten bemerkt man eine Gärung, die immer gewaltiger wird, so, dass die Reife unserer bisherigen Verfassungen schon da und dort zu springen beginnen wie ein Fass, worin brausender Most rumort. – In weniger als einem Jahrhundert wird Europa eine ganz andere Gestalt haben; dies weissagt der große Friedrich noch kurz vor seinem Tode. Traun! Die Alleinherrscher haben die Saiten so gewaltig gespannt, dass sie brechen müssen. (Ein Mann hohen Geistes sprach jüngst zu mir: ‚Irreligiösität und Sittenverderb hat die meisten Großen angesteckt; sie müssen endlich ein Raub der niedern Stände werden, wo noch so viel körperliche und sittliche Kraft ist.‘)“ – Schubart, Deutsche Chronik, S. 310f. Röderberg-Taschenbuch Band 173, Pahl-Rugenstein Verlag, Köln 1989.

Na ja, Karl Marx ließ hier im Voraus grüßen. Aber zunächst einmal ging es um den bürgerlichen Sieg über den Feudalismus, zu erringen durch einen Konflikt, der sich in Wirklichkeit über Jahrhunderte hinzog. Im Übrigen ist es nie absolut sicher, dass diese „Produkte des Klassenkampfes“ überhaupt von Dauer sind. Eine Zivilisation kann sich jederzeit entscheiden, zum Kaisertum oder Zarentum zurückzukehren – die Franzosen hatten sehr bald wieder einen Kaiser –, und dass der „Rückfall“ vom Sozialismus zum Kapitalismus möglich und machbar ist, haben wir inzwischen zur Genüge gesehen. Im Grunde geht es beim Fortschritt der Menschheit eher um qualitative Verbesserungen, das Zurückdrängen von Krieg, Hungersnot, Seuchen, Leibeigenschaft und Kinder- und Müttersterblichkeit, die Zusicherung einer möglichst freien Entfaltung des Individuums inklusive guter Bildungschancen, gesunde Ernährung, eine anständige soziale Absicherung, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, Abschaffung von Diskriminierung, hohe Umweltstandards und eine nicht allzu große Schere zwischen Arm und Reich. Mit welchem „System“ diese Fortschritte erreicht werden, ist eigentlich egal, Hauptsache die Menschenwürde bleibt gewahrt und normale Gerechtigkeit ist zugesichert.

Jesuiten und Seelenfänger

Adam Weishaupt, mit 20 Jahren bereits zum Doktor der Philosophie promoviert, wurde 1772 außerordentlicher Professor der Rechte, 1773 ordentlicher Professor für Kirchenrecht an der Universität Ingolstadt und lehrte auch praktische Philosophie. Das intellektuelle Klima an der Universität war bemerkenswerterweise fast vollständig von ehemaligen Jesuiten beherrscht (deren Orden unter schwerem politischen Druck 1773 von Papst Clemens XIV. aufgehoben worden war und erst 1814 wiederhergestellt wurde). So sah sich Weishaupt im Lehrkörper ziemlich isoliert, auch weil er sich für die Ideen der Aufklärung begeisterte. Er witterte überall jesuitische Intrigen und sammelte zunächst einige seiner Studenten in einem Geheimen Weisheitsbund, um ihnen Zugang zu kirchenkritischer Literatur zu verschaffen. Seine intellektuelle und erzieherische Eifersucht wurde bald noch weiter aufgeheizt, weil der mystisch-spiritualistische Orden der Gold- und Rosenkreuzer unter seiner Nase aktiv wurde. Weishaupt musste, wie er 1790 über diesen Gründungsanlass der Illuminati schrieb, unbedingt etwas unternehmen:

„Zwei Umstände aber gaben vollends [den] Ausschlag. Zu eben dieser Zeit [1776] hatte ein Offizier namens Ecker in Burghausen eine Loge errichtet, welche auf Alchemie ging und sich gewaltig zu verbreiten anfing. Ein Mitglied dieser Loge kam nach Ingolstadt, um dort zu werben und die Fähigsten unter den Studierenden auszuheben. Seine Auswahl fiel zum Unglück gerade auf diejenigen, auf welche auch ich mein Auge geworfen hatte. Der Gedanke, so hoffnungsvolle Jünglinge auf diese Art verloren zu haben, sich [sic! sie?] auch überdies mit der verderblichen Seuche, mit dem Hang zur Goldmacherei und ähnlichen Torheiten angesteckt zu sehen, war für mich quälend und unerträglich. Ich ging darüber mit einem jungen Mann, auf welchen ich das meiste Vertrauen gesetzt hatte, zu Rate. Dieser ermunterte mich, meinen Einfluss auf die Studierenden zu benutzen und diesem Unwesen durch ein wirksames Gegenmittel, durch Errichtung einer Gesellschaft, so viel als möglich zu steuern […]“

Daher gründete Weishaupt am 1. Mai 1776 mit zwei seiner Studenten den Bund der Perfektibilisten, den späteren Illuminaten-Orden. Für die Ordensstruktur ließ er sich von einem Studenten beraten, der andernorts bereits Erfahrungen mit dem Aufbau eines Studentenordens gesammelt hatte, und schließlich übernahm er auch Strukturen und Inhalte der Freimaurerei. Weishaupt war jedoch 1776 kein Freimaurer, trat erst 1777 in eine Freimaurerloge ein und übernahm von dort Ideen und Mitglieder, aber seine Illuminaten-Kreation ging über die Freimaurerei wesentlich hinaus und es wurden dort zwar Mitglieder angeworben und sogar Teile der Infrastruktur genutzt, aber das Gros der Freimaurer distanzierte sich damals wie heute von dieser seltsamen Blüte, die unabhängig in einer anderen Richtung davonpreschte.

22. Februar 2013: Der obige Artikel über die Bayerischen Illuminaten wird noch fortgesetzt. Unterdessen wollte ich als Lesezeichen und fürs allgemeine Interesse die folgende Grundsatzrede von Alex Jones notieren, worin es um die Frage geht, wie man die globalistische Elite besiegt, also im Grunde die ganz und gar nicht aufklärerischen Drahtzieher, Vampire und Ultra-Ausbeuter, die man heutzutage oft Illuminati nennt. Wenn heute jemand den freiheitlichen Weishaupt macht, dann wohl eher dieser Herr Jones. Man hüte sich bei all diesen Enthusiasmen jedoch vor der Doppelgesichtigkeit oder Janusköpfigkeit, d.h. vor dem freiheitsfeindlichen weisen Haupt, wie etwa hier vor dem allzu radikalen Anti-Jones, der als entfesselbare Komponente unter der Oberfläche rappelt und ab und zu in Jähzornausbrüchen zutage tritt.

 

23. Februar 2013: C. G. Jung ausgerechnet von den Rosenkreuzern zitiert – und von mir? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Also sprach Carl Gustav: Es besteht der Grundirrtum im Publikum, dass es bestimmte Antworten, Lösungen oder Anschauungen gebe, die einer nur sagen müsse, um das nötige Licht zu verbreiten. Die schönste Wahrheit nützt aber nichts – wie die Geschichte tausendfältig zeigt –, wenn sie nicht zur ureigenen inneren Erfahrung des Einzelnen geworden ist. Jede eindeutige, sogenannte klare Antwort bleibt aber stets im Kopfe stecken und dringt nur in den allerseltensten Fällen bis zum Herzen vor. Nicht die Wahrheit zu wissen tut uns not, sondern sie zu erfahren. Nicht eine intellektuelle Anschauung zu haben, sondern den Weg zur inneren, vielleicht wortlosen, irrationalen Erfahrung zu finden, das ist das große Problem. Nichts ist fruchtloser, als davon zu reden, wie es sein müsste oder sollte, und nichts ist wichtiger, als den Weg zu finden, der zu diesen fernen Zielen führt. Wohl die meisten wissen, wie es sein sollte, aber wer zeigt den Weg, auf dem man dahin gelangen könnte? – C. G. Jung (1875–1961), zitiert bei AMORC, Reklameseite Kostenloser Schnupperkurs für Einsteiger in die Mystik

Dem Osten geht es gut! Kaviar, Ghettoblaster, Wasserpfeife, Schwarzwein, Pseudopelzdecken und pink verpackte Sinnlichkeit, was will man mehr?

Verzweifelte Rückzugsgefechte der Nord-Allianz

2. Februar 2013: Wozu das ganze Gemecker, und warum jammern wir? Geopolitisch-planetarisch gehören wir doch immer noch zum „siegreichen Team“. Das siegreiche Team ist die Nord-Allianz, Europa-Russland-Japan-Nordamerika. Viele von uns haben kurze Arbeitswochen und, im Vergleich zum 19. Jahrhundert und früher, einen nie geahnten Luxus. Man hat die Welt erobert, man hat sie lange ausgebeutet, man will sich noch immer den doppelt so hohen Lebensstandard bei halb so viel Arbeitsaufwand leisten können, wie gehabt. Die anderen sollen weiterhin schuften wie die Kulis; aber nun wollen sie ihren fairen Anteil, wollen Zinsen haben wie wir und Fleisch essen und die Luft verpesten wie wir. Die Briten hatten ihr Imperium mit dem Opiumhandel aufgebaut, auf Kosten der Gesundheit unterjochter Völker, aber das Imperium ist längst kollabiert und das Rauschgift mitsamt unzähligen einst Unterjochten, bereits den verbalen Krummsäbel Schwenkenden längst zurückgeschwappt. Die USA hatten ihre gigantische Industrie, aber die Produktion ist nun weitgehend ausgelagert und man will sich die Finger nicht mehr schmutzig machen. Man wird sie sich künftig doppelt schmutzig machen müssen, um noch weiterzuexistieren. Die Franzosen verstricken sich in irgendetwas Unfassbares, ich weigere mich, diese stinkige Afrika-Mission gegen die vom Westen selbst hochgezüchtete Al Qaeda (nebst ihren Mitmotzern vor dem Herrn) überhaupt zu begreifen. Deutschland ist paradox, man übt sich in moralischer Betroffenheit, stirbt allmählich aus und ergänzt sich durch Überfremdung, sendet pazifistisch verschämt ein paar Transportflugzeuge und Uniformen und Polizei-Ausbilder, bewaffnet aber weite Teile der Welt mit einer ungeheuren Menge an erstklassigen Rüstungsgütern, Mordwaffen – Vernichtungspotenzial, das unaufhaltsam auch in skrupellose Hände gerät –, lässt die anderen sich gegenseitig abschlachten, erhebt dazwischen die dünne Stimme der Westerwelle-Vernunft und hofft, nicht angegriffen zu werden, nachdem man sich selbst weitgehend entwaffnet hat. Die einstigen „Herrenvölker“ sind jedenfalls nervös geworden und agieren nahezu kopflos. Es könnten lauter Bananenrepubliken dabei herauskommen.

Die Rückzugsgefechte, der fortgesetzte Kontrollwahn, die militärischen Verzweiflungsakte sind in einer Zwischenzone zu beobachten, in Nordafrika, Nahost, Zentralasien, Mittelamerika und schwächelnd noch bis Venezuela und Kolumbien. Weiter südlich kann der gierige Griff des Nordens sich nicht mehr behaupten, nachdem bereits Araber, Perser, Afghanen einen unbesiegbaren, wenn auch konfus wirkenden eigenen Willen behaupten. Der „Süden“ des Planeten, ob Indien oder China, die Südhälfte Afrikas, der größte Teil Südamerikas, geht eigene Wege und bleibt nicht unter der Knute der nordischen Vorherrschaft; hat teilweise nun schon  selbst die Knute ergriffen, verlangt Zinsen fürs geborgte und gestundete Geld, kommt einkaufen und hat sich die nötigen Technologien schon weitgehend unter den Nagel gerissen; entwickelt vermutlich sogar schon selbst ganz neuartige Technologien, irgendwo in den brasilianischen Wäldern, auf den entlegenen chinesischen Hochebenen und in den High-Tech-Palästen der Inder.

Wir müssen uns also irgendwie, hoffentlich noch rechtzeitig, am eigenen Schopf aus dem Sumpf hochziehen, produktiv bleiben und produktiver werden, jetzt bitte nicht mehr zum Zweck des Unterjochens, sondern in einer halbwegs gerechten, halbwegs ausgeglichenen, nachhaltigen Zusammenarbeit. Da ist noch viel Phantasie gefragt. Mit dem Draufhauen lässt sich nichts lösen. Unterdessen können wir damit rechnen, dass rabiater werdende Drückerkolonnen von völlig durchdrehenden Multimedia-Konzernen uns an der Haustür belästigen und auf der Jagd nach Kabelverträgen alte Menschen einschüchtern, weil die Konkurrenz auf einem sowieso gesättigten Markt immer härter wird und weil kein Schwein mehr ein wahres, gesundes Interesse daran haben kann, sich an noch mehr Leitungen und neue Gerätschaften anzuschließen, die uns sowohl zudröhnen als auch gnadenlos aushorchen. Ich meine, so ein seltsames Webcam-Glotzauge führt doch ein bedenkliches Eigenleben und lässt gewissermaßen durch unterschwellige Reizreaktion nicht locker, bis man ihm in zwanghaftem Exhibitionismus praktisch alles gezeigt hat. Eine Schande ist das. Man weiß ja nie, wer mitglotzt oder sogar die Daten direkt aus dem Privatcomputer herausklaut. Die oben und unten abgebildete Dame, die mit irgendeiner östlichen Amateurfoto-Sammlung im Internet gelandet ist, kann vielleicht ein Lied davon singen. Da ich mich hier ebenfalls, zumindest im übertragenen Sinne, andauernd nackt auf den Tisch lege, habe ich keine sonderlichen Skrupel bei der Weiterleitung. – Okay. Wollte nur mal ein bisschen toben und tosen. Viel Glück, immer schön gutgehen lassen, und bleiben Sie auf der Hut!

Oder (unten): Sushi, Martini, Orangensaft, Ghettoblaster, Digitalkamera und glitzerndes Bauchtanz-Kostüm. Hoch die Tassen, solange es geht!

Demokratie als Affenkäfig? Volksabstimmung oder Europa als Schicksal

23. Januar 2013: Ohne die liebliche TV-Serie Gilmore Girls, deren DVDs der ersten Staffel zu später Nachtstunde meine Weltsicht lindern, wäre ich nie darauf gestoßen: H. L. Mencken, A Mencken Chrestomathy. Auch das Wort chrestomathy hatte ich nie gehört: es bedeutet in diesem Kontext eine Sammlung von Passagen oder Ausschnitten aus den Werken eines Autors. Dieser Henry Louis Mencken (1880–1956) (Abb. links), US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist, Literaturkritiker, Kolumnist und Satiriker, scheint einer der besseren amerikanischen Philosophen gewesen zu sein, jedenfalls prägnant und geistreich. Mittlerweile schon etwas verstaubt wirkt zwar der Satz: „Eine Dame ist eine Frau, deren bloße Anwesenheit zur Folge hat, dass sich Männer wie Herren benehmen.“ (Zitate von Henry Louis Mencken.) Aber auf Anhieb gefällt mir am besten diese ausgekochte kleine Frechheit zum Thema Demokratie:

„Democracy is the art and science of running the circus from the monkey-cage.
H.L. Mencken, A Mencken Chrestomathy

Ah ja! „Demokratie ist die Kunst und Wissenschaft, den Zirkus vom Affenkäfig aus zu dirigieren.“ Das sehen wir seit längerer Zeit im Verhältnis Großbritanniens (letztlich wohl definiert durch die Finanz- und Machtinteressen der City of London) zur Europäischen Union und aktuell jetzt auch in der neuesten europapolitischen Grundsatzrede des britischen Premiers Cameron, der eine radikale Reform der EU anmahnt und gleichzeitig eine Volksabstimmung über den Verbleib seines Landes in der EU ankündigt (Europa verärgert über Camerons Egotrip). Irgendwie verblüffend: Benutzt er das Wahlvolk als Affenkäfig, um den Zirkus im Unterhaus zu dirigieren, oder benutzt er den seltsam unbequemen, Schulter an Schulter schwitzenden Affenkäfig des Unterhauses, um den Europa-Zirkus unter Druck zu setzen? BRD-Außenminister Westerwelle warnt vor einer Politik des Rosinenpickens. (Mmh!) Sein französischer Kollege Laurent Fabius hingegen bringt die Furcht der Regierungen vor der wahren Meinung des affigen Souveräns – der Wählerschaft – auf den Punkt: So eine Volksabstimmung könnte „gefährlich“ werden, denn: „Außerhalb der EU wird es das Land schwer haben.“ Wieder einmal ein Nachweis, dass führende Politiker ganz genau wissen, was ihnen blüht, wenn sie in einer so wichtigen Frage das Volk abstimmen lassen. Wenn überhaupt, sollte man offenbar den „Affenkäfig“ nur befragen, falls man dessen Stimmungslage genau kennt oder verlässlich manipulieren kann ... Unser ehemaliger Finanzminister Theo Waigel hat es in einem Interview im Mai 2010 unumwunden zugegeben:

SZ: „Hätten die Deutschen in einer Volksabstimmung für den Euro votiert?“

Waigel: „Nie. Wir hätten jede Abstimmung verloren.“ (Reden wir über Geld: Theo Waigel, Die EU ist mein Schicksal)

Die Demokratie hat also immer noch einigen Spielraum, um demokratischer und weniger „schicksalhaft“ zu werden, vorausgesetzt dass man der Bevölkerung mehr Einsicht in die Wahrung der eigenen Interessen zutraut. Denn von welchem schickenden Scheusal stammt letztlich, womöglich, das Waigelsche Schicksal?

Wer uns

nicht kennt,

ist dumm.

 

Wer uns

hilft, ist

verdächtig.

 

Wer uns

verlässt,

ist böse.

 

Erwin Keul,

Großverweser

des Nebulösen

Imperiums

 

Früher hieß es mal: "Wer uns hilft, ist gut", aber der Großverweser entschied, dass hohe moralische Standards nur durch  ständige schweinische Verdächtigungen aufrecht­erhalten werden können.

16. Januar 2013: Ein paar Verse vom guten alten Wilhelm Busch, weil ich es momentan auch nicht besser sagen könnte:

Wiedergeburt

Wer nicht will, wird nie zunichte,
Kehrt beständig wieder heim.
Frisch herauf zum alten Lichte
Dringt der neue Lebenskeim.

Keiner fürchte zu versinken,
Der ins tiefe Dunkel fährt.
Tausend Möglichkeiten winken
Ihm, der gerne wiederkehrt.

Dennoch seh ich dich erbeben,
Eh du in die Urne langst.
Weil dir bange vor dem Leben,
Hast du vor dem Tode Angst.

Wilhelm Busch, "Schein und Sein"

 

 

Links: Hermann Stilke (1803-1860), Die Jungfrau von Orléans

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